Heute morgen und fuer immer - Roman
zum bösen Spiel zu machen. Einzig allein Nele war glücklich und fiel ihrer Mutter in die Arme und wollte sie gar nicht mehr loslassen. Es war nicht schwer zu sehen, dass Ulrike einige Fragen auf der Zunge lagen, sie sich aber Neles wegen zurückhielt, wie alle anderen auch. So stießen wir auf Juttas Geheiß mit unseren Kaffeebechern auf das junge alte Glück an, wobei Valentin mir nicht ein Mal in die Augen sah! Ob jetzt wohl ein guter Zeitpunkt wäre, seine SMS von letzter Nacht vorzulesen?
»Wie wollt ihr das denn mit München und Berlin machen?«, wagte Georg schließlich den ersten Schritt.
Jutta, die an Valentins Seite klebte, gab bereitwillig Auskunft. »Ich bleibe in München. In Berlin habe ich mir mit Rita die Wohnung geteilt. Sie hat 'ne Freundin, die gerne einziehen würde, und Castings gibt es hier ja auch genug, Schauspiellehrer auch ... und nach Berlin kann ich ja problemlos fliegen, wenn dort etwas ansteht. Das Wichtigste ist jetzt erst mal die Familie!«
Stimmt, das war ihr aus irgendeinem Grund ein Jahr lang entfallen und plötzlich wieder eingefallen. Zu gern wüsste ich, was der Auslöser dafür war. Valentin kannte uns alle zu gut, um zu wissen, dass niemand im Raum es für eine gute Idee hielt, weil keiner daran glaubte, dass er Jutta noch liebte, und keiner daran glaubte, dass sie aus uneigennützigen Gründen und Neles wegen zurückkam. Mir wurde fast übel, die aufgedrehte Jutta zu sehen, wie sie Valentin mit einem Croissant fütterte, der das stoisch über sich ergehen ließ, wie sie dann Nele über den Kopf strich und die Waltons Familie wie schwer zerrüttet daneben aussehen ließ. Die Glückwünsche klangen dementsprechend auch eher gequält, was Jutta nicht zur Kenntnis nahm, Valentin hingegen schon. Unauffällig versuchte er, das Frühstück abzukürzen. Nele wollte unbedingt nach draußen eine Schneeballschlacht veranstalten und nahm die gesamte Familie dazu mit.
»Ich bleibe hier und mach die Küche sauber, geht ihr ruhig!«, bot ich mich an, denn wenn ich auf etwas keine Lust hatte, dann dem neuen Familienglück zuzuschauen. Jasper bot an, mir zu helfen, aber ich schickte ihn mit raus, damit ich Zeit hatte, das »neue Glück« sacken zu lassen. Zudem war ich keine gute Schauspielerin und wusste das auch. In meinem Gesicht war immer abzulesen, was ich wirklich dachte. Während ich die Teller in die Spülmaschine räumte, versuchte ich, einen klaren Kopf zu bekommen. Wie war ich bitte, die es privat langweilig mochte und beschaulich, in diesen Hexenkessel geraten? Die weitaus wichtigere Frage aber war doch, wie kam ich hier wieder raus? Helene, ich musste mit Helene sprechen! Sie würde die Dinge wieder zurechtrücken und mir sagen, was zu tun war. Hinter mir knarrte der Boden im Flur. Ich drehte mich um. Es war Jutta, die eine Mütze und Handschuhe für Nele holte. Von ihrem eben noch glückseligen Lächeln war nichts mehr zu sehen. Im Gegenteil, sie blickte mich feindselig an, und irgendwie schwante mir, dass sie wegen mir hier war und Neles Sachen nur ein Vorwand.
»Übrigens, ich weiß, dass du Valentin geküsst hast, Nele war von der Musik wach geworden und hat euch gesehen. Sie hat mir gleich davon erzählt. Sie dachte sich nichts dabei, weil sie dich mag, aber ich bin nicht so blöd und weiß, was du hier spielst. Ich hab auch Valentins SMS an dich gelesen. Wenn du willst, dass du nicht auffliegst und Jasper nichts erfährt, rate ich dir, dich von Valentin und Nele fernzuhalten, haben wir uns verstanden?«
Hilfe! Seit wann sagten Menschen Sachen zu mir, die ich sonst als Dialogszenen höchstens aus Melrose Place oder Desperate Housewives kannte? Aber so einfach machte ich es Jutta nicht. »Wenn du schon in Valentins Handy schnüffelst - so ein vertrauensvoller Umgang ist ja auch das A und O einer glücklichen Beziehung -, dann lies doch auch meine Antwort-SMS, die da lautete, dass er mich in Ruhe lassen soll, zwischen uns nichts ist und nie sein wird. Die kannst du dann auch gleich Jasper zeigen! Also spar dir irgendwelche Erpressungsversuche!«
War das ein Fehler? Hätte ich ihr einen Deal anbieten müssen? Jede Woche einen Hunderter in Zehnerscheinen, aber ich dachte, dass es am besten war, unerschrocken zu reagieren. Hatten sie mal bei »Vorsicht Falle« gesagt. Auf Jutta machte meine Antwort jedenfalls keinen Eindruck. Sie wiederholte, dieses Mal mit einem unwirklichen Lächeln auf den Lippen, ihre Drohung.
»Ein Schritt zu nah an Valentin, und ich lass dich
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