Hex Hall 02 - Hawkins, R: Hex Hall 02
gehabt, dass du deine Kräfte hergeben und mich im Stich lassen wolltest?«
Mit offenem Mund starrte ich sie an, während gleichzeitig die Magie in mir aufwallte. »Was?«
Jenna rieb sich die Nase, und mit bewegter Stimme sagte sie: »Als hättest du noch nie mit dem Gedanken gespielt, dass du mit ihm zusammen sein könntest, wenn du kein Dämon wärst.«
Das hatte ich. Oder zumindest glaubte ich das. Denn die verschiedenen Gründe für meine Entmächtigung waren einfach viel zu sehr ineinander verschlungen und zu komplex, als dass ich sie voneinander hätte abgrenzen können. Doch ganz abgesehen davon: Archer war ja nicht der Hauptgrund gewesen, und wie konnte sie … plötzlich ging mir ein Licht auf.
» Deshalb warst du immer so erpicht auf Sophie und Cal, ja, ja, ja! , stimmt’s? Du hast gedacht, wenn ich erst einen neuen Typen gefunden hätte, würde ich die Entmächtigung gar nicht mehr durchlaufen wollen.«
Darauf brauchte sie nicht einmal zu antworten. Die roten Flecken, die sich auf ihrem Hals ausbreiteten, und dazu ihr gesenkter Blick, das reichte schon.
»Jenna, ich hab dabei zugesehen, wie brutal Elodie von Alice ermordet wurde. Ich hab mich selbst für ein Ungeheuer gehalten! Deshalb wollte ich die Entmächtigung, und nicht, um mit Archer zusammenzusein.« Mittlerweile wirbelten meine Kräfte um mich herum, schlängelten sich in meinem Inneren. In der Nähe klapperte eine Schaufensterpuppe, und sowohl mein Haar als auch das von Jenna flatterte leicht. »Die Entmächtigung ist eine Geschichte, die auch tödlich ausgehen kann«, fuhr ich fort, »und man müsste schon ein völlig beschränkter Volltrottel sein, um für eine Schwärmerei sterben zu wollen.«
Jenna zuckte zusammen, als hätte ich sie geohrfeigt, und plötzlich begriff ich, was ich da eigentlich von mir gegeben hatte. »Ich wollte damit nicht sagen …«
»Vergiss es«, fauchte sie und wich vor mir zurück. »Ich hab schon verstanden. Du bist die größte Dämonenkönigin überhaupt, und ich bin nur die dumme kleine Idiotin, die sich von einem Monster hat töten lassen.«
»Das hab ich doch gar nicht gesagt.«
»Musstest du auch nicht.«
Kaum zu glauben, dass wir noch bis vor wenigen Minuten gemeinsam über mein dummes Kostüm gelacht und gewitzelt hatten. »Jenna«, begann ich noch, doch sie schüttelte nur den Kopf und ging wortlos davon.
25
Die Party zu meinem siebzehnten Geburtstag fand im Musikgarten statt, diesem riesigen, gläsernen Raum voller Farne, die nun allesamt mit lila Schleifchen und weißen Lichterketten geschmückt waren. In einer Ecke hatte sich eine Gruppe Elfen mit ihren kunstvollen Drehleiern aufgebaut, doch die Musik, die sie darauf spielten, klang dünn und dudelnd – und für eine Geburtstagsparty seltsamerweise recht melancholisch. Allerdings konnte man sie ohnehin nicht so gut hören. Früher am Abend war nämlich ein Unwetter aufgezogen, und noch immer prasselte der Regen geräuschvoll auf das Glasdach. Ich hatte mir einen Platz auf der Fensterbank ausgesucht und beobachtete gedankenverloren die Regentropfen, die wie Tränen über die Scheibe liefen.
Ich dachte an meine letzte Geburtstagsparty und kam zu dem Schluss, dass ich – trotz der Eisskulpturen, des Champagnerspringbrunnens und des riesigen Kuchens, der wie Thorne Abbey geformt war – lieber auf einem Kinderspielplatz mit Rutsche und einem Typen im Rattenkostüm gefeiert hätte.
Natürlich konnte das auch damit zu tun haben, dass mein Kleid grob geschätzt mindestens fünfzig Pfund wog, ich von der Krone Kopfschmerzen bekam und meine beste Freundin nicht mehr mit mir redete.
Ich ließ den Blick durch den Raum schweifen, konnte Jenna jedoch nirgendwo entdecken. Seit jenem Tag in der Boutique blieb sie auf Abstand. Wer weiß, vielleicht war es einfacher so. Denn sollte Jenna wirklich fest entschlossen sein, ihr Vampirdasein auszuleben, dann wäre der Abschiedsschmerz wahrscheinlich leichter zu ertragen, wenn wir nicht mehr befreundet waren. Doch so oft ich mir das auch sagte, es zerriss mir trotzdem fast das Herz.
Insgesamt hatten sich bestimmt an die hundert Gäste in den schillerndsten Kostümen eingefunden, die mich allesamt anlächelten und mir zum Geburtstag gratulierten. Jeder Einzelne von ihnen hatte mir sogar ein Geschenk mitgebracht, und auf einem Mamortisch gleich neben der Tür stapelten sich bereits Unmengen an hübsch eingepackten Päckchen. Nichtsdestotrotz hatte die Atmosphäre etwas Bleiernes an sich, so als wären
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