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Hexe auf leisen Sohlen

Hexe auf leisen Sohlen

Titel: Hexe auf leisen Sohlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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überhaupt keine Rolle.
Selbstverständlich nur, wenn man das Boyd=Profil hat.
    Ich mixte mir einen Drink,
setzte mich an den Sessel am Fenster und betrachtete die Aussicht. Ich dachte
an Aubrey. Ich machte mir nicht das geringste vor. Ich hatte immer noch einen
schalen Geschmack im Mund und konnte ihn nicht einmal mit Gin und Tonic
hinunterspülen. »Wie ein Sohn«, hatte er strahlend gesagt.
    Wenn es Abstufungen der
Niedertracht gab, war ich während der letzten vierundzwanzig Stunden um zwei
Stufen tiefer gerutscht. Ich erinnerte mich an den Ausdruck auf Nickyboys Gesicht, als sie ihn gewaltsam aus Frazers
Sprechzimmer schafften, an die Art, wie seine Stimme plötzlich verstummt war.
Etwas zu plötzlich. »Bringt ihn zur Ruhe«, hatte Frazer gesagt. Ich dachte
lieber nicht darüber nach, was er mit dem Satz genau gemeint hatte.
    Nach einem weiteren Drink und
einer weiteren Zigarette hatte ich die Lösung. Ich konnte Nicholas Blair nicht
in dem Sanatorium lassen. Ich mußte ihn wieder herausholen. Es ließ sich sogar
mit meinem Berufsethos vereinbaren. Adele Blair hatte mir Neuntausend plus
Spesen gezahlt, damit ihr Mann in eine geschlossene Anstalt eingewiesen wurde.
Das hatte ich für sie erledigt. Der Auftrag war ausgeführt. Damit war sie nicht
länger meine Klientin.
    Es war in diesem Augenblick —
und es wurde langsam Zeit —, daß ich hinter die richtige Lösung kam. Wenn Adele
es sich so viel hatte kosten lassen, daß ihr Mann eingewiesen wurde, wieviel mehr würde es Nicholas sich dann kosten lassen,
wenn ich ihn wieder herausholte? Nicholas Blair wußte es noch nicht, aber er
war gerade mein neuester Klient geworden.
    Sofort begann ich mich in
meiner Haut wohler zu fühlen. Ich trat vor den Spiegel, der groß genug war, daß
eine Dame darin ihr Make = up überprüfen konnte, wenn auch nicht groß genug, daß er sie dabei in Verlegenheit
brachte, und sah mir selbst gerade in die Augen.
    »Danny«, sagte ich zu mir,
»wenn wir zwei schon ein Gewissen haben, dann ist es wenigstens ein Gewissen,
das uns Geld einbringt.«
    »Versuch doch nicht, mich auf
den Arm zu nehmen«, erwiderte das Spiegelbild kalt. »Du bist doch nur
herübergekommen, um dein Profil zu bewundern, das weißt du genau. Und die
rechte Seite ist immer noch eine Idee besser als die linke.«
    »Aber sie sind beide gut«,
entgegnete ich mir zufrieden.
    Es war gerade zehn Uhr durch,
als ich das Sanatorium erreichte. Zum erstenmal fand ich das Tor verschlossen.
Ein Bursche in einer Art Uniform tauchte im Licht meiner Scheinwerfer auf, als
ich anhielt. Ich sagte ihm, daß ich Dr. Frazer zu sehen wünsche, aber er war
nicht beeindruckt. Es kostete mich einen Fünfer, genügend Eindruck bei ihm zu
machen, daß er im Hauptbau anrief und Dr. Frazer meinen Namen durchgab.
    »Also los«, sagte der Wächter
ungehalten, als er vom Telefon zurückkam. »Der Doktor sagt, daß er sie
ausnahmsweise noch empfangen will.« Er schloß das Tor auf und schwang die
Flügel auseinander.
    »Sie können ihm von mir
ausrichten«, sagte ich, als der Wagen anrollte, »daß man auf diese Weise keine
Patienten bekommt. Wenn ich verrückt wäre, müßte man mich erst bestechen, ehe
ich zu einem Institut wie dem hier käme.«
    »Wie kommen Sie auf die Idee,
daß Sie nicht verrückt sind?« knurrte der Wächter. »Haben Sie einen Ausweis
oder eine Bescheinigung, die das beweist?«
    Darauf gab ich ihm keine
Antwort, weil mir keine einfiel. Ich fuhr weiter, parkte vor dem Haupteingang
und trat dann ins Haus. Die dürre Empfangsdame war nicht mehr da. Vielleicht
hatte sie sich zur Seite gewendet und war dadurch unsichtbar geworden. Ich ging
weiter, klopfte kurz an der Tür zu Frazers Sprechzimmer und trat dann ein.
    Frazer sprach rasch in das
Telefon und beachtete mich nicht. Ich setzte mich, zündete mir eine Zigarette an
und wartete. Ich wunderte mich, weshalb er überhaupt Psychiater geworden war.
    Mir schien, daß die kleinen
schwarzen Männer, die damals im Dschungel mit der ganzen Geschichte angefangen
hatten, schon auf den richtigen Dreh gekommen waren. Wenn sie einen Kerl
fanden, der nicht ganz richtig im Kopf war und dadurch Ungelegenheiten hatte,
schrumpften sie seinen Kopf ein, und damit schrumpften auch seine
Ungelegenheiten zusammen.
    Schließlich beendete Frazer
seine Unterhaltung und ließ den Hörer auf die Gabel zurückfallen. »Was gibt´s,
Mr. Boyd?« fragte er kurz.
    »Tut mir leid, daß ich Sie
behelligen muß«, begann ich höflich. »Ich habe über

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