Heurigenpassion
etwas, das wie »Stranger in Paradies« klang und Palinski wunderte sich, dass der junge Mann diesen alten Hit kannte. »Aber nein, das kann nicht sein. Nach dem Mist, den ich gemacht hab, komme ich nicht in den Himmel .« Er lachte wieder auf.
»Ich glaube, der Bursche ist high«, vermutete Franca, die aus ihrer Salzburger Zeit berufliche Erfahrungen mit Drogen hatte.
Wallner blickte sich um. Dann ging er zu dem Wasserkübel in der Ecke und roch daran. Er füllte den am Kübel hängenden Schöpfer mit der Flüssigkeit und nippte kurz.
»Ich vermute, das hier ist Mohntee oder etwas in der Art. Vielleicht noch versetzt mit irgend was anderem, das den Konsumenten mehr oder weniger ruhig stellt .« Er schüttelte den Kopf. »Da wird der eigene Sohn weggesperrt, nur damit er nicht gegen die Eltern aussagt. So stelle ich mir das zumindest bis auf weiteres vor .«
Er blickte zu Palinski. »Falls die Schwarzenbachs nicht bald mit der Information herausrücken, wo sich ihr Sohn aufhält, kommt noch ein Mordversuch mit auf die Rechnung .«
»Meine Mutter hat damit überhaupt nichts zu tun .« Der junge Mann wirkte jetzt etwas klarer. »Sie weiß nicht einmal, dass ich hier bin. Glaubt den Scheiß mit meinem Abflug in ein auslieferungssicheres Land. Das war die Idee vom Vater. Nicht schlecht, was?«
Er lachte, diesmal aber bitter. »Sie ist die beste Mutter der Welt, aber naiv und nicht besonders intelligent. Bitte halten Sie sie nach Möglichkeit aus der ganzen Sache raus .«
»Wir werden sehen, was wir machen können«, sicherte ihm Wallner zu. Und er meinte es wirklich so. Allerdings nur unter einer Bedingung. »Sie müssen uns ganz genau erzählen, wie das mit Elena, Alois Huntzinger und Ihrem Großvater war .«
Franca hatte die ganze Zeit bemerkt, dass Hans Schwarzenbach Schmerzen haben musste. Er griff sich immer wieder unbewusst an den linken Arm und verzog dabei leicht das Gesicht.
Sie überwand ihren Widerwillen, beugte sich zu dem Jungen und forderte ihn auf, ihr den Arm zu zeigen.
»Das ist jetzt auch schon egal«, meinte Blacky und schob den Ärmel seines Pullovers hoch. Hier war sie, die langgesuchte Bisswunde, die Elena einem ihrer Peiniger zugefügt hatte. Unbehandelt, entzündet, eitrig und verschmutzt, aber unverkennbar eine Bisswunde.
»Da muss sofort ein Arzt ran«, stellte Franca fest. »Ich gehe nach oben, um das Nötige zu veranlassen .«
»Gut«, meinte Wallner, »bitte verständige auch gleich die Spurensicherung. Wir brauchen wieder einmal das ganze Programm .«
Nachdem Franca gegangen war, widmete sich Blacky neuerlich dem Film im Fernsehen.
»Eine verrückte Geschichte«, fand Palinski. »Wenn der Sohn gebissen wurde, dann bedeutet das gleichzeitig, dass er nicht derjenige sein kann, der die junge Frau gefesselt hat .«
»So sieht es aus«, bestätigte Wallner. »Das bedeutet aber auch, dass der Anteil des Vaters an den Grauslichkeiten wesentlich größer sein dürfte als wir bisher angenommen haben .«
Dann verhaftete er Hans Schwarzenbach, ließ ihn den Film aber noch zu Ende sehen.
8
Das einzige, was Wilma in Ottensschlag störte, waren die Betten in Onkel Alois’ Gästezimmer. Die solide wirkenden Trümmer mit dem obligaten Heiligenbild an der Wand darüber waren aber nicht das eigentliche Problem. Es waren die Betteinsätze, die sich um einen legten wie ein Sarg. Die Gift waren für jede Wirbelsäule über 20 und jeden Versuch, Sex zu machen, zur lächerlichen Farce werden ließen. Wie Wilma von früheren Versuchen mit Mario wusste, war das so, wie wenn man in der Sandkiste Billard spielen wollte. Oder noch schlimmer.
Da Mario diesmal nicht hier übernachtet hatte, war das aber nicht ihr Problem. Sie wachte immer schon um 5 Uhr mit schmerzendem Rücken auf und konnte einfach nicht mehr einschlafen.
Jetzt war es 5.45 Uhr und sie saß in der kuscheligen Küche und lauschte dem sanft blubbernden Kaffee auf dem Weg zu seiner Vollendung.
Nicht wirklich interessiert blätterte sie im Niederösterreichischen Boten, Ausgabe Waldviertel. Für Menschen, die hier wohnten, die das Zentrum ihres Lebensinteresses in Zwettl, Gmünd, Litschau oder Groß Gerungs hatten, waren die Nachrichten in dem Blatt sicher von großem, ja vitalem Interesse. Von ihrer schmerzenden Wirbelsäule konnten sie die Berichte über den gelungenen Silvesterschmaus im Gasthof Anzenbichler in Sankt Irgendwo oder die Neujahrsauktion der Katholischen Jungschar im Nachbarort aber nicht ablenken.
Das
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