Hexenblut
gestört. Er existiert nicht mehr.«
Sie atmete erleichtert auf. »Oh, der Göttin sei Dank. Ihr wisst also, dass ich unschuldig bin.«
Sie hörten ein Raunen, als murmelten die Richter untereinander, aber zu leise, so dass sie nichts verstehen konnte.
»Wir lassen dich frei. Aber seinen Platz müssen wir neu besetzen.«
»Mit wem?«, fragte Nicole.
»Mit einem, der ebenso oft Berührung mit dem Bösen wie mit dem Guten hatte.«
Angst packte Nicole. »Ihr meint doch nicht...«
Und dann war sie plötzlich weg.
Sie war wieder in Haus Moore.
Und Philippe und Eli starrten ihr ins Gesicht.
Philippe hielt Nicoles Hand, während er seinen Teil der Geschichte erzählte. Als er fertig war, beugte Richard sich vor und sagte: »Wir wissen also, dass Merlin ursprünglich einer der biblischen Magi war und die anderen ihn eingeschlossen haben. Die Frage lautet: Wie haben sie das gemacht, und wie können wir das wiederholen?«
»Ich erinnere mich kaum daran, was ich gesehen und gespürt habe, als wir im Kölner Dom waren«, erklärte Pablo. »Ich habe nach Philippe gerufen...« Er überlegte kurz. »Man hat ihnen etwas mit ins Grab gegeben. Ein Amulett.«
»Gut, Pablo. Das ist gut. Wie kommen wir daran?«, fragte Richard.
»Durch Gewalt«, antwortete Eli mit zusammengebissenen Zähnen.
In der Eiswüste: Holly
Holly schaffte es zwar, sich warm zu halten, aber es gelang ihr nicht, irgendetwas Essbares zu finden oder herbeizuzaubem. Ihr Magen knurrte zornig, und sie wusste, dass sie in Schwierigkeiten steckte. Ihre magischen Kräfte ließen zusehends nach, und sie wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sie endgültig versagten. Und dann würde sie verhungern. Wenn sie nicht vorher erfror.
Plötzlich zuckte ein grelles Licht auf, und als es erlosch, war sie nicht mehr am selben Fleck. Sie stand in einem Kreis aus Säulen und mächtigen, thronartigen Stühlen. War das eine Halluzination, hervorgebracht von ihrer Schwäche und dem nahenden Tod? Langsam drehte sie sich im Kreis.
»Holly Cathers. Wir sind die Richter. In dieser Welt und allen anderen Welten bewahren wir das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse. Das Gericht ist nicht vollständig, und wir müssen denjenigen ersetzen, der nicht mehr ist. Wir haben dich gewählt.«
Sie öffnete den Mund, um zu fragen, was das sollte, »doch auf einmal wusste sie es... alles. Sie sah Nicole an genau dieser Stelle stehen. Sie sah die Vernichtung des Richters, der das Gleichgewicht manipuliert hatte. Sie sah die Balance selbst, die über allen Raum und alle Zeit hinweg auf einer dünnen Spitze schwankte.
Heftig schüttelte sie den Kopf. »Nein, ihr könnt mich nicht nehmen!«
Und dann stand auf einmal die Göttin neben ihr, in ihrer Gestalt als Königin der Hexen. Holly hatte sie schon zu oft gesehen, ihr zu viel geopfert, um sie nicht augenblicklich zu erkennen.
»Nichts ist umsonst, alles hat seinen Preis«, erklärte die Göttin. »Das war dir bewusst, und dennoch hast du sowohl der Dunkelheit als auch dem Licht Opfer dargebracht. Dies ist jetzt dein Schicksal. Wenn du es verweigerst, bedeutet das für alle, die du auf Erden liebst, Tod und Vernichtung.«
»Dann lasst mich ihnen helfen«, beharrte Holly. »Sie lieben Euch. Sie verehren Euch. Wie könnt Ihr mir da mit ihrem Tod drohen?«
Die Göttin betrachtete sie. Ihr Gesicht war wunderschön und schrecklich zugleich. Ihre Augen waren strahlend blau, die Lippen perlmuttrosa. Doch als sich das Licht veränderte und schließlich ihre Augen traf, verfinsterten sie sich.
»Das ist keine Drohung«, entgegnete sie. »Sondern das, was tatsächlich geschehen wird. Du könntest ihnen helfen, indem du das Gleichgewicht schützt. Mit allem anderen verdammst du sie zum Untergang.«
Holly sank auf den Marmorboden nieder. Sie hatte gewusst, dass sie einen Preis würde zahlen müssen, doch so etwas hätte sie niemals erwartet.
Jer, schrie sie in Gedanken auf.
Holly.
Sie konnte ihn hören und in ihrem Herzen und ihrem Geist spüren. Nach so langem Schweigen war er wieder bei ihr. Sie schloss die Augen und weinte.
Comment je t'aime. Comment je t'adore.
»Wenn du ihn liebst und ihm nicht den Tod wünschst, musst du ihn loslassen«, verkündeten die Richter. »Für immer und ewig. Du wirst ihn niemals wiedersehen.«
Da erkannte sie, dass sie die Hoffnung nie ganz aufgegeben hatte, sie könnten eines Tages doch zusammen sein. Denn sonst hätten ihr diese Worte nicht das Herz gebrochen.
Köln, Deutschland: Die
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