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Heute morgen und fuer immer - Roman

Heute morgen und fuer immer - Roman

Titel: Heute morgen und fuer immer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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aber ich musste an meinen ersten Schüleraustausch nach England denken. Ich war schwer verliebt in Carol, und es war der Moment, als sie mit der Gruppe in den Bus stieg, um zum Flughafen zu fahren. Mir war klar, dass es das gewesen war! Ich würde sie nie wiedersehen. Denn mit sechzehn Jahren eine Fernbeziehung aufrecht zu erhalten ist unrealistisch. Ich hatte diese Mischung aus erstem großen Verliebtsein, das Gefühl zurückgeliebt zu werden, die Trauer und Melancholie, dass es nicht sein würde, und das gleichzeitige Glücksgefühl, dass ich endlich mit einem Mädchen zusammen gewesen war. Eine Art positiver Schmerz, wenn man das so sagen kann!«
    Richard sah mich unsicher an und erwartete wohl, direkt aus dem Zimmer zu fliegen. Stattdessen gratulierte ich ihm.
    »Siehst du, und genau dafür kannst du die Musik nutzen, um all das, was du eben in Worte gepackt hast, auszudrücken. Versuch genau daran zu denken, und fühl es.«
    Richard merkte, dass ich es ernst meinte, und da ich die Prüfung ablegte und er nichts zu verlieren hatte, ließ er sich darauf ein. Schloss die Augen, atmete tief ein und spielte das Stück plötzlich voller Gefühl und machte es zu seinem, eine eigene Interpretation, die mir unwillkürlich Gänsehaut verursachte. Als er fertig war, war es kurz still, dann applaudierte das Gremium und gratulierte Richard zu seinem Auftritt. Das war gut gelaufen, nein, das war grandios gelaufen. Erleichtert atmete ich auf.
    Zum abschließenden Interview wurde ich ein letztes Mal auf Herz und Nieren geprüft. Weshalb ich Studenten unterrichten wolle, was mein pädagogischer Ansatz sei, ob ich wirklich bereit sei, auf die großen Konzertreisen zu verzichten? Ich beantwortete alle Fragen mit Überzeugung, schließlich ging es hier um alles, und das merkte man mir auch an. Professor Bruckner sah sehr entspannt aus und zwinkerte mir sogar kurz zu, als die anderen beiden es nicht sehen konnten.
    »Wenn Sie dann bitte draußen warten würden. Wir werden noch Frau Fischer sehen, uns dann besprechen und unsere Entscheidung gleich mitteilen.«
    Erschöpft, aber guter Dinge ging ich nach draußen, gefolgt von Amelie, die meinen Auftritt mitverfolgt hatte und es natürlich nicht lassen konnte, einen Kommentar zu lassen.
    »Und wie fühlt es sich an, die Stelle nicht zu bekommen?« Zicke! In letzter Zeit gab es einfach zu viele Zicken. Amelie kannte ich und konnte sie gerade noch ertragen, aber mit Jutta neuerdings war mir das zu viel. Ich mochte es lieber harmonisch und war nicht auf Konflikte erpicht, wich ihnen aber auch nicht aus, wenn es denn sein musste. Wurde Zeit, mal wieder einen Abend mit meinen Mädels Helene und Evi zu verbringen! Falls ich die Stelle bekommen würde, war das ein guter Anlass. Da ich eh warten musste und Amelie anscheinend bei meinem Auftritt auch zugesehen hatte, tat ich es ihr gleich und war damit nicht allein. Selbstverständlich ging Amelie nirgendwo einen Schritt ohne ihre aufgerüschte Mutter hin, die goldbehangen wie immer und mit hochgerecktem Kinn ihr Wunderkind begleitete. Sie grüßte mich heute gnädig und gab mir im nächsten Moment ein Zeichen, ruhig zu sein. Dann holte sie einen Rosenkranz hervor und hielt ihn die ganze Zeit in ihrer Hand. Amelies Auftritt hätte zu meinem nicht unterschiedlicher sein können. Sie war die Autorität in Person, gab vor, wie was zu spielen und zu interpretieren war, ließ kaum Freiraum, machte es aber gut, wenn auch auf völlig andere Weise. Das Ergebnis ihrer Probestudentin konnte sich auf alle Fälle hören lassen. Es war einfach eine andere Herangehensweise, und es würde darauf ankommen, welchen Stil die Schule bevorzugen würde. Geschmackssache eben. Auch das Interview meisterte sie souverän. Amelie zielte eher auf die Tradition und Verbundenheit zum Konservatorium ab, darauf, dass sie eine gute Repräsentantin wäre, das Image der Hochschule stärken und gute Leute anziehen würde, was ihre mitfiebernde Mutter mit heftigem Kopfnicken quittierte. Wenn mich nicht alles täuschte, sprach sie sogar Amelies Antworten lautlos mit. Zu gut konnte ich mir vorstellen, wie die beiden das Interview tausend Mal geprobt hatten. Auch wenn ich Amelies Mutter so sympathisch fand wie eine Horde Straßenbahnkontrolleure, so beneidete ich Amelie darum, eine Mutter zu haben, mit der sie so eng verbunden sein konnte. Mir fehlte meine immer wieder, besonders aber in diesem Moment. Helene und Omi fieberten auch mit, aber konnten sich den Luxus, bei der Arbeit zu

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