Hexenfluch: Roman (German Edition)
Krankheit eingehen. Langsam und qualvoll.«
»Sie werden dich verdächtigen.«
In geheucheltem Entsetzen riss sie die Augen auf. »Was kann ich dafür, wenn der Wandlerbengel irgendwelche Krankheiten mit sich herumschleppt.« Lachend lehnte sie sich bequemer in ihrem Sessel zurück. »Natürlich werden sie das. – Es wird eine Warnung für jeden sein, der es wagt, sich meinen Wünschen zu widersetzen.«
»Und der Kleine?« In seinem Magen saß ein warnendes Brennen.
Abfällig schnalzte sie mit der Zunge. »Du langweilst mich.« Abermals hob sie den Wein an die Lippen, senkte ihn wieder. »Verschwinde, Kristen.« Mit dem Glas wies sie zu den Türen. »Du weißt, was du zu tun hast: Bring mir die Puppenspielerin und mach aus dem Kleinen eine Hure.«
Für eine Sekunde sahen sie einander über den Schreibtisch hinweg an, dann verzog Kristen träge die Lippen. »Wie meine Herrin befiehlt!«
15
Sie hätte Havreux fragen sollen, ob sie für ihre erste Stunde in Hexerei irgendetwas vorbereiten musste. Mit einem Knoten im Magen starrte Ella auf das Nudelregal vor sich, machte mehr aus Reflex denn bewusst einer älteren Dame Platz, die zwei Packungen Spaghetti herausnahm und in ihren Einkaufswagen packte, während sie zugleich etwas von »Tomatensoße« murmelte und dann weiterschlurfte. Kerzen hatte sie zu Hause. Einfache weiße und apfelgrüne Tafelkerzen. Oder mussten es irgendwelche speziellen sein?
Worauf hatte sie sich nur eingelassen?
Nicht, dass das wirklich das Ausmaß ihrer Nervosität erklärt hätte. Oder? – Katzenfutter! Sie musste Katzenfutter für Sushi mitnehmen. Die Trockenfutterschachtel war so gut wie leer und der Dosenbestand bis auf zwei aufgebraucht. – Wenn er etwas Besonderes benötigte, um ihr beizubringen, wie sie ihre ›Gabe‹ kontrollieren konnte, hätte er das garantiert gesagt. Entschieden marschierte sie in den Tiernahrungsgang, suchte Sushis Katzenfutter und begann, Dosen in den Wagen zu räumen: Lachs mit Gemüse in Soße, Thunfisch in Gelee, Hühnchen mit Möhren in Soße, Leber in Tomatengelee. Andere Sorten verschmähte Sushi gnadenlos. Sie warf einen schnellen Blick auf die Uhr. Havreux hatte keine genaue Zeit genannt. Vielleicht sollte sie zusehen, dass sie allmählich nach Hause kam. Auf dem Weg zur Kasse würde sie noch Marshmallows und Schokolade mitnehmen und den Zuckerschock unter ›Nervennahrung‹ und ›Kollateralschaden‹ verbuchen.
Das heute Nachmittag war kein Date! Also würde sie auch keinen weiteren Gedanken an Wein oder etwas Passendes zu essen verschwenden. Sie hatte Orangensaft, Wasser, Limonade und Bier zu Hause. Ihr Kühlschrank enthielt alles, was man für das ein oder andere Sandwich brauchte. Das musste reichen. Punkt!
Das Trockenfutter stand im obersten Regal. Von Sushis Lieblingssorte gab es nur noch eine Schachtel. Ganz hinten, außerhalb ihrer Reichweite. Welche Intelligenzbestie hatte die Packung auch so geschickt platziert, ohne die Möglichkeit, sie mit irgendetwas weiter nach vorne ziehen zu können? Ella zischte einen Fluch.
»Darf ich?«
Mit einem hohen Keuchen fuhr sie herum und sprang zurück.
Abwehrend hob Havreux die Hände und lächelte zugleich entschuldigend. »Ich wollte Sie nicht erschrecken. Tut mir leid.« Geradezu beiläufig griff er nach oben und nahm die Schachtel herunter. »Die hier, oder?«
Noch immer leicht atemlos nickte Ella. »Ja, danke.« Was zehn, vielleicht auch zwanzig Zentimeter mehr oder weniger ausmachen konnten. »Was tun Sie hier?«
Er beugte sich vor und stellte das Trockenfutter in ihren Wagen. »Eigentlich wollte ich noch eine Flasche Wein besorgen, aber dann fiel mir ein, dass Sie ja gar keinen trinken.« Ein nonchalantes Schulterzucken. »Ich war schon wieder auf dem Weg zum Ausgang, als ich Sie einen Gang weiter gesehen habe …« Abermals hob er die Schultern. »Führen Sie beim Einkaufen häufiger Selbstgespräche?«
Ella spürte, wie ihre Wangen schlagartig heiß wurden. Was hatte sie gesagt? »Eigentlich nicht.«
Sein Mundwinkel zuckte, als versuche er sich ein Lächeln zu verbeißen. »Schade. Ich finde Frauen, die Selbstgespräche führen, äußerst … charmant.«
Ella schnaubte. »Sie machen sich über mich lustig.«
Das Zucken verstärkte sich. »Niemals, Dr. Thorens.«
Mit einem bedauernden Blick ins Innere ihres Einkaufswagens verwarf sie ihre Pläne bezüglich Marshmallows und Schokolade. »Brauchen wir etwas Besonderes für … später?«, erkundigte sie sich
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