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Heute bin ich blond

Heute bin ich blond

Titel: Heute bin ich blond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie van der Stap
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Perücken. Er fasst mich um die Taille und drückt mir einen dicken Kuss auf die Wange. »Und mit wem habe ich das Vergnügen?«
    »Mit Oema.«
    »Oema … Steht dir gut. Was zu trinken?«
    An der Bar bestellt er einen Wodka und ein stilles Wasser.
    »Darf ich mal fühlen?« Er zeigt auf meine Haare.
    »Klar, nur zu.«
    »Täuschend echt. Lust, mal wieder was zusammen zu machen?«
    Ich nicke.
    Nachdem ich noch eine Menge schöner Menschen fotografiert habe, packe ich meine Kamera weg und mache mich auf die Suche nach jemandem vom Management.
    Kurz darauf verschwinde ich im Büro am hinteren Ende des Saals. Mit einer Flasche Rum, drei munteren Damen und einer Zigarette, deren Aschestäbchen länger ist als sie selbst, steht mir ein schöner junger Mann Rede und Antwort. Es ist ein kurzes Gespräch; er hat mehr Lust auf seinen Wodka und die weibliche Gesellschaft, und ich will sehen, ob ich meinen guten Freund Allard – der mich die elf Stockwerke hinaufgeschleift hat – beim Podium finde. Der gibt mir einen dicken Kuss – heute Abend sind alle vergnügt. Zusammen laufen wir die elf Stockwerke wieder hinunter; der Lift ist außer Betrieb. Allard ist sehr vorsichtig mit mir. Er findet mich schön und interessant, wagt aber nicht mit mir zu flirten, aus Angst, den Boden unter meinen Füßen noch brüchiger zu machen.
    Das finde ich lieb von ihm, aber auch ziemlich schlimm. Als hätte ich seit meiner Krankheit kein Bedürfnis mehr, mit fremden Jungen zu flirten. Wir haben uns in einem Straßencafé kennengelernt. Den einen Arm um mein Knie geschlungen, den anderen im Schoß, besah ich mir aufmerksam den fremden blonden Mann, der sich neben mich setzte: Er sah gut aus, keine Frage. Und er hatte viele Haare. Und war im richtigen Alter: fünfunddreißig, wie sich herausstellte.
    »Sind die weißen Haare deine eigenen?«, fragte er.
    Ich lächelte. »Nein, die kann man abnehmen.«
    »Ah. Gibt’s dafür einen unangenehmen Grund, über den du lieber nicht reden möchtest?«
    »Ja.«
    »Ah. Trinkst du deshalb Pfefferminztee?«
    »Ja.«
    »Findest du’s schlimm, dass ich mich so frech zu dir gesetzt habe, mit so frechen Fragen?«
    »Nein, das find ich gut.«
    »Gott sei Dank. Noch einen Tee?«
    Achtzehn Tassen Tee später laufen wir um zwei Uhr nachts die Treppen zum Club 11 hinauf.
    »Allard?«
    »Ja?«
    »An dem Abend im Finch, als wir uns kennengelernt haben – warst du da betrunken?«
    »Betrunken? Höchstens beschwipst, wieso?«
    »Da hast du doch gesagt, du findest mich schön.«
    »Ja.«
    »Ist das immer noch so, oder war’s nur die weiße Perücke?«
    Er lacht. »Was die Haare angeht, ist alles nur besser geworden.«
    »Geht Schönheit nicht immer Hand in Hand mit Anziehungskraft?«
    »Ich denke schon, aber worauf willst du hinaus?«
    »Wieso hab ich dich dann seitdem nur zweimal gesehen?«
    »Vielleicht weil immer dieser Freund von dir neben dir sitzt.«
    Er meint Rob. »Ist es das?«
    »Vielleicht.«
    »Und wenn ich dir sagen würde, dass ich wieder Single bin?«
    »Was dann?«
    »Würdest du dann mal mit mir essen gehen, wie mit deinen anderen Freundinnen?«
    »Würdest du das wollen?«
    »Nur hypothetisch.«
    »Vielleicht.«
    »Oder hat es vielleicht was damit zu tun, dass ich eine tödliche Krankheit habe? Und dass von einem Mädchen mit Krebs niemand was wissen will?«
    »Sophie?«
    »Antworte einfach.«
    »Okay, okay … ich wär nicht ganz ehrlich, wenn ich sagen würde, dass ich da nicht ein bisschen erschrocken bin. Das hat aber nichts damit zu tun, dass ich nie mit dir ausgegangen bin. Ich bin einfach sehr vorsichtig mit dir. Ich glaub, ich trau mich nicht recht.«
    »Ich bin Single.«
    »Oh.«
    »Und? Erschreckt dich das oder nicht?«
    »Was willst du denn?«
    »Küssen.«
    Allard küsst mich. »Gut?«
    »Ja, gut.«
     
    Zu Hause piepst mein Handy; der Junge von gestern will wissen, warum ich nicht gekommen bin. Er habe mich vermisst.
    Auf dem Bildschirm meines Laptops betrachte ich die Fotos, die ich gemacht habe. Ich sehe gepunktete Krawatten, gestreifte Pullis und Tigerpantys. Allard, eine Maske und zwei Lesbierinnen. Aber auch den Jungen von gestern, mit Oema, und im Hintergrund den phantastischen Blick aus den Fenstern des Clubs.
    Von: Sophie van der Stap
    Datum: 01/19/06 16:50:34
    An: Chantal
    Betreff: süße
     
    Hi süße,
    wie geht’s dir? Alles drinbehalten nach dienstag? Hätte lust ein bisschen mit dir zu quatschen, bin aber zu müde dazu. Die ganzen termine wegen meines buches werden

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