Hexenblut
gemahlenen Haselnüssen bestreut und insgesamt dreizehn dieser Kristalle in einem Kreis darauf aufgestellt. An den vier Ecken der Kücheninsel brannten weiße Kerzen, und in der Mitte stand eine Statue der Göttin in ihrer Inkarnation als Jungfrau Maria. In einem kleinen, nischenförmigen Altar neben dem Kühlschrank loderte eine Flamme, die Hestia, der griechischen Göttin des Herdfeuers, geweiht war. Eine Locke von Holly brannte darin.
Kari rückte ein Stück beiseite, so dass sie Anne-Louise über die Schulter schauen konnte. Sie sah Holly, die sich vor Schmerzen wand, und ihre Haut färbte sich schwarz, als wäre sie verbrannt. Sie steckte in Schwierigkeiten. Genau wie alle anderen, die bei ihr waren, darunter auch... Jer!
Kari erinnerte sich an Schmerz und Tod. Sie erinnerte sich an Jers Messer an ihrer Kehle, als sie im Hauptquartier des Obersten Zirkels in London sterbend am Boden gelegen hatte. An die liebevollen Worte in Altfranzösisch, die sie gewechselt hatten, ehe er ihr die Kehle aufgeschlitzt hatte. Sie hatte ihn darum angefleht - es war Windmond gewesen, und wer immer sie tötete, auf den würde ihre Magische Kraft übergehen. Sie wollte nicht zulassen, dass sie Michael Deveraux zufloss, der sie verwundet hatte. Stattdessen vermachte sie sie Jer, dem Mann, den sie in diesem Jahrhundert verloren hatte, wie auch in Frankreich vor so langer Zeit.
In einem anderen Jahrhundert, im mittelalterlichen Frankreich, waren sie ein Liebespaar gewesen - Karienne und Jean. Sie war seine geliebte Mätresse, seine kostbare französische Lilie, und sie lebten in einem Dauerzustand dekadenter Genusssucht. Als seine Vermählung mit Isabeau arrangiert wurde, schob er Karienne um ihretwillen beiseite, und sie fand sich damit ab, denn sie wusste, dass es dabei um die Politik von Adelshäusern ging. Da sie selbst eng mit dem Haus Deveraux verbunden war, sah sie ein, dass er die feindliche Hexe heiraten musste, um sein edles Geschlecht zu schützen. Doch Kari wusste, dass Jean sie liebte. Sein Herz gehörte ihr, und das würde ihr in den langen Jahren, die nun vor ihr lagen, ein Trost sein.
Graf Alois, ihr neuer Herr und Gönner, hatte ihr mitteilen lassen, dass er sie nach der Hochzeitsfeier abholen werde. Ihre Sachen waren schon gepackt, und bald würde sie mit ihm in Paris leben. Ihr blieb noch eine kostbare Stunde, bis sie gezwungen sein würde, bewundernd zu einem Mann aufzublicken, der nicht Jean war. Er würde sogar ihr rechtmäßiger Ehemann werden. Also stahl sie sich in die Kirche, um vom Turm aus zuzuschauen. Denn zu sehen, wie Jean nur um des äußeren Anscheins willen mit einer anderen vermählt wurde, war immer noch besser, als ihn überhaupt nicht mehr zu sehen.
Wind und Feuerschein warfen seltsame Schatten auf die schimmernde Versammlung da unten. Silber und Schwarz trugen die Cahors, Rot und Grün leuchteten die Gewänder der Deveraux. Edelsteine, Gold, Silber. Der Geruch der Blutopfer hing in der Luft; das Jammern der Leibeigenen, die die Toten beklagten.
Er gehört mir, dachte sie, während sie auf ihren prachtvollen, verlorenen Jean hinabblickte. Sie grub die Fingernägel in die Handflächen und betete darum, dass sie sein Kind unter dem Herzen tragen möge. Sie war nicht sicher, vermutete es aber.
Als Blutstropfen aus ihrer rechten Handfläche quollen und die Lebenslinie entlangrannen, schlitzte Jeans Vater, Duc Laurent, Jean mit einem Zeremoniendolch die Pulsader auf, und Isabeaus Mutter tat bei ihrer Tochter dasselbe. Dann wurden die beiden an den Handgelenken aneinandergefesselt.
Ein Blitz fuhr herab. Donner grollte, und die Fackeln flackerten. Wer war diese Frau, die in einiger Entfernung stand und weinte?
Wolken schoben sich vor den Mond. Blitze zischelten wie fallende Sterne herab. Und dann fuhr Karienne Trauer wie ein Dolch durchs Herz: Als sein Blut sich mit Isabeaus vermengte, änderte sich plötzlich seine Miene. Er stand nicht länger steif und reserviert da und funkelte das Miststück beinahe finster an. Nein, jetzt beugte er sich zu ihr hinüber und starrte sie an wie ein Verhungernder eine Festtafel. Er glühte vor Anbetung, völlig hingerissen. Er liebte Isabeau, seine Braut.
»Non«, protestierte sie und umklammerte das hölzerne Geländer. Es hatte doch eine politische Zweckehe sein sollen - niemand hätte sich träumen lassen, dass die beiden irgendetwas anderes als puren Hass füreinander empfinden könnten... doch als Jean Isabeau betrachtete, nahm sein hartes Gesicht einen
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