Hexenfluch: Roman (German Edition)
wirklich passiert, ist es zu spät und es gibt keinen Weg zurück. – Aber in der Regel bereuen sie nicht, was sie getan haben. Immerhin bringt ein solcher Pakt ihnen mehr Macht und in der Regel ein langes Leben in ziemlichem Luxus. Und ganz nebenbei auch noch ewige Jugend und Schönheit.« Er hob den Blick, schaute sie wieder an. »Manchmal gehen auch Menschen ohne die Gabe einen Pakt mit Dämonen ein, weil sie sich davon mehr Geld oder Macht versprechen oder …«
»… oder Schönheit und Jugend?« Der alte Traum. Wie in einem schlechten Film. Einem sehr schlechten.
»Ja.«
»Bekommen sie das alles denn auch?«
»Solange sie den Dämonen von Nutzen sind …«
»Und wenn sie es nicht mehr sind?«
»Dann fordert die Natur sehr schnell und sehr gnadenlos ihr Recht. – Sie kennen Das Bildnis des Dorian Gray? «
Ella nickte.
»Als junge Frau von zwanzig am Abend zu Bett zu gehen und am nächsten Morgen als mumifizierte Greisin wieder aufzuwachen, kann da schon mal vorkommen. Wenn man überhaupt wieder aufwacht.« Er schüttelte den Kopf. »Wenn einer der Dämonenfürsten auf Sie aufmerksam wird … oder einer ihrer Statthalter hier – oder auch nur einer ihrer menschlichen Handlanger …« Seine Augen schienen noch dunkler zu werden, eindringlich. »Sie dürfen niemandem trauen, Ella – Verzeihung, Dr. Thorens –, versprechen Sie mir das. Aber vor allem müssen Sie lernen, Ihre Macht zu beherrschen. So schnell wie möglich.« Er lehnte sich abermals ein Stück weiter vor. »Bitte! Erlauben Sie mir, Ihnen wenigstens die Grundlagen beizubringen. Lassen Sie mich Ihnen zeigen, was Sie wissen müssen, um wieder als Ärztin arbeiten zu können. Mehr möchte ich gar nicht.«
Er hätte keinen besseren Köder vor ihrer Nase baumeln lassen können. Sie hatte ihr ganzes Leben nichts anderes gewollt, sich nie etwas anderes vorstellen können, als kranken Menschen zu helfen. Der Gedanke, es nicht mehr zu können, war mehr als unerträglich. Sie verschränkte die Finger ineinander und hoffte, dass ihm nicht auffiel, wie hart sie sie umeinanderschlang.
»Und wer sagt mir, dass ich Ihnen trauen kann, Mr. Havreux?« Aber hatte sie denn eine andere Wahl?
»Touché, Dr. Thorens.« Sein leises Lachen verblüffte sie. »Und Sie haben recht. Woher sollen Sie wissen, dass ich kein falsches Spiel mit Ihnen spiele.« Er zuckte kaum merklich zusammen. »Aber bedenken Sie eines, Ella: Ich müsste Ihnen das alles nicht erzählen. Ich könnte den netten Burschen mimen und Sie dabei still und heimlich an mich binden. Sie kennen mich oder meine Fähigkeiten nicht, geschweige denn meine Welt. Sie würden nicht einmal merken, was ich tue, bis es zu spät wäre. Und vielleicht noch nicht einmal dann. – Außerdem vergessen Sie eines: Ich stehe in Ihrer Schuld. Verdammt tief. Und ich nehme so etwas sehr ernst. – Aber ich mache Ihnen einen Vorschlag.« Geschmeidig und auf eine seltsame Weise steif zugleich, drückte er sich aus dem Sessel hoch. »Denken Sie über mein Angebot nach. Ich kann verstehen, dass Sie durcheinander sind. Schlafen Sie eine Nacht darüber. Ich komme morgen wieder.«
»Was?« Verblüfft blinzelte Ella ihn an.
»Denken Sie über alles nach, was ich Ihnen erzählt habe. – Allein und in Ruhe.« Er vergrub die Hände in den Hosentaschen. »Ich werde Sie zu nichts drängen.« Wie suchend sah er sich um, ging dann zu dem Sideboard neben der Tür, schrieb etwas auf den Notizblock beim Telefon, riss das Blatt ab und reichte es ihr über die Sofalehne hinweg. Ella starrte einen Augenblick überrascht darauf. »Unter dieser Nummer können Sie mich erreichen, falls etwas ist. Egal, wann. Ich will nicht versprechen, dass ich immer sofort rangehen kann, aber Sie brauchen mir, falls das passiert, keine Nachricht zu hinterlassen. Ich kenne Ihre Nummer. Ich melde mich dann bei Ihnen, sobald es mir möglich ist.« Er deutete zur Küche hinüber. »In der Kanne neben dem Herd steht der Rest Ihrer Medizin. Es dürften noch drei Tassen sein. Sie sollten sie heute noch ganz trinken. Die Letzte am besten vor dem Zubettgehen.« Er nickte ihr zu. »Wir sehen uns morgen, Dr. Thorens.«
Noch immer irritiert sah Ella ihm zu, wie er zur Tür ging, nicht sicher, was sie mehr überraschte: Sein abrupter Aufbruch oder dass er ihr so einfach seine Handynummer gab und sagte, sie könne ihn jederzeit erreichen. Dann fiel ihr etwas anderes ein.
»Mr. Havreux.«
Schon fast an der Tür, drehte er sich zu ihr um. »Dr.
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