Herzklopfen - Down Under (German Edition)
kochte sie vor Wut. Sie musste sich sehr zusammenreißen, um das Zittern, das sie überfallen hatte, zu verbergen.
»Nun Liebchen, was möchtest du?«
Nele blickte in Dotties tiefdunkle Augen, die sie freundlich musterten. Sie mochte die rundliche Schwarze mit den wilden, üppigen Locken, die sie mit einem bunten perlenbestickten Tuch zu bändigen pflegte. Am liebsten hätte sie sich einmal länger mit ihr unterhalten, um mehr über Dotties Herkunft und ihren Stamm zu erfahren.
»Ich hätte gern ein Pastramisandwich«, entgegnete Nele, sich der Tatsache bewusst, dass Sandy sie die ganze Zeit über fixierte. »Und einen Orangensaft, bitte«, fügte sie hinzu, verärgert, weil sie sich von dieser blöden Kuh derart verunsichern ließ.
Mit einem Lächeln überreichte ihr Dottie die gewünschten Sachen. Nele verspürte den spontanen Drang, sich an ihre ausladende, mütterliche Brust zu werfen und auszuweinen.
»Danke«, erwiderte sie leise, während sie ihr Tablett aufnahm. Rasch entfernte sie sich, um möglichst viel Distanz zwischen sich und Sandy Atkinson zu bringen. Einen Moment blieb sie stehen, um nach ihren Freundinnen Ausschau zu halten. Was sich als Fehler erwies.
Prompt tauchte Sandy an ihrer Seite auf. »Na, Behrmann, suchst du deinen Traummann?«, zischte sie giftig. »Du bist für ihn allenfalls ein kleiner Flirt. Vergiss das nicht.«
Nele warf ihr einen vernichtenden Blick zu. Wo steckten nur Emma und die anderen? Sie scannte den Raum, in der Hoffnung, irgendwo ein freundliches Gesicht zu entdecken.
Sandy plapperte munter weiter. »Es bedarf schon einer richtigen Frau, um Jake Stevens begeistern zu können.«
Prompt vergaß sie ihren Vorsatz, nicht auf Sandys Bosheiten einzugehen. Sie holte tief Luft. »Ach? Und damit meinst du dich? Lächerlich!« Sie funkelte die Rivalin an und wandte sich mit einer heftigen Drehbewegung ab. Der Becher mit dem Saft kippte um. Nele konnte nur zusehen, wie sich die gelbe Flüssigkeit über das Tablett ergoss und hinunter auf die Steinfliesen tropfte.
Sandy lachte zynisch. »Viel Spaß beim Putzen, Bauerntrampel.« Sie ließ Nele stehen und eilte zurück an die Seite ihrer Freundin, die das Ganze schadenfroh grinsend aus einigen Metern Entfernung beobachtet hatte.
*
Mit einem Knurren ließ Jake sich rückwärts auf seine Matratze fallen. Er streckte die Beine von sich und drückte die Kopfhörer seines iPods in die Ohren.
»Confusion never stops, closing walls and ticking clocks …« Coldplay. Als Nele ihm von der Gruppe erzählt hatte, war er neugierig geworden und hatte sich noch am selben Abend ein paar Songs heruntergeladen. Diese englischen Typen waren nicht schlecht. Er wippte mit dem Fuß im Takt, während sich seine Lippen lautlos mitbewegten.
Eigentlich war er zum Surfen verabredet. Mit Luke Young, seinem besten Freund und Surfbuddy. Der hatte vor einer Weile angerufen und vorgeschlagen, nach Waitpinga aufzubrechen. Normalerweise hätte Jake keine Sekunde gezögert. Ohne nachzudenken, hätte er sich sein Surfbrett geschnappt, es auf Sallys Dach geschnallt, und wäre mit Luke auf und davon. Waitpinga bedeutete in der Sprache der Aborigines nicht umsonst »Heimat des Windes«. Der rötlich gefärbte Sandstrand von Waitpinga mit seiner windgepeitschten, rauen, wilden Brandung und den gigantischen Wellen war eine hervorragende Surflokation, ein Geheimtipp unter den erfahrenen Surfern. Noch nie zuvor in seinem Leben hatte Jake sich eine Gelegenheit, die perfekte Welle zu erhaschen, entgehen lassen. Diesmal überraschte er sich selbst.
»Vielleicht ein anderes Mal, mate«, hatte er den Freund vertröstet.
»Was geht ab? Bist du krank?« Luke klang besorgt.
Jake wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Er murmelte irgendetwas von Bauchzwicken und dass er das nächste Mal bestimmt wieder mit von der Partie sei.
Luke hatte sprachlos aufgelegt.
Mit dem Bauchzwicken lag er nicht so verkehrt. Etwas, oder genauer gesagt jemand, lag ihm tatsächlich schwer im Magen. Nele. Zum Glück war er ihr in der Schule seit Samstag nicht mehr über den Weg gelaufen. Er wusste einfach nicht, wie er sich ihr gegenüber verhalten sollte. Er fühlte sich extrem zu ihr hingezogen. Es hatte mächtig gefunkt zwischen ihnen am Strand. Wenn sie nicht ständig unterbrochen worden wären, hätten sie sich leidenschaftlich geküsst.
Obwohl er dies bedauerte, war er im Nachhinein ganz froh, dass es nicht zum Kuss gekommen war. Vielleicht war es besser so. Denn wohin
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