Herztod: Thriller (German Edition)
ganz auf die Dienste seiner Firma verlassen könnte – auf gut Deutsch: Man würde dafür sorgen, dass niemand etwas von meinem Ausflug nach Russland mitbekommen würde, und für die Familie des Kindes spielte Geld keine Rolle.«
»Sie haben also mit großer Bestimmtheit abgelehnt?«
»Ja, natürlich! Die Umstände sprachen für eine unklare Herkunft des Spenderherzes, um es mal ganz sachlich zu formulieren – das ist schlicht und ergreifend illegal«, erklärte Schade nachdrücklich. »Und außerdem gewann ich zunehmend den Eindruck, dass Leute auf mich aufmerksam geworden waren, deren Bekanntschaft ich ganz und gar nicht machen wollte. Man hatte sich offensichtlich sehr viel Mühe gegeben, alles Mögliche über mich und meine Arbeit und sogar meine Familie, meine Lebenssituation in Erfahrung zu bringen – sogar Details zur momentanen Lage in deutschen Kliniken nach Bekanntwerden der angesprochenen Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von Spenderorganen sowie Einzelheiten zu den Befugnissen der eingesetzten Prüfungskommissionen waren bekannt. In Russland und in Obhut seiner Firma müsste ich mich mit derlei Problemen und Problemchen nicht herumärgernund könnte darüber hinaus meine Transplantationstechniken vertiefen sowie obendrauf noch üppige Honorare kassieren, hat Biltner beispielsweise in süffisantem Ton erläutert. Und meine Befürchtungen sollten sich auf eindringliche Weise bestätigen.«
Hannah atmete tief durch. »Fahren Sie bitte fort. Was passierte dann?«
»Er versuchte mich umzustimmen, bot mir mehr Geld, redete auf mich ein, aber ich blieb bei meiner Haltung und distanzierte mich von ihm. Wenige Tage nach meiner Rückkehr verschwand Caroline, und mir wurde ein USB-Stick zugespielt, auf dem sich mehrere Videos befanden. Eines zeigte sie in der Gewalt von maskierten Männern – bevor Sie fragen: Nein, der Stick existiert nicht mehr, ich wurde aufgefordert, ihn zu vernichten«, fügte Schade schnell hinzu. »Weitere Dateien enthielten Aufnahmen von meiner Frau, meiner Tochter, mir selbst. Die Botschaft war unmissverständlich.«
Caroline wurde also doch entführt?, dachte Hannah. Oder sie hatte Schade ein überzeugendes Schauspiel geboten, musste jedoch sterben, weil der Arzt sich geweigert hatte …
»Anfang August bin ich ein zweites Mal nach Helsinki geflogen«, fuhr Schade fort. Er hatte seine Stimme so herabgesenkt, dass sie ihn kaum verstand. »Von dort aus ging es per Bahn weiter nach Sankt Petersburg. Man brachte mich in eine Klinik, aber während der Fahrt dorthin waren meine Augen verbunden. Ich habe das Kind operiert. Es war höchste Zeit. Man signalisierte mir, auch wieder per Videodatei und ergänzt durch entsprechende Drohungen gegen meine Familie, dass Caroline freikommen würde, sobald das Kind stabil sei. Natürlich hatte ich Stillschweigen zu bewahren und durfte mich zu den tatsächlichen Umständen ihres Verschwindens genauso wenig äußern wie zu den Hintergründen des Mordes, wenn ich meine Frau und meine Tochter schützen wollte.« Er blickte kurz zur Seite und fuhr sich mit der Hand über den Mund.
»Was ist passiert, nachdem Caroline wieder aufgetaucht ist?«, setzte Hannah nach.
»Tja, das war irgendwie merkwürdig …« Der Arzt sah in Richtung Theke und bestellte zwei weitere Espresso. »Sie wollte auf keinen Fall, dass ich sie sofort besuchte – es sei besser so, sagte sie, die Polizei würde noch herumschnüffeln, und die Entführer hätten darauf bestanden, dass wir ein paar Tage Distanz hielten.« Schade schüttelte den Kopf. »Aber ich war natürlich sehr beunruhigt, und am Samstag bin ich schließlich zu ihr gefahren, um zu sehen, wie es ihr geht.«
»Welchen Eindruck hatten Sie von ihr?«
»Sie wirkte eigenartig gefasst«, meinte Schade. »Allerdings kenne ich sie auch so – unnahbar, sachlich, abgeklärt. Dennoch war ich beunruhigt und schloss nicht aus, dass sie unter Schock stand. Sie hatte sich fast zwei Wochen in der Gewalt dieser Leute befunden, das steckt niemand einfach so weg, und manchmal tritt eine Reaktion auf ein derartiges Trauma erst Tage später ein.«
»Hat sie erzählt, wo sie war?«
»Nein. Als ich sie danach fragte, erwiderte sie, dass sie nichts erzählen dürfe, nur eines habe sie mir mitzuteilen: Das sei der erste Auftrag gewesen, dem Kind gehe es sehr gut, die nächsten Aufträge würden bald folgen.« Schade wartete, bis der Barkeeper die Tassen serviert hatte, während Hannah kurz die Luft anhielt.
»Ich war völlig
Weitere Kostenlose Bücher