Heurigenpassion
hoffte nur, von der Sünde der Eitelkeit frei zu bleiben, war sich dessen aber gar nicht sicher.
Ein Klingelzeichen kündete den Beginn des ersten Vortrags am Nachmittag an. Langsam leerte sich die Cafeteria. Nachdem sich auch der Minister mit wichtigen Terminen entschuldigt hatte, rief Palinski Karl Wollner an, den Taxifahrer, der ihn gestern nach Ottenschlag gebracht hatte. Er wollte so schnell wie möglich zu den Seinen und damit einen perfekten Tag noch toppen.
* * *
»Ich bin dann kurz in den Keller gegangen, um einige Flaschen zu holen ,« berichtete Hans Schwarzenbach. »In dieser Zeit muss Elena in den Schankraum gekommen sein und nach mir verlangt haben. Mein Vater, der von der Geschichte und meiner angeblichen Vaterschaft gewusst hat, hat sie abgefangen und in den Hof hinaus gebracht .«
»Sie sagen ›angebliche Vaterschaft‹«, hakte Sandegger ein, »sind Sie der Meinung, dass Sie nicht der Vater des Kindes sind ?«
»Mein Vater hat gmeint, die Elena wär a nur so a Ausländerhur, die mit jedem herumpudert. Da is die Wahrscheinlichkeit, dass ich der Vater bin, nicht sehr groß.«
»Nach Aussage von Elenas Großmutter waren Sie aber die einzige Männerbekanntschaft, die ihre Enkelin gehabt hat. Angeblich war sie noch Jungfrau, als sie zum ersten Mal mit Ihnen geschlafen hat .«
»Des was i net. Ich hab nix bemerkt. Sicher hat’s a bißl gjammert, aber des tuns ja alle«, meinte Schwarzenbach ungerührt. »Nach dem Vaterschaftstest werden wir es ja wissen .« Sandegger war grundsätzlich ein gläubiger Mensch. Nichts lag ihm ferner als Gottes Werk anzuzweifeln. Was er sich allerdings bei Schaffung dieses Scheißkerls gedacht haben mochte, hätte ihn schon interessiert. Der Kerl widerte ihn an wie selten jemand zuvor.
»Nachdem mir die Mama gsagt hat, dass ein Madl nach mir gefragt hat, bin ich gleich in den Hof hinaus. Ich hab sogar noch das Bratl in der Hand gehabt«
Den Braten hatte er dann gleich weggeworfen und die wild um sich schlagende Elena von hinten gepackt und gehalten, »Dabei hat mi der Trampl in den Arm bißn. Ma, des hat weh tan .«
Der darauf folgende Schlag des Vaters auf die Schläfe des Mädchens dürfte sie bewusstlos gemacht haben. Dann hatte der Vater ein Klebeband geholt und mit Hilfe des Sohnes begonnen, das Mädchen zu fesseln. Elena war inzwischen wieder zu sich gekommen, hatte laut geschrieen und »dem Vata an Tritt in die Eier gem, dagegen war mei Biss a Lercherlschass. Da war i richtig happy, dass i hinter ihr gstandn bin .« Der folgende Schlag des ausrastenden Schwarzenbach senior auf den Kopf hatte das Mädchen wahrscheinlich schwer verletzt. Nachdem Elena gefesselt und ihre Schreie durch einen Klebeknebel unterbunden worden waren, tobte der ältere Schwarzenbach seine Aggression gegen die »Scheisshur« mit einigen kräftigen Tritten gegen den Körper der am Boden Liegenden aus. »Ich hab des zwar für a bissl übertriebn ghalten«, gab der Junior zu, »aba ich hab a noch an, zwa Mal hintretn .« Sozusagen aus Solidarität mit dem Stärkeren. »Dann hammas packt und in den hintersten Container im Hof gschmissen .«
In den frühen Morgenstunden hatte Hans Schwarzenbach diesen Container zu dem Ort gebracht, an dem die Leiche Elena Kalkonides einige Stunden später gefunden worden war. Dann hatte er die Idee mit der aufgesprayten Hasstirade, um eine falsche Spur in das extrem rechte Eck zu legen. Damals war er von dieser seiner Ansicht nach listigen Finte sehr angetan gewesen.
Auf dem Rückweg hatte er einen beim Trummelhof stehenden Müllcontainer mitgehen lassen und am ursprünglichen Abstellplatz im Hof des »Kutscherhauses« platziert.
Sandegger hatte sichtlich Probleme, den nüchtern und teilnahmslos vorgetragenen Leidensweg der jungen Frau einfach so zu akzeptieren, wie er ihn eben gehört hatte.
»Sagen Sie mir noch etwas. Warum haben Sie und Ihr Vater Elena eigentlich umgebracht ?« , wollte er von Schwarzenbach wissen.
Der Befragte schien nachzudenken. Dann zuckte er aber nur mit den Achseln. »Eigentlich hammas ja gar net umbracht, sondern nur verprüglt .« Er hob fragend die Schultern. »Sie hätt halt den Vatern net ins Gsicht schlagn dürfn. Der lasst sich so was net gfalln. Schon gar net von so aner Schlampn.«
Die Ungeheuerlichkeit dessen, was er eben gesagt hatte, schien dem jungen Mann absolut nicht bewusst zu sein. Denn er fuhr fort. »Aba wie wir sie in den Mistkübl gsteckt ham, hatts definitiv no glebt. Gstorben is sie selbst.
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