Herzüberkopf (German Edition)
und Louis verwarf rasch den Einfall mit einem Kopfschütteln.
Im Salon lief alles glatt an diesem Donnerstag; schon zweimal war es nun vorgekommen, dass gerade langjährige Stammkundinnen, die Louis durch die Jahre hindurch kannten und die auch über seine Familiengeschichte mehr oder minder informiert waren, ihm eine positive Veränderung ansahen und ihn darauf interessiert fragten. Louis erstrahlte bei den Fragen und lächelte nur, doch nach weiteren Fragen, gab er den Grund seiner inneren Sonne mit poetischen Untermalungen preis.
Louis konnte rechtzeitig losfahren und fühlte sich nun endlich pudelwohl, allein schon deshalb, weil er für das, was ihn am meisten; noch besser gesagt: ständig im Geist herumschwirrte, etwas tat. Seit Montag hatte er nichts mehr von Lea gehört. Sie hatten vereinbart gehabt, nicht zu telefonieren. Mobiltelefone waren noch nicht selbstverständlich; sie kamen im Jahr darauf auf den breiten Markt. Louis fuhr genussvoll am See entlang, über Titisee in Richtung Turner und bestaunte diese wunderbare Weitsicht von der Höhe bei St. Märgen, hinab zum Glottertal und nach Windenreute bei Emmendingen. Als er in dem kleinen Dörfchen in die Straße abbog, in der Lea wohnte, stieg die Nervosität. Es blieben beinahe fünfzehn Minuten zur vereinbarten Zeit und Louis wollte Lea nicht unpünktlich begegnen. Er parkte, stieg aus und spazierte entlang der kleinen Dorfstraße, zum beginnenden Feldweg hin. Hier öffnete sich eine breite Wiese, vereinzelt mit Gebüsch und Wald. In der Ferne waren Äcker zu sehen, Maisfelder und schwerer Erd-Geruch schwängerte die Luft. Schön war es hier und Louis setzte sich auf eine nahegelegene Bank in die Abendsonne. Plötzlich schreckte er auf, sah auf die Uhr und beeilte sich, zurück zu marschieren. Um ein Haar wäre er beinahe zu spät gekommen. Als er seinen roten Wagen von der Ferne sah, bemerkte er eine Gestalt, die ihm entgegen kam. Lea! Sie trafen sich auf halbem Weg und gerade beim Beginn des Feldweges, nahe einem verdeckenden Haselnuss-Strauch umarmten und küssten sie sich. Louis atmete den Duft Leas tief ein und sein Herz und seine Seele tanzten vor Freude und Glück. Es war wunderbar, wie Lea sich an ihn schmiegte.
„Ich wollte dich im Auto anschleichen und erschrecken, “, flüsterte Lea noch ganz nah an Louis‘ Ohr, „doch du warst gar nicht drin.“
„Oh wie schade, “, antwortete Louis, „ich wäre zu gerne erschrocken. Stattdessen war ich dort bei der Wiese und habe von dir geträumt“, lächelte er.
„Wenn du die Natur hier magst, so können wir zur Hochburg hinauf. Die Ruine der Burg aus dem 12. Jahrhundert ist nicht weit und dort ist es sehr schön. Auch die Sonne hält sich länger dort oben“, lachte sie einladend und nahm Louis an der Hand und zog ihn zurück zum Auto. Zehn Minuten später parkte Louis den Wagen vor einer alleinstehenden Scheune, abseits der Straße. Ein Blick den Hügel hinauf zeigte die zweitgrößte Burgruine nach dem Schloss Heidelberg im goldenen Abendlicht. Von hier führte ein Fußweg in Serpentinen zur Burg hinauf. Ein besonderer Friede schien die Burg um diese Zeit einzuhüllen. Es waren keine Besucher da und bewohnt ist die Ruine nicht. Louis war angetan von dieser Stimmung, welche von dem jahrhundertealten Gemäuer ausging. Lea führte ihn über schmale, von Wind und Wetter rund geschliffene Steintreppen, hinauf zu einem Plateau, von dem aus es eine freie Sicht bis hinüber zum nahe gelegenen Frankreich und den Vogesen war. Sie setzten sich an einem windgeschützten sonnenbeschienenen Fleck auf die Erde. Lea erzählte von den Wochenerlebnissen, von der Probe der Theatergruppe und von dem Treffen zur Vorbesprechung für Korfu. Louis merkte, dass etwas sie ärgerte und fragte danach. Lea erklärte ihm, dass ihr voriger Freund, mit dem sie zusammen gewesen war, ebenfalls mit dabei sei; als die Reise am Anfang des Jahres geplant worden war, so erklärte Lea, seien sie noch zusammen gewesen. Doch ausgerechnet jetzt würde er im selben Haus untergebracht sein, wie sie es war. Eigentlich sogar auf derselben Etage – weil zur Zeit der Planung natürlich niemand daran gedacht habe, dass so kommen würde wie es jetzt stand. Durch Louis Herz fegte bei diesen Worten ein Sturm. Lea hatte einmal kurz von ihrer vorigen Beziehung erzählt, doch Näheres war nicht mehr zur Sprache gekommen. Jetzt, in der Ruine der Hochburg besprachen sie die Angelegenheit. Louis konnte verstehen und wünschte es sich
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