Herzüberkopf (German Edition)
so nah.
Ich trage Deinen Duft in meinen Poren und wünsch
mir,
Du wärst da.
Als Louis am frühen Samstag aufwachte, blieb er zunächst noch liegen, ordnete die Erinnerung an den Traum, den er geträumt hatte, indem er im halbwachen Zustand den Baldachin seines Bettes betrachtete, der über ihm wie ein blauer Himmel schwebte. Dann schoss es ihm plötzlich in das Bewusstsein: Lea musste längst schon im Bus sitzen und in Richtung Italien unterwegs sein. Ein Blick zur Uhr und Louis stand auf. Für ihn war Arbeitstag an Samstagen. Ständig begleiteten ihn irgendwelche Gedanken über Lea und gleichzeitig fragte er sich, ob es ihr auch so erging.
Louis Gedanken waren nur zur Hälfte bei seiner Arbeit. Die andere Hälfte suchte imaginär ständig eine Situation, in der Lea gerade auf ihrer Reise sein konnte. Jeder kennt die Atmosphäre in einem Reisebus. Und all diese Bilder tauchten bei Louis zwischen Haarschnitt, Kundengesprächen und Frisieren unablässig auf. Er war sehr froh darüber, arbeiten zu können, da er damit abgelenkt war und sich nicht allzu viele Gedanken machte – malen oder zeichnen als Alternative, hätte er so nicht gekonnt; die innere Ruhe hätte ihm dazu gefehlt. Sport … das war die einzige Alternative und dies nahm er sich für den Samstagnachmittag vor, wenn der Salon zum Wochenende geschlossen war. Ein Anruf gegen Mittag, mit dem Angebot von Schweizer Freunden, sich am Samstagabend wieder einmal in einer Diskothek am Hochrhein zu treffen, kam Louis direkt gelegen und er sagte zu. Seit geraumer Zeit hatte er die Gruppe nicht mehr gesehen. Er hatte die Vier; manchmal waren es auch fünf oder auch sieben junge Leute aus Basel und Umgebung, beim Tanzen kennen gelernt. Einer darunter war ein Berufskollege von Louis, mit dem er sich gerne unterhielt. Dessen Schwester tanzte mit Louis sehr gerne und gut und Louis machte das Tanzen ebenso Spaß. Meist gab es eine wirklich gute Gesprächsrunde und die Gruppe trennte sich gewöhnlich erst, wenn es nicht mehr weit zum Tagesanbruch war. Die Diskothek hatte stets bis fünf Uhr morgens geöffnet. Am Nachmittag, Louis war gerade dabei, die frisch eingekauften Lebensmittel in den Kühlschrank zu legen, klingelte Kira an der Türe. Louis freute sich darüber, dass seine Tochter ihn besuchen kam. Sie setzten sich auf den Balkon und plauderten darüber, wie es jedem von beiden erging, wie es in der Schule lief; … mit ihrem Freund, mit dem sie zusammen wohnte und irgendwann fragte Kira nach Lea. Kira stocherte, wie Töchter ihre Väter stochern können und zum Schluss meinte sie nur, dass sie ihm die neue Freundin gönne; und dies hatte einen Klang, als wäre das die endgültige Entscheidung über sein oder nicht sein. Louis sah seine Tochter lächelnd an und als sie seine leichte Ironie in den Augen lesen konnte, fragte sie noch obendrein, ob seine Freundin für ihn nicht etwas jung sei, worauf Louis nur Achsel zuckend verneinte und sagte, dass sie sich besser ein Bild von Lea machen sollte, wenn sie sich einmal gegenüber stehen würden. Eine Weile schwiegen sie und Louis genoss diese Sekunden, die er kannte, um seine Tochter einfach nur anzusehen. Sie sah bestens aus mit dem rabenschwarzen langen Haar und den hellbraunen Augen; temperamentvoll wie sie war, gelang es nicht immer, innerhalb eines Gespräches ganz ohne Disput herauszukommen. Doch Louis bewunderte sie und war stolz darauf, ihr Papa zu sein. Später kam Morris nach Hause und als er seine Schwester erblickte, gab er ihr ein Zeichen, sie solle gleich mal zu ihm in sein Zimmer kommen. Kurz danach war Kira bei Morris. Seit sie nicht mehr Tür an Tür wohnten, verstanden sie sich ganz wunderbar.
Als Louis die Diskothek betrat, blieb er zunächst am oberen Ring stehen und blickte ins Gewühle. Es war so voll, dass kein Apfel mehr fallen konnte. In der üblichen Ecke an zwei runden Tischen verteilt, erkannte er auch sogleich seine Truppe. Claudia und ihr Bruder René winkten ihm zu, als sie ihn trotz der Menschenmenge erkannten. Die Begrüßung war sehr herzlich und es gab viel zu erzählen. Claudia wollte zuerst tanzen und sich danach unterhalten, doch während dem Tanzen fragte sie Louis, wie es ihm ging. Und so erzählte er, während sie tanzten, von Lea, davon, wie er sie kennen gelernt hatte und seit wann, worauf Claudia ihm auch anvertraute, dass sie in Basel einen Freund gefunden habe, mit dem es vielleicht etwas werden konnte. Sie wusste es noch nicht genau – es war zu früh
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