Herzschlagmelodie - Band 1
wiederkommst, rennst du einfach weg! Es hätte sonst was passieren können! Irgendein irrer Axt-Killer im Wald oder ein Mann, der dich verschleppt. Ein Wolf ...“
„Jetzt übertreibst du es aber! Als ob ich mich nicht wehren könnte!“ Meine Schuhe waren wieder da, wo sie hingehörten und meine Tränen getrocknet. Es konnte also zurück nach Hause gehen.
„Und jetzt zügig, Madame!“
Ich verdrehte die Augen und wäre deswegen beinahe über eine Wurzel gestolpert. Woher kannte mein Vater eigentlich die Quelle? Das war eigentlich Henrys und mein geheimer Treffpunkt.
„Ich komm ja schon!“ Nach einigen Minuten des Schweigens kamen wir zurück in der Zivilisation an. Ich wollte schon wieder durch die Büsche, aber mein Vater zwang mich, einmal um das Haus herumzulaufen. Meine Mutter stand immer noch im Garten, mit Beatrix und Richard, Henrys Eltern. Als sie mich sah, kam sie auf mich zugerannt. Aber auf eine Umarmung hatte ich jetzt mal so gar keine Lust.
„Lass gut sein.“ Ich war zwar nicht wütend auf sie, aber jetzt eine Runde Gruppenkuscheln? Nein danke.
„Warum bist du einfach weggerannt? Ich habe mir solche Sorgen gemacht!“ Ich wehrte ihre Umklammerungsversuche ab und ging zielstrebig Richtung Eingang. Henrys Eltern ignorierte ich gekonnt, meine Mutter aber hielt mich auf, indem sie mich einfach festhielt.
„Lass mich doch einfach in Ruhe!“, schrie ich sie an. Eigentlich wollte ich das nicht und es tat mir auch sofort wieder leid, dass ich sie so angebrüllt hatte. Der Gesichtsausdruck meiner Mutter sprach Bände. So schockiert und enttäuscht hatte ich sie lange nicht mehr gesehen. Sie schüttelte ungläubig den Kopf und hielt sich eine Hand vor den Mund. Mein Vater kam hinzu und hob seine Hand.
„Ab auf dein Zimmer, sofort! Zwei Wochen Hausarrest!“, schimpfte er.
„Was? Wofür? Weil ich spazieren war? Du kannst mich nicht einsperren!“ Das gab es doch nicht! Hausarrest? Ich war sechzehn, verdammt noch mal!
„Keine Widerrede und jetzt hoch mit dir! Kein Internet, kein Telefon, kein Handy. Keine Freunde, nichts. Du kannst in den zwei Wochen mal gründlich darüber nachdenken, was du angestellt hast!“ Da kannte mein Vater keine Gnade.
„Was ich angestellt habe? Ich?“ Oh nein, ich wollte nicht einfach auf mein Zimmer gehen. Er schrie mich an? Bitte. Dann schrie ich eben zurück. Er hatte doch keine Ahnung, was vorgefallen war.
„Ist denn außer dir noch jemand in den Wald gelaufen?“
„Ja … Hunderte Menschen, die haben aber keinen Hausarrest bekommen! Das ist doch total lächerlich!“ Und das war alles Henrys Schuld. Und Sophies … und Pauls. Ja, und auch Candras Schuld.
„Die waren aber auch nicht sechzehn!“ Mein Vater wollte also unbedingt mit mir diskutieren. Gerne.
„Die waren sogar noch jünger!“ Okay, ich redete Unsinn, aber ich war gerade in Fahrt und steuerte mit voller Kraft gegen eine Wand.
„Genug jetzt, geh auf dein Zimmer, ich diskutiere jetzt nicht mit dir!“ Dad kam auf mich zu und drängte mich ins Haus, aber ich wollte nicht.
„Ich habe nichts getan! Ich habe mich nur gewehrt!“ Eigentlich wollte ich das nicht sagen, aber jetzt platzte es aus mir heraus.
„Wieso gewehrt?“ Mein Vater hielt inne und meine Mutter kam auf mich zu.
„Gegen wen?“, fragte sie besorgt. Auch Henrys Eltern kamen dazu.
„Du hast dich mit Henry gestritten?“, fragte seine Mutter mich.
Was sollte ich denn jetzt sagen? Da standen vier Erwachsene vor mir, gegen die hatte ich doch gar keine Chance! Dabei hatte ich doch gar nichts angestellt … Ich verteidigte mich doch nur. War das etwa so falsch? Sollte ich dafür bestraft werden? Ich sah unsicher zwischen allen Beteiligten hin und her.
„Hat Henry dir was getan?“ Mein Vater wollte eine Antwort und hätte ich sie ihm gegeben, wäre er sofort zu Henry gerannt und es wäre was Schlimmes passiert. Da war ich mir sicher.
„N … nein ...“, stammelte ich. Verdammt! Er sollte meinetwegen keinen Ärger bekommen, auch wenn ich gerade furchtbar wütend auf Henry war.
„Raus mit der Sprache! Was hat er gemacht? Die Osments haben gesagt, du hättest ihn angebrüllt und wärst dann aus seinem Zimmer gerannt. Hat er dich etwa angefasst?“ Mein Vater war auf hundertachtzig und kurz davor, hier alles klein zu hacken.
„Was?! Nein!“ Als ob Henry so ein perverser Kerl wäre wie Christian! Nein, Henry war nicht so einer.
„Warum dann das Gebrüll? Lüg uns nicht an!“ Ach? Ich sollte nicht lügen? Ich musste
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