Herzschlagmelodie - Band 1
ich wieder hin. Mein Vater hat genug Werkzeug zu Hause. Ich schraube sie auf und dann sehe ich mal nach, was da los ist. Vielleicht kann man auch was austauschen. Zur Not kaufe ich dir eine neue.“
„Aber du hast sie doch gar nicht kaputt gemacht.“ Warum wollte er mir eine neue kaufen?
„Ich habe ihn geschlagen. Hätte ich ihn anders getroffen, wäre er nur auf den Boden geknallt. Somit trage ich eine Mitschuld. Außerdem möchte ich dich wieder lächeln sehen .“ Als er dies sagte, lächelte er mich traurig an. Ich hielt seinem Blick nicht lange stand und sah wieder zu Boden, doch auch ich musste lächeln.
„Du bist süß“, hauchte ich und rutschte näher an Henry heran, legte meinen Kopf auf seine Schulter und schloss die Augen. Wir saßen eine Weile so da, bis ich merkte, wie verkrampft Henry war. Er war wie erstarrt. Sicher war diese Position total unbequem für ihn.
„Weißt du, worauf ich jetzt total Lust habe?“, fragte ich ihn und setzte mich wieder gerade hin. Wir sahen uns an und ich musste breit grinsen. „Torte und Alkohol!“, flüsterte ich und hielt meine Faust triumphierend in die Luft.
„Alkohol?“, fragte er mich.
„Naja und Torte!“
„Ja, aber Alkohol?“ Henry schien verdutzt zu sein und musste lachen.
„Ich will es ausprobieren. Ich bin jetzt sechzehn und gestern habe ich keinen Tropfen angerührt. Ich habe es noch nie probiert. Zwar mal daran gerochen, aber irgendwie war ich zu feige, das mal wirklich auszuprobieren. Meine Eltern kommen schon morgen Abend zurück … bis dahin will ich einmal was getrunken haben und mich durch die Bar probieren.“
„Durchprobieren?“, wiederholte Henry skeptisch.
„Ja. Mal von allem etwas. Bier, Schnaps und was alles so da ist. Gin, Wodka, Wermut, Sekt, Chianti! Kir! Ach, die haben so viel da rumstehen.“ Ja, das war doch ein Ziel! Wenn das mit dem Kuss schon nicht so hingehauen hatte, wie ich mir das vorgenommen hatte, dann wollte ich mich wenigstens betrinken.
„Ähm ...“ Henry zögerte.
„Ich will mich ja nicht gleich ins Koma trinken. Nur mal von jedem einen Schluck, daran riechen, es mal geschmeckt haben. Vielleicht mag ich es ja gar nicht so gerne und dann kann ich heute Nacht gut schlafen.“
„Also, wenn du dich einmal quer durch die Bar deines Vaters probieren willst, wirst du wirklich gut schlafen.“ Henry schmunzelte und stand dann auf.
„Ich wusste gar nicht, dass du trinkst?“ Das war mir ja neu. Henry hatte mir zwar mal erzählt, dass er mit seinen Freunden ab und zu ein Bier trank, aber er schien wesentlich mehr Erfahrung zu haben, als er mir bisher erzählt hatte, so wie er grinste.
„Naja, probiert habe ich das ein oder andere schon mal …“ Henry zuckte mit den Schultern und grinste noch breiter.
Ich machte große Augen und musste lachen.
„Nur manchmal. Einmal im Monat oder so . Aber nicht viel. Ich kann danach noch stehen, auch wenn der Boden ab und an ein wenig schwankt.“ Wir mussten beide lachen. Es tat gut, dieses Glücksgefühl zu verspüren, das meinen Körper durchflutete wie der Sonnenaufgang den Ozean. Es fühlte sich so an, als wäre in meinem Inneren das Feuer wieder entbrannt, das durch Christians Aktion erloschen schien. Doch es war noch da und loderte vor sich hin, gab seine Wärme an meinen Körper ab und ließ mich dieses schöne Kribbeln verspüren, das mich zum Lachen brachte.
„Also , Kuchen, Torte, Alkohol … darf es sonst noch etwas sein?“, fragte Henry mich und benahm sich dabei wie ein Butler. Er machte höfliche Gesten mit den Händen und verneigte sich vor mir.
„Und Henry“, sagte ich und lächelte ihn an. Henry aber erschrak. Für einen kurzen Augenblick sah er mich mit weit aufgerissenen Augen an. Doch bereits mit meinem nächsten Wimpernschlag lächelte er wieder. Im ersten Moment hatte Henry verunsichert gewirkt, aber das schien er nun zu überspielen und verschwand nach unten. Was war denn das? Warum reagierte er darauf so seltsam?
Nach etwa zehn Minuten kam er zurück. Ich hatte mich in der Zeit umgezogen und trug nun ein weites Shirt und eine kurze, enge Hose. Die Zeit hatte ich genutzt, um mir mein Gesicht zu waschen, damit ich nicht mehr ganz so verheult aussah. Meine Augen wanderten zur Tür, als Henry sie öffnete. Ich setzte mich sofort aufrecht hin und staunte, als ich all die Dinge sah, die Henry ins Zimmer balancierte und auf meinem Bett abstellte. Dann zögerte er und fragte: „Soll ich die Tür zumachen?“
„Ja, schließ ruhig ab.
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