Hexen-Horror
mein Deutsch verlassen und hörte: »Was kann ich für Sie tun?«
»Wir suchen eine Frau. Eine gewisse Elke Hirmer.«
Das freundliche Lächeln auf dem Gesicht verschwand. »Bitte, da kann ich Ihnen wohl kaum helfen. Es gibt wohl die Möglichkeit, die Dame ausrufen zu lassen und...«
»Moment«, sagte ich, »die Frau arbeitet an einem Glühweinstand.«
»Ach ja? Wo denn? Davon gibt es viele.«
»Stehen die Stände zusammen?«
»Nein, die verteilen sich schon. Ich könnte Ihnen wohl die Namen der Besitzer besorgen, wenn Sie Zeit haben und...«
»Nein, das wird nichts nutzen. Die Dame ist dort als Aushilfe beschäftigt.«
»Das dachte ich mir.«
»Danke sehr.«
»Viel Erfolg bei der Suche.«
Suko hatte zugehört. Er runzelte die Stirn und meinte: »Dann wird uns nichts anderes übrig bleiben, als Stand für Stand abzugehen und nach Elke Hirmer zu fragen.«
»Das sehe ich auch so.«
»Aber du denkst doch nicht daran, an jedem Stand ein Glas Glühwein zu trinken – oder?«
»Nein, nur an jedem zweiten.«
»Wie schön für uns.«
Um ehrlich zu sein, wir tranken an keinem der Stände einen Glühwein, an dem wir nach Elke Hirmer fragten.
Bei den ersten vier Stopps erlebten wir stets ein Achselzucken oder ein ärgerliches Kopfschütteln. Wer keinen Glühwein trank, der war hier nicht gern gesehen. Das Geschäft musste schließlich laufen.
Wir gaben natürlich nicht auf und entdeckten einen weiteren Stand, den fünften auf unserer Suche.
Er war nicht eben klein und bildete ein recht großes überdachtes Viereck. Dabei reichte das Dach so weit nach unten, dass die Gäste auch bei Regen geschützt waren, wenn er nicht gerade zu stark von der Seite her peitschte.
Einige runde Tische standen auch noch um den Stand herum, ansonsten kam er mir vor wie ein Tresen.
Es gab ja nicht nur normalen Glühwein. Das besondere an den Getränken war der Schuss darin. Man konnte ihn mit Rum bekommen, mit Amaretto, mit Likör oder eben pur.
Ein junger Mann sprach uns an. »Was kann ich Ihnen geben?«
»Zunächst eine Auskunft.«
»Da sind Sie hier falsch.«
Ich blieb freundlich. »Das kann man nie wissen. Arbeitet bei Ihnen eine Frau Hirmer?«
»Ja, stimmt.«
»Danke.«
»War das alles?«
»Zwei Glühwein mit Amaretto-Geschmack«, bestellte ich und hatte den Knaben schon mal besänftigt.
Während er die Getränke vorbereitete, ließen wir unsere Blicke kreisen. Am Stand arbeiteten fünf Mitarbeiter. Vier Frauen und ein Mann. Eine der Frauen musste Elke Hirmer sein.
Wir bekamen unsere Tassen mit dem aufgedruckten Logo des Münchener Weihnachtsmarkts und mussten für die Tassen noch Pfand zahlen, das wir später zurückerhalten würden.
»Und wer ist nun Elke Hirmer?«, fragte ich.
»Was wollen Sie denn von ihr?«
»Bestimmt nicht verhaften.«
»Ha, ha.« Der Typ drehte sich zur Seite und wies auf eine Frau, die im Moment nicht bediente und in einem großen Bottich herumrührte. Er stand dort, wo auch das breite Schild mit der Aufschrift ›FROHES FEST‹ hing. Mit den Tassen in der Hand gingen wir zu ihr und blieben vor ihr stehen.
»Frau Hirmer?«, fragte ich.
Die Frau hatte mich nicht gehört. Der Lärmpegel um uns herum war zu groß. Sie rührte weiter, kippte noch ein Gewürz aus einer Tüte in die Flüssigkeit, und ich ließ mir mit einer zweiten Ansprache Zeit.
Ich schätzte sie um die 40. Das Leben hatte schon Spuren bei ihr hinterlassen, denn ihr Gesicht zeigte alles andere als eine vorweihnachtliche Fröhlichkeit. Die scharfen Falten, die wie Sichel die Mundwinkel umstanden, zeigten die Sorgen an, die sich Elke Hirmer sicherlich auf Grund der Situation machte. Da konnte auch keine weihnachtliche Stimmung aufkommen. Sie trug eine Wollmütze, einen dicken hellen Pullover und eine grüne Schürze mit der Aufschrift »Fröhliche Weihnachten«. Unter dem Rand der Mütze schauten fahle Haarsträhnen hervor.
Sie rührte weiter und stand dabei im Dampf, der aus dem Kessel drang.
»Frau Hirmer.« Ich hatte lauter gesprochen, und jetzt reagierte sie auch. Sie ließ das Rühren sein und schaute uns an. Sofort sahen wir den misstrauischen Ausdruck in ihren Augen.
»Was ist denn?«
»Können wir Sie einen Moment sprechen?«
Lange überlegte sie nicht. Sofort stellte sie die Gegenfrage. »Sind Sie von der Polizei?«
»Müssen wir das sein?«
Mit beiden Händen winkte sie ab. In ihren Gesicht sahen wir das hektische Zucken. »Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß, verdammt. Bringen Sie mir meinen Sohn
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