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Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)

Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)

Titel: Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Saberton
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recht: Jede Frau sollte einen schwulen Freund haben.
    Bei heterosexuellen Freunden sieht die Sache allerdings anders aus …
    »Sie wollten doch in Liskeard aussteigen«, sagt die Dame mir gegenüber. »Dann sollten Sie sich auf die Socken machen, Liebes! Sie haben ja so viel Gepäck.«
    Recht hat sie. Ich habe mehr Taschen als Louis Vuitton und obendrein Zwicki, der sich im Schaffnerabteil in einer Plastikwanne aalt. Mal wieder ziehe ich mit Sack und Pack durch die Gegend; scheint mir in letzter Zeit zur Gewohnheit zu werden.
    Als der Zug in den Bahnhof einfährt, raffe ich mein Zeug zusammen und stemme mich bei dem Versuch, die Tür zu öffnen, mit aller Kraft dagegen. Was damit endet, dass ich ruckartig aus dem Zug falle und meine Sachen überall verstreue.
    Super.
    Ich stehe also auf dem Bahnsteig, umgeben von meinen Habseligkeiten und Menschenmassen, die hier aussteigen. Alles ist anders hier. Das Licht wirkt heller, und die Luft ist klar und kalt. Ich sauge sie gierig in großen Zügen in meine verdreckte Stadtlunge.
    »Ist das Ihrer, junge Frau?«, fragt mich der korpulente Bahnhofsvorsteher und rollt eine blaue Plastikwanne auf mich zu, die Zwicki enthält.
    Ich nicke. Zwicki wirft mir einen wissenden Blick aus seinen Knopfaugen zu.
    »Bin hier mal diesem Starkoch begegnet, der die Fischrestaurants hat«, verkündet der Bahnhofsvorsteher. »Der hatte allerdings keinen Hummer dabei. Abendessen, oder?«
    Zwicki sieht zutiefst verletzt aus. »Lange Geschichte«, antworte ich. »Eher so was wie ein Haustier. Ich bringe ihn ans Meer, um ihn da freizulassen.«
    Der Bahnhofsvorsteher verdreht die Augen.
    »Heiliger Strohsack! Ein Hummer als Haustier? Was denn noch? Wär doch viel besser mit ’nem Schuss Ketchup. Na ja, ist natürlich Ihre Sache. Soll ich Ihnen vielleicht was tragen?«
    »Das wäre nett.« Meine Arme fühlen sich von den schweren Taschen schon so überdehnt an, als würden sie gleich gorillamäßig am Boden schleifen.
    Ich folge dem Stationsvorsteher durch Scharen müder Pendler und munterer Urlauber eine steile Treppe hinauf, über eine Überführung und eine weitere Treppe hoch zur Straße. Als ich meine Taschen abstelle, pfeife ich fast auf dem letzten Loch. Ich muss echt fitter werden – ein weiterer Punkt auf meiner rasant anwachsenden Liste guter Vorsätze.
    »Soll ich Ihnen ein Taxi rufen?«, fragt der Mann. »Um sechs mach ich nämlich Feierabend, und die Telefonzelle ist kaputt.«
    »Danke, nicht nötig. Ich werde abgeholt.« Ich halte Ausschau nach Maddy, die aber noch nirgendwo zu sichten ist. Was mich vorerst nicht weiter beunruhigt, weil Mads immer zu spät dran ist. Sie kam sogar zu ihrer eigenen Hochzeit eine Stunde zu spät. »Ich wohne bei meiner Freundin in Tregowan.«
    »Hübsch da«, sagt er und stellte Zwicki ab. »Aber ich würd da nicht wohnen wollen. Ich und meine Frau parken gern vor dem Haus, wissen Sie.«
    Er kehrt zum Bahnsteig zurück, und ich sinne über seine Worte nach. Was ist Tregowan denn für ein Ort, wenn man dort kein Auto parken kann? Vor meinem geistigen Auge entsteht ein Bild von schmalen Kopfsteinpflastergassen und Schmugglern, die Brandyfässer in Felshöhlen rollen.
    »Ist das nicht aufregend?«, sage ich zu Zwicki, aber er kehrt mir den Rücken zu und beginnt seine Fühler zu säubern. Undankbares Vieh. Nächstes Mal soll Ollie ihn ruhig kochen.
    Aber es wird wohl kein nächstes Mal geben, oder? Meine Augen brennen, und ich blinzle wütend. Das hier ist mein Neuanfang, der Beginn meines aufregenden neuen Lebens. Ich werde jetzt nicht heulen. Höchste Zeit, nach vorn zu schauen.
    »Positiv denken«, verordne ich mir streng.
    Ob ich das schaffe, kann ich gleich mal unter Beweis stellen, denn von Maddy immer noch keine Spur. Aber noch regt mich das nicht weiter auf. Die letzten Sonnenstrahlen wärmen mein Gesicht, und der sachte Wind duftet nach Bärlauch. Vom entfernten Brummen eines Traktors und dem zittrigen Geblöke von Schafen abgesehen ist es vollkommen still. Ein paar vereinzelte Autos sind vorbeigefahren – vermutlich die kornische Version der Rushhour. Ich setze mich zu meiner Habe und warte.
    Vierzig Minuten später warte ich immer noch und fange an, panisch zu werden. Die Sonne verschwindet hinter den Hügeln. Dabei verströmt sie zwar ein bezauberndes rosafarbenes Licht, aber es wird auch merklich kühler. Es ist schließlich erst April, und mir ist in meiner Zigeunerbluse und meinem weiten Rock allmählich kalt.
    Ich angle mein Handy aus der

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