Hex Hall 01 - Hawkins, R: Hex Hall 01
fühlte sich ihre Haut kühl und trocken und ein wenig papierartig an. Und als ich ihr ins Gesicht sah, erkannte ich an den Unmengen feiner Fältchen um ihre Augen, dass sie älter war, als ich ursprünglich angenommen hatte.
»Folgen Sie mir in mein Büro, Sophia. Es gibt ein paar Dinge, über die wir reden müssen.«
13
Ihr Büro lag im Erdgeschoss, neben dem Salon mit den wackligen, dünnbeinigen Stühlen. Als wir ihn diesmal durchquerten, fiel mir auf, dass die dünnbeinigen Stühle durch hübschere, viel stabiler aussehende Ohrensessel ersetzt worden waren, und die leicht modrig wirkenden Sofas waren jetzt mit einem fröhlichen, weiß-gelb gestreiften Stoff bezogen.
»Wann haben Sie neue Möbel bekommen?«, erkundigte ich mich.
Sie blickte über ihre Schulter. »Gar nicht. Das ist ein Wahrnehmungszauber.«
»Wie bitte?«
»Eine von Jessica Prentiss’ Ideen. Die Möbel des Hauses spiegeln den Gemütszustand des Betrachters wider. Durch das, was Sie sehen, können wir ermitteln, wie wohl Sie sich in der Schule fühlen.«
»Also habe ich mir die ekelhaften Möbel nur eingebildet?«
»In gewisser Weise, ja.«
»Was ist mit der Außenseite des Hauses? Nichts für ungut, aber es sieht in meinen Augen immer noch ziemlich heruntergekommen aus.«
Mrs Casnoff lachte leise. »Nein, der Zauber wird nur in den Gemeinschaftsräumen angewandt: in den Wohnbereichen, den Klassenzimmern und so weiter. Hecate muss schon ein wenig von seiner düsteren Ausstrahlung behalten, meinen Sie nicht auch?«
An der Tür zu Mrs Casnoffs Büro drehte ich mich um und betrachtete noch einmal das Wohnzimmer. Jetzt sah ich, dass die Sofas, die Sessel und sogar die Vorhänge irgendwie flirrten und changierten, wie Hitze, die von Asphalt aufstieg.
Merkwürdig.
Ich hatte angenommen, das Mrs Casnoff das größte und prächtigste Zimmer im Haus haben würde. Ihr wisst schon: vollgestopft mit uralten Büchern, dazu schwere Eichenmöbel und deckenhohe Fenster.
Doch sie führte mich in einen kleinen, fensterlosen Raum. Es roch darin stark nach ihrem Lavendelparfum und noch nach etwas Stärkerem, Bitteren. Kurz darauf begriff ich, dass es Tee war. Ein kleiner Wasserkocher blubberte an der Kante des Schreibtischs, bei dem es sich nicht um das edle Monstrum handelte, das ich mir vorgestellt hatte, sondern um einen schlichten kleinen Holztisch.
Es gab zwar Bücher, aber sie waren an drei von den vier Wänden zu senkrechten Reihen aufgestapelt. Ich versuchte, die Titel auf den Buchrücken zu lesen, doch die wenigen, die nicht zu abgegriffen waren, standen dort in mir unbekannten Sprachen.
Der einzige Gegenstand in Mrs Casnoffs Büro, der auch nur annähernd meinen Erwartungen entsprach, war ihr Stuhl. Eigentlich war es weniger ein Stuhl als ein Thron: Ein hoher, schwerer Sessel, bezogen mit weinrotem Samt. Der Stuhl vor dem Schreibtisch dagegen war um gute fünfzehn Zentimeter niedriger, und als ich mich daraufsetzte, fühlte ich mich sofort wie eine Sechsjährige.
Was, wie ich vermutete, auch der Zweck der Sache war.
»Tee?«, fragte sie, nachdem sie sich auf ihrem weinroten Thron steif niedergelassen hatte.
»Klar.«
Einige weitere Augenblicke verstrichen schweigend, während sie mir eine Tasse starken, schwarzen Tee einschenkte. Ohne zu fragen, fügte sie Milch und Zucker hinzu.
Ich nahm einen Schluck. Er schmeckte genau wie der Tee, den meine Mom an verregneten Wintertagen immer für mich gekocht hatte: Tage, die wir zusammengekuschelt auf dem Sofa verbracht und gelesen oder geredet hatten. Der vertraute Geschmack war tröstlich, und ich spürte, wie ich mich etwas entspannte.
Was wiederum wohl der Zweck des Ganzen war.
Ich blickte zu ihr auf. »Woher wussten Sie …«
Mrs Casnoff machte nur eine abschätzige Handbewegung. »Ich bin eine Hexe, Sophia.«
Ich runzelte die Stirn. Manipuliert zu werden gehörte schon immer zu den Dingen, die ich am wenigsten ausstehen konnte. Genau wie Schlangen. Und Britney Spears.
»Sie kennen also einen Zauber, der Tee wie … Tee schmecken lässt?«
Mrs Casnoff nippte an ihrer Tasse, und ich hatte den Eindruck, dass sie sich gerade angestrengt ein Lachen verkniff. »Tatsächlich ist es sogar ein wenig mehr als das.« Sie deutete auf den Wasserkocher. »Öffnen Sie ihn.«
Ich beugte mich vor und tat es.
Er war leer.
»Ihr Lieblingsgetränk ist der irische Frühstückstee Ihrer Mutter. Wäre es Limonade gewesen, hätten Sie die in Ihrer Tasse gehabt. Wäre es heiße Schokolade gewesen,
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