Hexenblut
fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Das ist Schloss Ca...«
Er verstummte, als er eine Bewegung auf der Straße wahrnahm und sah, dass sich ein Wagen näherte. Er beobachtete, wie das Auto stehen blieb.
Und Kari ausstieg.
»Oh Gott!«, rief er, und im selben Moment schrien die Frau und der Mann: »Kari!«
Alle drei rannten zu ihr hin. Die Frau erreichte Kari als Erste und schlang die Arme um sie. »Wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht. Was ist passiert?«
»Wo hast du gesteckt?«, fragte Dr. Temar streng. »Warum bist du einfach verschwunden?«
Der asiatisch aussehende Mann blinzelte. »Ich kenne Sie doch. Sie sind Dr. Temar, von der Universität.«
»Ja«, sagte Nigel. »Und Sie sind Tommy Nagai. Ein Freund von Kari. Ich habe nach ihr gesucht. Und mein System...« Er deutete auf sein Ortungsgerät, ein einfaches schwarzes, rechteckiges Kästchen, und rang sich ein schwaches Lächeln ab. »Mein System hat funktioniert.«
»Wahrscheinlich, weil heute Wolfmond ist«, sagte Amanda. »Der richtige Tag für wilde Arbeit.« Sie holte tief Luft. »Ich bin Amanda Anderson. Ein paar von uns... haben sich öfter mit Kari getroffen.«
»Magische Rituale durchgeführt, meinst du wohl«, sagte Dr. Temar. »Mit Jer Deveraux.«
»Und Sie haben Kari zurückgebracht«, erwiderte Amanda. »Aber nicht durch Magie.«
Der Boden unter ihren Füßen bebte.
Heftig.
»Was ist los?«, rief Dr. Temar. Er packte Kari und hielt sie fest, als der Fleck Erde, auf dem er stand, sich plötzlich hochschob, so dass sie beide hinfielen. Er hörte Tommy schreien, dann begann Amanda auf Lateinisch oder in einer noch älteren Sprache zu reden. Wolken aus Staub und Erde schossen empor, und Dr. Temars linkes Bein baumelte plötzlich in der Luft. Die Arme um Kari geschlungen, stemmte er sich auf die Ellbogen und schaute über die Schulter. Ein riesiger Riss lief im Zickzack durch die Wiese auf sie zu.
»Kari!«, schrie er und stieß sie beiseite. Doch der Spalt öffnete sich noch weiter und sandte kleine Risse in ihre Richtung, als verfolgte er sie. Nigel rappelte sich auf, packte sie bei den Handgelenken und zerrte sie zur Straße.
Er spürte einen mächtigen Windstoß, gefolgt von einem Donnerschlag wie ein Überschallknall. Er wirbelte herum, und Rauch und Dampf quollen aus dem Spalt.
Die Luft waberte, der Himmel verdüsterte sich und sank tief über sie herab. Ein blauweißes Glühen brach aus dem gewaltigen Riss im Boden hervor.
Und darin stand ein Mann, umgeben von einer Kugel aus eisigem Licht. Er trug einen mitternachtsblauen Magierumhang samt Kapuze, mit Monden und Sternen bestickt. Sein Gesicht war ledrig und alt, und ein weißer Rauschebart hing ihm auf die Brust. Seine Augen hatten einen unheimlichen Blauton.
Die Kugel verschwand, und er stand vor der Ruine von Schloss Cahors.
»Merci«, sagte der Mann zu Kari.
Amanda starrte ihn an. Er erinnerte sie an jemanden, an ein Bild aus einem Buch vielleicht... ein Buch... das Buch.
Kari sagte: »Owen.«
»Ist er hier?«, fragte der Mann und straffte die Schultern. »Ich verlange das Kind.«
»Owen?«, fragte Tommy. »Woher wissen Sie...«
»Wer sind Sie?«, fragte Dr. Temar.
»Oh Göttin«, flüsterte Amanda. »Ich weiß, wer das ist.« Sie holte tief Luft. »Merlin.«
»Merlin?«, echote Tommy mit großen Augen. »Wie der im Film?«
»Film?«, brüllte der Mann. »Hast du keine Augen im Kopf, Bursche?«
»Owen«, sagte Kari erneut.
Amanda starrte den Mann an. Merlin. Er war doch wohl nicht... aber wo war Nicole gefangen gehalten worden? Auf der Insel Avalon. Und was hatte sie ihnen gesagt? Dass dort etwas gewesen sei. Etwas Uraltes.
»Ich habe dir befohlen, ihn mitzubringen«, knurrte Merlin mit zusammengebissenen Zähnen. Er sprach mit Kari.
Sie schüttelte den Kopf. »Nichts gehört.«
Er ballte die Hände zu Fäusten. »Noch immer hintertreiben sie alles, was ich tue! Noch aus dem Grab verhöhnen sie mich! Melchior, Caspar, Balthasar, ich werde euch vernichten.«
»Die Weisen aus dem Morgenland«, murmelte Amanda.
Merlin fuhr zu ihr herum. Sein Gesicht war vor Wut verzerrt. »Weise, von wegen. Skrupellose, durchtriebene, gewissenlose Bastarde. Wo ist das Kind?«
Tommy sah Amanda an. »Was ist hier los?«
Plötzlich lächelte Merlin. Er atmete langsam aus, und seine Miene wurde weich. Er zog sich die Kapuze vom Kopf und enthüllte eine lange weiße Mähne, die er rasch mit den Fingern kämmte.
»Verzeihung. Ich war so lange fort. In Gefangenschaft.
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