Herzschlagmelodie - Band 1
Ich ...“ Ja, was nur?
„Okay“, sagte Henry und ging zur Tür, um sie abzuschließen. Jetzt war ich mit ihm ganz allein, aber es fühlte sich nicht seltsam an, sondern vertraut. Ich war vollkommen entspannt und konnte mir so in Ruhe ansehen, was Henry mir alles mitgebracht hatte.
„Du hättest auch gleich den ganzen Kühlschrank mitbringen können ...“ Ich lachte leise , denn auf dem Bett stand das Präsentiergeschirr meiner Mutter. Es hatte drei Etagen und war pyramidenförmig aufgebaut. In der untersten Etage waren kleine Vertiefungen für Cupcakes. Dort hinein hatte Henry kleine Schnapsgläser gestellt, die mit Getränken befüllt waren.
„ Drei, sechs, wie viele sind das? Fünfzehn?“ Ich zählte sie und ließ dann meine Augen über die anderen Etagen wandern. In der Mitte waren die Tortenstücke und oben, in einer Schale, noch ein paar Chips. Unter seinen Armen trug Henry zwei Flaschen Limonade.
„Ich hätte doch tragen helfen können“, beschwerte ich mich und hob das Gestell hoch, bis Henry sich neben mich auf das Bett gesetzt hatte.
„Schon gut. Das sollte ja auch eine Überraschung werden!“ Er grinste breit und nahm eines der Schnapsgläser. „Du wolltest doch trinken? Ich habe unter jedes Gläschen den Namen geschrieben. Mal sehen, ob du herausfindest, was du da trinkst ...“ Er reichte mir eines und ich nahm es an. Die Flüssigkeit war klar und ich probierte neugierig, musste aber sofort husten.
„Oh, wow! Was ist das denn?!“ Ich verzog das Gesicht und lachte prustend los.
„Das ist Gin“, erklärte Henry und nahm mir das Schnapsglas ab, um den Rest zu trinken.
„Das schmeckt furchtbar!“ Ich musste den Geschmack übertünchen und griff nach der Limoflasche.
„Du wolltest es so. Jetzt kannst du dich durchprobieren. Ich bin da, wenn du Dummheiten machst und kann dich aufhalten, falls du es übertreibst“, erklärte er und wirkte dabei wie ein Fachmann. Zumindest versuchte er es.
„Schon klar“, murmelte ich und nahm mir das zweite Glas. Zögerlich kostete ich, aber irgendwie schmeckte mir das auch nicht so gut.
„Das ist Wermut“, meinte Henry, der unter das Glas schaute und es danach leer trank.
Ich war nicht sonderlich begeistert, wollte aber von jedem wenigstens einmal nippen.
„Die fruchtigen mag ich“, stellte ich nach einigen Gläschen fest. Ich saß zwar auf meinem Bett, aber meine Beine fühlten sich komisch an. Alles kribbelte und eine tiefe Wärme durchströmte meinen Körper.
„Ich glaube, ich bin betrunken ...“, meinte ich dann und musste lachen.
„Eher angeheitert. Du verträgst halt nichts.“ Henry beobachtete grinsend, wie ich das nächste Schnapsglas nahm und daran roch.
„Ich weiß nicht ...“ Ich nippte daran und überreichte es ihm. „Nee, ich bleibe bei Limonade, Wasser und Säften.“ Meine Ohren fühlten sich warm an.
„Sie sind knallrot. Das sieht echt süß aus.“ Henry strich mir einige Haarsträhnen hinters Ohr. Dabei sah er mich so liebevoll an, dass mir die Stimme versagte. Ich wollte ihm eigentlich antworten, doch ich konnte nicht. Henry bemerkte wohl meine Unsicherheit und nahm wieder etwas Abstand. Er griff sich die Spieldose und versuchte die eingedrückten Stellen zu glätten.
„Weißt du, ich bin traurig ...“, flüsterte ich dann. Ich griff mir ein weiteres Schnapsglas, schwenkte es sanft hin und her und beobachtete die klare Flüssigkeit. Ich sah aus den Augenwinkeln, dass Henry nun wieder mich anschaute und nicht mehr die Spieldose. „Der erste Kuss war mir so wichtig. Ich hatte eigentlich gedacht, dass ich ihn schon mit dreizehn bekomme ...“ Dass ich ihn damit meinte, konnte ich Henry nicht sagen. Aber es wäre schön gewesen, von ihm meinen ersten Kuss zu bekommen. Auch wenn wir jetzt nur Freunde waren, hätte ich immer an Henry denken können und müsste nicht mein Leben lang die Erinnerung Christian mit mir tragen, der der Erste war, der mich geküsst hatte. Das wäre mir tausend Mal lieber!
„Jetzt bin ich sechzehn … das ist so spät! Andere sind mit sechzehn schon viel weiter gegangen. Oder noch jünger! Und ich? Das ist doch peinlich … Amy und Louise nerven mich damit schon seit Wochen. Heeey ...“ Ich begann die beiden nachzuäffen. Sie benahmen sich in letzter Zeit sowieso so komisch mir gegenüber und der vergangene Abend hatte mir deutlich gezeigt, dass ich mich auf die beiden nicht wirklich verlassen konnte. So abweisend waren sie noch nie zu mir gewesen und ich glaubte nicht daran, dass
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