Hexenblut
drehte die Monde andersherum.
Die Welt veränderte sich um sie, das Dorf wich einer Stadt. Dann befand sie sich plötzlich unter Wasser, doch welche Magie oder Wissenschaft hier auch wirken mochte, der magische Gegenstand schützte sie und hielt sie trocken, in einer schützenden Blase.
Sie schnappte nach Luft und hielt die Monde ganz an. Im Wasser über sich sah sie ihren Sohn Eli und die männliche Hexe Philippe. Sie rangen miteinander, doch einen Augenblick später trennten sie sich. Beide versuchten, zur Oberfläche zu gelangen, doch anscheinend schafften sie es nicht. Sie würden ertrinken.
London: Kari, Hecate und Osiris
Irgendwie waren alle netter zu ihr, wenn man sie für taub hielt. Vielleicht war das auch Hecates Magie. Jedenfalls bekam Kari ein Upgrade in die First Class für den Flug von Seattle nach London. In Heathrow wurde sie mit ihrem »Paket« wiedervereint und stellte erstaunt fest, dass weder der Zoll noch sonst jemand es geöffnet hatte. Sie rollte es mitsamt Hecate in ihrer Transportbox auf einem Gepäcktrolley in eine dunkle Ecke, machte es auf und fand Osiris ruhig und wach darin vor. Sie fragte sich, wovon tote Katzen wohl träumten.
Es war nicht schwer, ein Auto zu mieten, einen weißen Corsa, und ihre kleine Reisetasche mit ihrem Kulturbeutel und zweimal Kleidung zum Wechseln im Kofferraum zu verstauen. Die beiden Katzen ließ sie im Wageninneren frei. Sie setzten sich neben sie auf den Beifahrersitz. Hecate starrte Kari eindringlich an, als sie vom Parkplatz der Autovermietung fuhr.
Ich werde dich führen. Die Fahrt dauert mindestens sechs Stunden.
»Müde«, protestierte Kari.
Inner Ring East.
Kari fuhr seufzend los, als der Himmel seine Schleusen öffnete und es in Strömen zu regnen begann. Ihre Nerven kribbelten - hatten Fluten und Feuersbrunst sie auch hierherbegleitet?
Ich will aus alledem raus. Nur raus, dachte Kari.
Berlin: Jer und Eve
Jer stöhnte im Schlaf und weckte Eve damit auf. Sie drehte sich auf die Seite und betrachtete ihn. Sie waren in einer kleinen Pension in Berlin, wo sie am Abend zuvor ein Zimmer bekommen hatten. Sie fragte sich, wovon er träumte. Und wie lange sie die Scharade noch würde aufrechterhalten können. Schon ein Dutzend Mal hätte sie ihm beinahe die Wahrheit gesagt.
Sie mussten Eli finden. Der Oberste Zirkel war willens, die Deveraux mit offenen Armen zu empfangen. Wenn der Tag kam, an dem Eli und Jer endlich zurückkehrten und ihren Platz an der Spitze der Organisation einnahmen, würde sich alles verändern.
Eve hatte lange als Sir Williams Jagdhund gedient. Es machte ihr nichts aus zu töten, doch selbst sie wurde des ständigen Überlebenskampfes allmählich überdrüssig. Sie hatte immer gewusst, dass Sir William sich früher oder später gegen sie wenden würde, wie er es bei all seinen Schoßhündchen getan hatte. Aber jetzt, da er weg war, sah sie eine Chance, dass sich etwas ändern könnte. Natürlich nur, sofern er wirklich weg war.
Sie hatte so ihre Zweifel daran. Der Körper mochte tot sein, aber sie war ziemlich sicher, dass Sir William eine Möglichkeit gefunden hatte, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen. Nur - wo war er? Warum wartete er still ab, vor allem, da Michael Deveraux und sein eigener Sohn James tot waren? Verschwörungen innerhalb von Verschwörungen. Hexerpolitik war schwerer zu durchschauen als die der gewöhnlichen Welt.
Es war durchaus möglich, dass das Angebot, Jer den Totenkopf-Thron zu überlassen, auch nur eine dieser Intrigen war. Aber falls es so sein sollte, konnte sie den Marionettenspieler hinter den Kulissen nicht erkennen.
»Holly«, murmelte Jer.
Eve verdrehte die Augen gen Himmel. Er träumte von dieser Cathers-Hexe. Die stehen Romeo und Julia wirklich in nichts nach, was Liebe unter einem schlechten Stern angeht, dachte sie. Sie stand auf und schlich sich hinaus, um die frische Nachtluft zu genießen. Die Göttin regierte bei Nacht, doch Eve war die Ausnahme unter den Hexern: Sie fürchtete weder Nacht noch Tag.
»Verfolgst du mich eigentlich aus einem bestimmten Grund?«, fragte Jer genervt und starrte Eve missmutig an.
»Tut mir leid. Ich verfolge dich nicht, ich reise mit dir«, entgegnete sie knapp.
»Warum?«
»Weil du zumindest theoretisch nach deinem Bruder suchst. Also finde ich ihn wohl am ehesten, wenn ich mich in deiner Nähe halte.«
»Wozu? Damit du ihm an meiner Stelle den Totenkopf-Thron anbieten kannst? Als wäre es dem Obersten Zirkel egal, wer ihn anführt, solange
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