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Hexenfluch: Roman (German Edition)

Hexenfluch: Roman (German Edition)

Titel: Hexenfluch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Nicht umsonst gehören einige mehr als hochkarätige Anwälte zu den Stammgästen.«
    »Ich bin nicht sicher, ob mich das wirklich beruhigt.« Vorsichtig stellte sie ihr Glas auf den Tisch zurück.
    »Nicht? – Würde es Sie beruhigen, wenn ich Ihnen sage, dass Paparazzi hier von Claude persönlich geteert und gefedert und anschließend von der Dachterrasse geworfen werden? Ohne Fallschirm. – Wohlgemerkt: Wir sind im 20. Stock.« Er klang so todernst, dass Ella ihm möglicherweise sogar bei jeder anderen Gelegenheit geglaubt hätte. So absurd es auch war. Sein kurzes, schnelles Lächeln, das nur einen Mundwinkel hob, ließ sie ihr eigenes hinter der Hand verbergen.
    »Und was geschieht mit Gästen, die die Rechnung nicht zahlen können?«
    Er schob sein Glas beiseite, sah sich verstohlen um und beugte sich dann noch weiter zu ihr. »Kennen Sie Shakespeares Der Kaufmann von Venedig? «
    »Natürlich kenne ich …« Ella riss in gespieltem Entsetzen die Augen auf, als ihr klar wurde, was er meinte. »Nein«, hauchte sie scheinbar fassungslos.
    »Aber ja.« Havreux nickte nachdrücklich.
    Sie lehnte sich ihrerseits vor. »Dann hoffe ich, dass Ihre Kreditkarte gedeckt ist.«
    »Absolut. Kein Limit. – Weibliche Schuldner werden übrigens nur am Stück verkauft. An den Meistbietenden. Auktion jeden Mittwoch und Samstag.« Er senkte die Stimme ein bisschen mehr. »Sie glauben gar nicht, wie viele der anwesenden Herren auf diese Weise schon ihre Ehefrauen gefunden haben. – Und vor allem: wieder losgeworden sind.«
    Diesmal konnte Ella sich das Lachen nicht mehr verbeißen. Von neuem wurden ihnen von den Nachbartischen Blicke zugeworfen. Die Heiterkeit blieb ihr im Hals stecken, als sie einem davon begegnete.
    »Dr. Thorens?«
    Sie starrte die Frau noch an, als die sich schon wieder abgewandt hatte.
    »Dr. Thorens? – Ella?« Nur langsam drang Christian Havreux’ Stimme in ihr Bewusstsein.
    »W-was?« Selbst jetzt fiel es ihr schwer, die Augen von der Frau zu lösen und zu Havreux hinzusehen. Für einen Moment hatte sie gedacht … gehofft … Nein.
    »Das wollte ich Sie gerade fragen. Sie sind weiß wie das Tischtuch. Was ist passiert?« Seine Brauen waren zusammengezogen.
    »N-nichts.« Ein weiteres Mal sah sie zu der Frau hinüber. Diesmal folgte er ihrem Blick. Nein. Sie hatte sich geirrt.
    »So sehen Sie aber nicht aus.« Er hatte sich erneut vorgebeugt, seine Aufmerksamkeit wieder ihr zugewandt. Streckte abermals die Hand nach ihrer aus. Und ließ sie wie zuvor auf den Tisch sinken, ehe er ihre berührt hätte. »Genau genommen hätte man glauben können, Sie wären einem Geist begegnet. – Sagen Sie mir, was los ist.«
    Ella schaute auf seine Hand. Da war ein Unterton in seiner Stimme …
    »Meine Mutter … ich dachte, diese Frau … sie sah ihr ähnlich …«
    Die kleine Falte zwischen seinen Brauen vertiefte sich. »Sie sind auf der Suche nach Ihrer Mutter?«
    »Ja. Nein. – Nicht mehr.«
    Einen Moment blickte er auf ihre Hände, dann legte er seine über ihre. Sie war eiskalt.
    »Erzählen Sie mir, was passiert ist?« Seine Worte klangen wie eine Frage. Und fühlten sich nicht so an.
    »Sie verschwand, als ich vier war. Ich kann mich nicht mehr wirklich an sie erinnern …«
    »Sie erinnern sich offenbar genug, um sie zu vermissen. – Was ist damals geschehen?«
    »Ich … weiß es nicht.« Ella schaute erneut auf ihre Hände. »Am Abend hat sie mich zu Bett gebracht und mir aus meiner Lieblingsgeschichte vorgelesen.« Seine schien beinah … durchsichtig zu sein. Er zog sie zurück. »Und am nächsten Morgen war sie fort.« Sie hob den Blick, begegnete seinem. Kühl und dunkel. »Es gab keinen Streit zwischen meinen Eltern. Sie war nur einfach nicht mehr da. Mein Vater …« Sie schüttelte den Kopf. Schluckte. Selbst nach all den Jahren drohte ihre Stimme zu versagen. Ihre Welt war damals mit einem Schlag zerbrochen. Nicht nur, weil ihre Mutter plötzlich spurlos verschwunden war, sondern auch, weil ihr Vater von einem Tag zum nächsten ein anderer Mensch gewesen war. Aus einem Zuhause voller Liebe und Harmonie war ein kalter, dunkler Ort geworden, an dem es kein Lachen mehr gab. Und aus ihrem sanften, liebevollen Vater ein bitterer, hartherziger Mann.
    ›Deine Mutter war eine Hure und eine Hexe!‹ Wie oft hatte sie diese Worte von ihm zu hören bekommen, jedes Mal, wenn sie es in der darauffolgenden Zeit gewagt hatte, entgegen seinem ausdrücklichen Verbot nach ihr zu fragen.

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