Hex Hall 02 - Hawkins, R: Hex Hall 02
alle viel zu sehr darum bemüht, sich auch tatsächlich zu amüsieren. Sie lachten zu laut, ihr Lächeln wirkte gezwungen. Womöglich hatten sie Angst, dass Dad und ich sie vaporisieren würden, falls sie sich nicht so verhielten, als wäre dies die beste Party aller Zeiten.
Eigentlich hätte ich meine Stirn ganz gern gegen die kühle Glaswand gelegt, aber da ich mein Spiegelbild nicht unbedingt aus nächster Nähe sehen wollte, ließ ich es lieber bleiben. Am Nachmittag hatte Lysander nämlich das Kleid vorbeigebracht und darauf bestanden, mich auch noch zu schminken. Infolgedessen sah ich aus, als wäre auf meinem Gesicht eine Glitzerbombe explodiert, und selbst meine nackten Schultern waren mit einem funkelnden, blauen Puder bestäubt.
Zwischen den Gästen liefen Dutzende von Kellnern umher und balancierten Tabletts mit Gläsern, die mit einem leuchtend lilafarbenen Gebräu gefüllt waren. Ich hätte allerdings nicht sagen können, ob es die fest angestellten Dienstboten von Thorne Abbey waren oder ob man sie eigens für diese Party engagiert hatte. Sie trugen allesamt schlichte weiße Hemden und schwarze Hosen, und die obere Hälfte ihrer Gesichter war mit silbernen Masken verdeckt. Einer von ihnen war bereits dreimal zu mir gekommen, und ich hatte auch jedes Mal einen Drink genommen – allerdings nur, um ihn in die nächstbeste Topfpflanze zu kippen, sobald der Kellner weitergegangen war.
»Warum so maulig, Geburtstagskind?«
Als ich mich umdrehte, standen da Nick und Daisy vor mir und hielten leere, silberverzierte Kristallkelche in ihren Händen. Auf dem Revers von Nicks Wams leuchtete ein lila Fleck. Und an ihren rosigen Wangen und den glänzenden Augen konnte ich erkennen, dass dies garantiert nicht die ersten Drinks waren, die sie sich an diesem Abend genehmigt hatten. »Das ist meine Party, und ich schmolle so viel ich will«, erwiderte ich und kam von der Fensterbank hoch.
»Diese Party ist irgendwie ätzend«, meinte Daisy und rückte den silbernen Lorbeerkranz auf ihrem dunklen Haar zurecht.
»Du könntest natürlich auch einfach mal ein Geschenk auspacken. Vielleicht fühlst du dich ja dann ein bisschen besser«, sagte Nick und deutete auf den Gabentisch. Zwei der Kartons bewegten sich sogar. Der eine drehte friedlich seine Kreise über den anderen, während der zweite wie eine aufgeregte Spinne umherkrabbelte, wobei die losen Enden der weißen Satinschleifen als Beine fungierten.
Ich schluckte. »Äh … wisst ihr was? Nein, danke. Hat einer von euch Jenna gesehen?«
Sie wechselten einen langen Blick, doch bevor sie etwas sagen konnten, kam schon wieder dieser Kellner auf mich zu. Mann, was war bloß mit diesem Typen los? Hatte ihn jemand dafür bezahlt, die Tochter des Ratsoberhauptes abzufüllen oder was?
Ich hakte mich bei Nick und Daisy unter, zog sie vom Fenster weg und somit auch gleich aus der Bahn dieses Kellners.
»Worüber streitet ihr zwei euch überhaupt?«, fragte Daisy.
Als ich ihr gerade die ganze Geschichte aus Lysanders Laden erzählen wollte, sprach uns eine blonde Hexe in einem leuchtend roten Kleid an. »Hallo«, sagte sie atemlos. »Tut mir leid, Sie zu stören, aber ich wollte Ihnen unbedingt alles Gute zum Geburtstag wünschen, Sophia.«
»Okay«, erwiderte ich. »Danke.«
Eigentlich hatte ich gedacht, sie würde danach wieder weitergehen, doch sie blieb einfach stehen und lächelte mich an. Also, genau genommen lächelte sie uns alle drei an. »Es ist mir eine solche Ehre, Sie endlich einmal kennenzulernen«, schwärmte sie. »Sie alle. Wie ich höre …« Ihr Blick wanderte einmal durch den Raum, und als sie sich wieder zu uns umdrehte, waren ihre Wangen gerötet. »Wie ich höre, können Dämonen etwas aus dem Nichts erscheinen lassen. Ist das wirklich wahr?«
Ich blinzelte sie an. Was sollte das denn? »Ja«, erwiderte ich. »Aber Hexen können das doch auch. Es ist nur eine Frage von …«
Bevor ich meinen Satz beenden konnte, verbeugte sich Nick und förderte mit schwungvoller Geste einen riesigen Strauß weißer Rosen zutage. »Das ist wohl wahr, in der Tat«, erklärte er und überreichte der Hexe die Blumen. »Selbstverständlich ist es nur ein kleiner Aspekt dessen, wozu Dämonen imstande sind.«
Die Hexe quiekte beinahe. »Das ist ja umwerfend!«
In Nicks Augen flackerte ein gefährliches Funkeln. »Ach, das war doch gar nichts«, sagte er. Er beugte sich vor und flüsterte: »Wenn ich wollte, könnte ich diesen ganzen Tanzsaal einstürzen lassen,
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