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Hexengift

Titel: Hexengift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.A. Pratt
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Oberhaupt der Stadt ist? Ich bin nicht scharf darauf, ein Königsmörder zu sein.«

    »Man muss die Feste feiern, wie sie fallen, und das Schicksal hilft den Tapferen, wie du weißt. Dir war schon immer Größeres vorherbestimmt.« Sie schnalzte wieder mit der Zunge, und Gregor erschauerte. Er mochte Nicolette. Er begleitete ihren Werdegang schon, seit sie ein Straßenkind war, half ihr, ihr unglaubliches Talent zu entwickeln. Er wünschte nur, sie hätte nicht ausgerechnet eine Begabung zur Chaosmagie gezeigt. Das war so unaufgeräumt .
    Gregor seufzte wieder. »Es gibt kein Schicksal, nur Wahrscheinlichkeiten. Und es gibt Situationen, in denen es unmöglich ist, das Richtige zu tun, in denen einem nur noch Schadensbegrenzung bleibt. Ich stehe unter Zugzwang.«
    »Zugzwang? Ist das etwas Interessantes?«
    »Es ist ein Begriff aus der Spieltheorie«, antwortete Gregor. Die meisten Spiele hatten mit Wahrscheinlichkeiten zu tun, und diese zu berechnen, war die bestmögliche Näherung daran, die Zukunft vorherzusagen; das war Gregors Spezialität. »Zugzwang bedeutet, in eine Situation gebracht zu werden, in der man einen schlechten Zug machen muss. Es wäre weit günstiger, einfach auf der Stelle zu verharren, weil jede Bewegung eine ungeschützte Flanke preisgibt oder andere Nachteile zur Folge hat; aber Verharren geht nicht, weil die Regeln es verbieten.«
    »Das fasst unsere Situation wohl ganz gut zusammen«, sagte Nicolette. »Aber, hey, Boss, es gibt auch Auswege aus dieser Situation, die … nicht …«
    »An deren Ende ich nicht tot im Schnee liege? Natürlich, ich weiß. Aber diese Wege sind steinig. Manchmal glaube ich, es wäre besser, nicht zu wissen, was kommen wird.«
    Nicolette schwieg einen Moment lang, dann sagte sie:
»Nein, das glaubst du nicht. Dir ist es immer lieber, Bescheid zu wissen.«
    »Hm, wahrscheinlich hast du recht. Lass uns zum Clown gehen.«
    Nicolette stöhnte. »Und du wirst dich nicht wieder wahnsinnig aufregen?«
    »Ich mache keine Versprechungen.«
    Sie gingen durch einen breiten, vollklimatisierten Gang, dann stiegen Gregor und Nicolette in den Aufzug und fuhren schweigend ins Untergeschoss. Dieses Stockwerk wurde selten besucht. Mit einem leisen Surren öffneten sich die Türen und schlossen sich wieder, ohne dass einer der beiden den Aufzug verließ. Gregor steckte den Schlüssel zu seinem Penthouse in das passende Schloss, drehte ihn herum und drückte den Knopf fürs Untergeschoss zwei weitere Male.
    Während der Aufzug sich wieder in Bewegung setzte, zog Nicolette ein Taschentuch aus ihren mit Farbklecksen verschmierten Cargohosen und reichte es Gregor. Er nickte dankbar und hielt sich das Taschentuch vor die Nase, bevor die Türen ein weiteres Mal auseinanderglitten.
    Nicolette hatte es schon mit den verschiedensten Düften probiert - teures Rasierwasser, Franzbranntwein, Wacholderöl -, aber nichts funktionierte so gut wie Antiseptikum. Es übertünchte zwar den Geruch nicht so gut wie die anderen Flüssigkeiten, aber es beruhigte Gregor auf die gleiche Weise wie dieses blitzsaubere Gebäude, auch wenn ihm von den Dämpfen immer etwas schwindlig wurde.
    Nicolette zeigte keinerlei Reaktion auf den Gestank, außer vielleicht ein kleines Zittern um die Nasenflügel. Sie verstörten andere Dinge als Gregor. Dafür waren Assistenten
schließlich gut: dass sie für einen stark waren, wo man selbst schwach war.
    »Er hat schon wieder die Lampen kaputt gemacht«, sagte Gregor. Der schummrige Betonflur vor ihnen wurde normalerweise von vergitterten Halogenlampen beleuchtet, aber der Clown hatte es gerne dunkel.
    Nicolette zog ihre Taschenlampe heraus und ließ den Lichtkegel über den Boden wandern. Es bestand zwar keine Gefahr, dass der Clown sie angreifen würde, aber manchmal legte er Sachen vor die Aufzugtür, so ähnlich wie ein Gläubiger, der eine Opfergabe auf die Türschwelle eines Tempels legt, oder wie ein Haustier, das seine Beute mit nachhause bringt. Einmal war Gregor auf eine tote Katze getreten. Danach war er gezwungen gewesen, den Rückweg zu seinem Penthouse barfuß zurückzulegen; er hatte es nicht ertragen können, diese Schuhe noch einmal an seinen Füßen zu spüren. Nicolette hatte sie schließlich verbrannt.
    »Der Weg ist frei«, sagte Nicolette und ging voraus. Gregor folgte ihr, während sich mit einem Flüstern die Aufzugtüren hinter ihnen schlossen. »Er verhält sich ruhig heute Abend.«
    »So lange er nur nicht tot ist«, erwiderte Gregor.
    »Nie und

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