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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Viguié , Nancy Holder
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von Ketten um den Hals. Seine Füße waren nackt. Sein linkes Auge war milchig-weiß, und das Lid des rechten hing halb herab. Obwohl er kahlköpfig war, rollte sich sein langer weißer Bart in seinem Schoß zusammen wie eine Schlange.
    Anne-Marie kniete sich vor ihn auf den Boden aus gestampfter Erde und bot ihm einen Korb voller Trockenfrüchte und frischer Mangos dar. Ich bete darum, dass die Göttin mich zu meinen Antworten geführt hat. Sie presste die Handflächen aneinander und senkte den Kopf.
    »Großer Swami, göttlicher Seher«, begann sie, »danke, dass Sie mich empfangen.«
    »Die Waage geneigt«, flüsterte er mit starkem Akzent. »Muss berichtigt werden.« Seine zitternde Hand glitt zu dem Korb und huschte wie eine Spinne über die Schale einer Mango. Er packte sie und lachte gackernd. »Gleichgewicht.«
    Sie wartete schweigend ab. Er biss in die Mango, ohne sie zu schälen. Duftender Saft rann ihm übers Kinn. Er grinste sie zahnlos an und wiegte sich vor und zurück. Dann ließ er die Mango in seinen Schoß fallen und griff nach der nächsten.
    »Swami«, versuchte sie es vorsichtig, »wir wollten über die Hexen sprechen, die ich suche. Holly, Amanda und Nicole.« Der Swami und sie hatten bisher nur Briefkontakt gehabt.
    »Handel.« Er wackelte wie tadelnd mit dem Zeigefinger und schnupperte an der Frucht. »Gleichgewicht.«
    II est fou. Er ist verrückt. Schon wieder eine Sackgasse, dachte Anne-Louise zutiefst enttäuscht. Sie war sicher, dass die Runen ihr geraten hatten, nach Indien zu reisen, nach Bombay, das man heutzutage Mumbai nannte. Und ihre Kristallkugel hatte sie zu diesem Mann geführt, Swami Mukherjee.
    Aber... starke magische Fähigkeiten ließen einen Menschen manchmal nach außen hin verrückt erscheinen. Wenn sie zu ihm durchdringen, sich ihm verständlich machen könnte...
    »Swami, diese Frauen sind in großer Gefahr«, sagte sie. »Ich muss sie finden.«
    Er nickte. »Tempel der Sonne, suche dort. Aber ... Gleichgewicht, Frau!«
    Tempel der Sonne? »Meinen Sie Machu Picchu?«, fragte sie. »Den Sonnentempel in der Ruinenstadt in Peru?«
    Er brach in schallendes Gelächter aus. Der Boden unter ihren Füßen wackelte ein wenig. War er das? Oder ein Erdbeben? Sie spannte sich an und beobachtete ihn, um zu sehen, ob er es auch gespürt hatte. Zu ihrer Überraschung schlang er die Arme um sich und begann zu wimmern.
    »Still!«, flüsterte er und schüttelte den Kopf. »Zu viel, zu viel!«
    Er sprang auf. Die beiden Mangos fielen zu Boden und hüpften wie Tennisbälle. Der Korb voller Trockenfrüchte kippte um. Ein Stück Plastikplane riss von dem Dach aus Bambuspfosten und Strohmatten ab und blieb an Anne-Louises Kopf hängen wie ein Banner.
    »Swami Mukherjee«, sagte sie und streckte die Hand nach ihm aus. Er wich zurück und schüttelte den Kopf. »Wir müssen hier raus.«
    Er begann zu brabbeln. Unsicher stand sie auf, und ihr Blick fuhr hoch, als ein Pfosten umkippte und sie fast an der Schulter traf. Sie schnappte nach seiner Hand, doch sie wurde rücklings auf den Boden geschleudert, als die Hütte heftig erbebte. Eine weitere Plastikbahn senkte sich auf ihr Gesicht herab, so dass sie nichts mehr sehen konnte. Der Boden bäumte sich wellenartig auf, und sie schrie.
    »Swami!«, rief sie, schob die Plane beiseite und setzte sich auf...
    ... gerade rechtzeitig, um mit anzusehen, wie sich der Boden in der Mitte der Hütte spaltete, so dass zwei Inseln entstanden, getrennt durch einen Spalt voll brodelndem Dampf. Mit einem letzten, schrillen Schrei verschwand Swami Mukherjee in dem rauchenden Abgrund, und Anne-Louise schwankte am Rand.
    »Ma Déesse!«, schrie sie, als sie abzustürzen drohte.
    »Alors!«, rief ein Mann, und eine starke Hand schlang sich um ihre Taille. Jemand riss sie zurück, während der Rauch, der aus dem Abgrund hervorquoll, ihr die Kehle zuschnürte und in ihren Augen brannte.
    Der Mann führte sie hastig nach draußen und murmelte dabei Zaubersprüche. Anne-Louise erkannte die einmalige Mischung aus Katholizismus und weißer Magie, die männliche Hexen aus Europa gebrauchten. Schließlich erkannte sie auch seine Stimme, ehe ihre tränenden Augen ihn sehen konnten.
    »Du bist Philippe vom spanischen Zirkel«, sagte sie, krümmte sich und hustete erstickt.
    »Oui.«
    Er eilte zurück in die Hütte. Sie sah und spürte das perlweiße Leuchten seiner Magie in der Luft und hörte ihn auf Französisch heiser fluchen.
    Dann tauchte er wieder auf. »Fort«, sagte

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