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Hex

Titel: Hex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Kastenteufel schon einmal gesehen«, flüsterte sie und schaute dabei an Max vorbei zur Tür der Aussichtskammer.
    Max’ Fröhlichkeit wirkte aufgesetzt. »Klar, auf jedem Jahrmarkt, im Zirkus, in...«
    »Sie nennen ihn den Magier«, unterbrach sie ihn ruhig. »Wegen seines Talents und seiner Geschicklichkeit.«
    »Welches Talent ist das?« Sein falscher Frohsinn war jäh gewichen.
    »Er tötet. Im Auftrag anderer und ungeachtet aller Umstände. Er galt als perfekt.«
    »Galt?«
    Sie unterdrückte ein Zittern. »Nach seiner letzten... Arbeit verschwand er spurlos. Tauchte einfach unter. Jahrelang hat niemand mehr etwas von ihm gehört.«
    Max hob eine Hand zur Brust und kratzte sich geistesabwesend. »Selbst wenn, hätten wir es beim Hex kaum erfahren.«
    Mit einem entschiedenen Kopfschütteln widersprach sie: »Ich schon. Ich habe herumgehorcht, immer wieder, bei früheren Kollegen und jedem, der etwas darüber wissen konnte. Der Magier blieb verschwunden.«
    Sein Blick fiel auf ihre Waffe, die sie immer noch im Schoß hielt. Die Mündung wies zur Tür. »Aber dieser Würfel, ich meine, das war ein Scherzartikel. Irgendein Unsinn.« Seine Miene drückte tiefe Besorgnis aus. Nicht über das, was sie gesagt hatte – um sie selbst.
    »Er liebte solche Spielchen«, sagte sie. »Kleine Fährten, die ins Nichts führen. Taschenspielertricks und Hüte mit doppeltem Boden, weiße Tauben und bunte Tücher. Das waren seine Markenzeichen.«
    »Warum habe ich nie von ihm gehört?« wollte Max wissen.
    »Seine Existenz wurde geheimgehalten, wenigstens so weit wie möglich. Die Öffentlichkeit hat nie von ihm erfahren, nur von seinen Taten. Mindestens ein Dutzend Attentate, alle auf Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik, alle erfolgreich. Der Magier hat nie versagt. Und niemand kennt sein Gesicht, nicht einmal jene, die ihm während seiner Laufbahn auf den Fersen waren. Es gab ein paar Spuren, verlassene Hotelzimmer, ein, zwei liegengelassene Teile seiner Ausrüstung. Und natürlich seine Scherzartikel, Dinge wie dieser Würfel. Aber nichts davon hat je ausgereicht, ihn dingfest zu machen.« Ihre Hand legte sich fester um den Griff der Pistole. »Vor sechs Jahren hat er sich zur Ruhe gesetzt, wie irgendein Geschäftsmann oder Beamter. Er hat einfach mit dem Morden aufgehört und etwas anderes getan. Hühner gezüchtet, vielleicht. Oder Bilder gemalt. Weiß der Teufel!«
    »Vielleicht hat’s ihn auch erwischt«, schlug Max vor.
    »Mag sein. Keiner weiß es.«
    »Du weißt sehr viel über diesen Mann. Warst du...«
    »Ja«, bestätigte sie. »Ich war dabei, als er zum letzten Mal zuschlug. Ich war gerade erst zur Geheimpolizei gekommen. Man hatte mich zu einer Einheit versetzt, die inkognito mit Politikern und anderen Größen zu Auslandsbesuchen fuhr. Keine Leibwächter – von denen wurde meist nur eine Handvoll gestattet –, sondern so etwas wie eine geheime Eingreiftruppe. Das ist gang und gäbe und im großen und ganzen eine harmlose Sache. Es passiert so gut wie nie etwas, wenigstens nichts, das die offiziellen Leibwächter nicht in den Griff bekämen. Neulinge werden oft für solche Aufgaben eingeteilt, weil sie dabei erste Erfahrungen mit falschen Identitäten, Einsätzen im Ausland und einer gewissen Selbständigkeit in ihren Entscheidungen sammeln können, ohne in wirkliche Gefahr zu geraten. Für die meisten ist es kaum mehr als eine Art Schulausflug.«
    Max wollte die Waffe von ihren Oberschenkeln nehmen, aber sie entzog sie ihm mit einem grimmigen Blick. »Was ist damals geschehen?« fragte er.
    Sie holte tief Luft, als fiele es ihr schwer, sich zu erinnern. Dabei waren die Erinnerungen immer in ihr, überall, ganz gleich, was sie tat. Die Bilder umflatterten sie wie Krähen, halb unsichtbar am Nachthimmel und doch gegenwärtig. Aber die Erinnerung war nicht das einzige, das ihr folgte.
    »Ich war Anfang Zwanzig, und der Einsatz war einer meiner ersten. Ich und ein halbes Dutzend Kollegen reisten inkognito mit einem Mann namens Anton Saarbeck. Du wirst ihn nicht kennen, aber er war irgendein hohes Tier in der Waffenindustrie. Herstellung von Explosivstoffen, Handgranaten, Fliegerbomben. Alles, was dazugehört. Saarbeck, seine Frau und seine Kinder fuhren zu der Hochzeit eines dänischen Geschäftspartners. Die Feier fand ein paar Kilometer außerhalb von Kopenhagen statt, auf einem Landgut, das der Familie des Dänen gehörte. Ich und die anderen waren als Theatergruppe getarnt, deren Aufführung Saarbeck

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