Hex Hall 02 - Hawkins, R: Hex Hall 02
Öffnung. Kein Lichtblitz, kein Aufwallen von Magie. Eben war er noch da, jetzt nicht mehr. Irgendwie kam mir das Ganze so wesentlich beängstigender vor als die Variante, bei der es eine große Lightshow oder wenigstens ein bisschen Rauch gegeben hätte. Daisy verschwand als Nächste. Und bei ihr war es genau das Gleiche, so als wäre sie einfach aus dem Leben weggeblinzelt worden.
Jenna und ich starrten auf den Durchgang. »Wir könnten auch zurückgehen«, schlug ich zaghaft vor. »Ihnen einfach erzählen, ihre magische Straße hätte bei uns nicht funktioniert.«
Jenna schüttelte den Kopf. »So schlimm kann es ja nicht sein«, murmelte sie.
»Wir könnten doch versuchen, gemeinsam zu reisen«, sagte ich. »Wir passen da bestimmt zu zweit rein, und wenn wir in eine andere Dimension transportiert oder in eine Mauer verwandelt werden, dann hätten wir wenigstens Gesellschaft.«
Jenna lachte. »Also gut. Dann mal los.«
Hand in Hand gingen wir auf die Öffnung zu.
13
Sobald wir die Nische betraten, glitt Jennas Hand aus meiner. Sofort wurde alles dunkel. Ich schrie auf, als in meiner Schläfe ein bösartiges Hämmern einsetzte. Es fühlte sich wie Migräne an, nur hundert Mal heftiger. Ganz nebenbei registrierte ein Teil meines Gehirns, dass ich endlich aufhören sollte, immer so überrascht zu sein, wenn sich dieser magische Kram als noch viel ätzender erwies, als ich vermutet hatte. Und Gott weiß, daran hätte ich schon längst gewöhnt sein müssen.
Doch auf diese schrecklichen Verrenkungen in meinem Hirn war ich einfach nicht vorbereitet. Oder auf diese unfassbare Dunkelheit. Und dann hatte ich ja noch nicht einmal das Gefühl zu fliegen – auch etwas, das ich bei einer magischen Reise eigentlich erwartet hätte. Stattdessen herrschte eine Totenstille, und die namenlose Schwärze um mich herum wirkte einfach erdrückend.
Plötzlich stand ich draußen. Na ja, genau genommen kniete ich draußen und schnappte nach Luft, während mir jemand sachte auf den Rücken klopfte.
Es war Daisy. »Das erste Mal ist immer am schlimmsten«, sagte sie besänftigend.
»Allerdings, Daisy hat mir nach ihrem ersten Straßentrip voll auf die Schuhe gekotzt«, lachte Nick, womit er sich einen Klaps von Daisy einhandelte.
»Aber nur, weil du mich viel zu weit weggebracht hast, du Blödmann. Spanien. Doch vollkommen schwachsinnig. Alles, was weiter entfernt liegt als zweihundert Kilometer, ist für eine erste Reise völlig hirnverbrannt.«
Dann tauchte Jenna taumelnd an meiner Seite auf. Sie sah noch bleicher aus als sonst, und das sollte schon was heißen. »Ich hatte ja keine Ahnung, dass maaaaaagische Reisen derart intensiv sein würden«, versuchte sie zu scherzen, doch ihre Stimme klang fiepend und etwas atemlos.
Ich wollte sie eigentlich fragen, ob alles mit ihr in Ordnung sei, aber ich konnte noch nicht sprechen. Also versuchte ich wenigstens zu lächeln. Auch das tat so weh, dass ich mich letzten Endes einfach gegen die nächste Mauer lehnte und wartete, bis der Schmerz ein wenig nachließ.
Als sich die Kopfschmerzen tatsächlich etwas gelegt hatten, machte ich mich erst einmal mit meiner Umgebung vertraut. Wir befanden uns in einer Gasse, inmitten diverser schlichter Backsteinbauten. Über uns reflektierten tief hängende Wolken den orangefarbenen Schein der Straßenlaternen. Und in der Luft lag ein seltsamer Geruch – eine Mischung aus Abgasen, altem Mauerwerk und Wasser. Vermutlich kam das von irgendwo ganz in der Nähe.
Als ich das Gefühl hatte, wieder sprechen zu können, fragte ich Daisy: »Was war das eigentlich? Ein Portal oder so was?«
Sie fasste in ihre Handtasche und kramte eine Zigarette hervor. »Im Prinzip ja. Aber Portale führen nur von einem bestimmten Ort zu einem anderen bestimmten Ort. Ein Itineris kann … na ja, er kann an sich überall hinführen. Du erschaffst einfach den Eingang, und dann sagst du ihm, wo du hinwillst. Deshalb ist Nick auch als Erster gegangen, damit er ihm sagen konnte, dass wir zu Shelley’s wollen.«
»Wenn er aber nur in eine Richtung führt, wie kommen wir denn dann wieder zurück?«, fragte ich.
»Etwa einen Häuserblock weiter befindet sich eine andere Straßenöffnung«, sagte Daisy und zeigte nach links.
»Moment mal, wir könnten also in diese Öffnung gehen und uns einfach irgendeinen Ort aussuchen, ganz egal wohin?«, hakte Jenna nach.
»Egal wohin«, antwortete Nick mit einem Achselzucken. »Aber wie Daisy schon sagte, je weiter man geht,
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