Hex Hall 02 - Hawkins, R: Hex Hall 02
unmissverständlich sein möge. Doch bei all diesem Glitzerkram in meinem Gesicht konnte ich mir nicht sicher sein, ob er es auch kapiert hatte.
Also schlenderte ich in eine Ecke des Wintergartens und tauchte durch einen irrsinnigen Wald aus Topfpflanzen. Dahinter war das Licht trüb und grün, und es roch nach feuchter Erde.
Nur einen Augenblick später teilte Archer den Palmwedelvorhang und lehnte sich mit vor der Brust verschränkten Armen gegen die gläserne Wand. »Warum hast du dich nicht mit mir getroffen?«, kam er gleich zur Sache.
»Keine Ahnung, vielleicht weil du ein Dämonenjäger bist und ich ein Dämon bin und es deshalb vermutlich keine so gute Idee ist, miteinander rumzuhängen?« Als er nicht reagierte, seufzte ich und fügte hinzu: »Okay, genau genommen haben mir alle Leute aus meiner näheren Umgebung gesagt, ich solle mich von dir fernhalten. Also mache ich das.«
Es war ein komisches Gefühl, mit ihm zu reden, während er diese Maske trug. Ich konnte zwar seine Augen sehen, aber seine Miene überhaupt nicht deuten. »Eins kannst du mir glauben«, erwiderte er, »wenn da nicht gerade etwas ganz Großes abginge, würde ich dich auch gar nicht wiedersehen wollen. Und wäre glücklich und zufrieden.«
Ein Schmerz schnitt mir durchs Herz, so blank und scharf wie der Dolch, den Archer garantiert irgendwo am Körper versteckt hatte. Ich hoffte nur, dass er es mir nicht anmerkte. »Was meinst du mit etwas ganz Großes ?«
Doch er schüttelte den Kopf. »Ich hab keine Zeit für Erklärungen, aber es geht dabei um deine kleinen Dämonenkumpel dort hinten. Kannst du mich morgen Abend bei der Mühle treffen?«
Mein Hirn lief auf Hochtouren. Wenn Archer tatsächlich Informationen über Nick und Daisy hatte, dann konnten Dad und ich vielleicht besser begreifen, was hier eigentlich los war. Oder redete ich mir das womöglich nur ein, damit ich Zeit mit Archer verbringen konnte, ohne deswegen gleich ein schlechtes Gewissen haben zu müssen?
»Morgen kann ich aber nicht.« Wegen dieses ganzen Geburtstagswahnsinns waren Dad und ich noch nicht dazu gekommen, Nachforschungen über das Grimoire anzustellen, aber wir hatten uns die nächste Woche komplett freigehalten, um daran zu arbeiten. Und das hätte auch alles sein sollen, was ich zu ihm sagte. Das hätte dem Ganzen ein Ende bereitet, und ich hätte einfach weggehen können. Doch stattdessen hörte ich mich sagen: »Aber in neun Tagen geht mein Dad auf eine Geschäftsreise. Dann wäre es für mich einfacher, unbemerkt von hier zu verschwinden.«
Er nickte. »Gut. Dann also in neun Tagen. Drei Uhr morgens.«
»In Ordnung. Aber wenn du noch mal mit einem Messer auf mich losgehst …«
Zu meiner Überraschung lachte er. »Fängst du schon wieder damit an? Erstens bin ich gar nicht mit einem Messer auf dich losgegangen , sondern habe es nur gezückt, um das Schloss an diesem Fenster aufzubrechen. Zweitens war ich mit einem extrem genervten Dämon in einem Keller gefangen. Was meinst du wohl, wer von uns beiden mehr Angst hatte?«
Ich verdrehte die Augen, was allerdings – angesichts der tausend Pfund Glitter, die auf meinen Lidern klebten – kein so leichtes Unterfangen war. Archer ging grußlos an mir vorbei und verschwand durch die Pflanzenwand. Als ich ihm nur wenige Sekunden später folgte, konnte ich ihn nirgendwo mehr entdecken.
Auf dem Weg zu meinem Geschenktisch hielt ich zwar immer wieder nach ihm Ausschau, doch ganz offensichtlich war er bereits gegangen. Seufzend nahm ich meine Krone ab. Höchstwahrscheinlich machte ich gerade einen Riesenfehler, aber Dad wollte ja wissen, wo Nick und Daisy herkamen, und wenn Archer – oder das Auge – diese Information hatte, warum sollten wir sie dann nicht nutzen?
»Da bist du ja.«
Cal tauchte ganz plötzlich neben mir auf, und ich konnte nur mit knapper Not verhindern, dass ich schuldbewusst zusammenzuckte. Und dann sah ich, was er anhatte. »Wo hast du die denn her?«
Cal trug eine richtige Hex-Hall-Uniform. Der Blazer um seine breiten Schultern machte einen etwas engen Eindruck – der sich auch in dem Moment bestätigte, als er mit den Achseln zuckte. »Das ist meine. Mrs Casnoff hat sie mir mitgebracht. Im Grunde kann ich, äh, mit Kostümen nichts anfangen. Aber ich finde, die Uniform ist ein ziemlich guter Kompromiss.«
Ich hatte eigentlich gedacht, dass es außer Archer niemandem gelingen konnte, diese Uniform gut aussehen zu lassen, doch Cal bewies mir gerade das Gegenteil. Das
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