Hex Hall 02 - Hawkins, R: Hex Hall 02
traurig. Mehr als nur traurig. Sogar völlig am Boden zerstört.« Seufzend lehnte ich mich an das Kopfende. »So ein ähnliches Gefühl hatte ich schon, als wir Hecate verlassen haben. Ich hatte so eine superfinstere Ahnung, dass wir niemals dorthin zurückkehren würden. Zumindest nicht alle drei.« Eine der Eigenschaften, die ich an Jenna besonders klasse finde, ist die Tatsache, dass sie sich durch so gut wie nichts schockieren lässt. Entweder gehörte das für einen Vampir eben dazu, oder sie war auch schon so gelassen gewesen, bevor sie sich verwandelt hatte. So oder so, sie flippte jedenfalls nicht gleich aus, nur weil ich auf einmal die Hellseherin spielte. Sie kaute bloß mit nachdenklicher Miene an ihrem Daumennagel, bevor sie fragte: »Ist das etwa eine Dämonenkraft? Die Zukunft sehen oder ahnen zu können?«
»Woher zum Teufel soll ich das wissen? Alice war der einzige Dämon, mit dem ich bisher näheren Kontakt hatte. Und die tat scheinbar nichts anderes – und gewöhnliche Hexen würden so was nie machen –, als anderen Leuten das Blut auszusaugen. Und das war wirklich nicht besonders prickelnd. Nichts für ungut.«
»Kein Problem. Hm, du könntest deinen Dad ja mal fragen. Ist das nicht auch der Sinn und Zweck dieser Ferien? Herauszufinden, was es bedeutet, ein Dämon zu sein?«
Ich gab einen schroffen Laut von mir, und Jenna ließ das Thema klugerweise fallen. »Okay, du hattest also einen Feuertraum und gewissermaßen auch eine hellseherische Ahnung, dass wir alle in England sterben werden.«
»Da fühl ich mich doch gleich viel besser. Schönen Dank auch, Jenna.«
Sie ignorierte mich einfach. »Vielleicht hat es gar nichts zu bedeuten. Manchmal sind Träume einfach nur Träume, nichts weiter.«
»Ja«, stimmte ich zu. »Wahrscheinlich hast du recht.«
»Und wenn das die einzigen seltsamen Dinge sind, mit denen du dich in letzter Zeit auseinandersetzen musstest, warum hast du dann …?« Sie verstummte, als sie meinen Gesichtsausdruck bemerkte. »Das sind also … offensichtlich nicht die einzigen seltsamen Dinge, die dir passiert sind.«
In diesem Augenblick wollte ich am liebsten im Bett versinken und mir die Decken über den Kopf ziehen. Doch stattdessen erzählte ich Jenna von meiner Begegnung mit Elodie.
Und das war offenbar das Einzige, was Jenna tatsächlich überraschen konnte. »Sie hat dich angesehen? Ich meine, dir so richtig direkt in die Augen gesehen?«
Als ich nickte, stieß Jenna einen langen, lauten Seufzer aus und verstrubbelte ihren Pony. »Was hat Mrs Casnoff dazu gesagt?«
Unruhig rutschte ich herum. »Ich, äh, bis jetzt habe ich ihr das noch gar nicht so … wirklich erzählt.«
»Was bitte? Soph, du musst es ihr erzählen! Das hat vielleicht was zu bedeuten, und nach dieser Sache mit Alice … Hör zu, ich kann ja verstehen, dass du ein echtes Vertrauensproblem entwickelt hast, nachdem du so lange in der normalen Welt leben musstest. Aber vor Mrs Casnoff brauchst du nichts mehr zu verheimlichen. Oder vor mir.«
Sofort stach mich wieder dieses so vertraute schlechte Gewissen. Jenna und ich hatten zwar nie richtig darüber gesprochen, aber wir wussten natürlich beide, was für Folgen meine Heimlichtuerei gehabt hatte: Wenn ich einfach gleich jemandem erzählt hätte, dass ich Alice begegnet war, dann wäre Jenna vielleicht niemals wegen der Angriffe auf Chaston und Anna verdächtigt worden. Und außerdem hätte Elodie noch am Leben sein können.
»Gleich morgen schick ich ihr einen Brief. Ach, ich Trottel! Ich kann sie ja auch anrufen. Lara hat mir ein Handy gegeben.«
Jenna bekam große Augen. »Tatsächlich? Was denn für eins? Können wir damit Musik runterladen und …« Sie brach ab und schüttelte sich. »Nein. Versuch bloß nicht, mich mit schillernder, scharfer Technologie abzulenken, Sophie Mercer. Versprochen?«, fügte sie hinzu und drückte meinen Arm.
Feierlich hob ich eine Hand zum Schwur, so wie es die Pfadfinderinnen immer taten. Zumindest glaubte ich das. Es hätte aber auch genauso gut diese Star-Treck -Begrüßung sein können. »Hiermit schwöre ich hoch und heilig, Mrs Casnoff davon zu berichten, dass Elodies Geist mich angesehen hat. Sollte ich das nicht tun, so schwöre ich, Jenna ein Pony zu kaufen. Ein Vampir -Pony.«
Jenna versuchte, sich ein Lächeln zu verkneifen, aber einem Vampir-Pony kann einfach niemand widerstehen.
Als wir beide losprusteten, fühlte ich mich gleich eine Million Mal besser. Jenna hatte recht. Inzwischen gab
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