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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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war das schwierigere Unterfangen. Zoll für Zoll galt es, das Leinen behutsam von Erics Körper abzulösen. Nicht nur das verkrustete Blut klebte daran fest, auch Haut und feine Haare hafteten auf dem Stoff. Mehrmals musste Magdalena innehalten. Vor Anstrengung schob sich ihre Zunge zwischen den zusammengepressten Lippen heraus. Schweiß trat ihr auf die Stirn. Carlotta tupfte sie trocken. Endlich lag Erics Leib entblößt vor ihnen auf dem Tisch. So hatte die Zwölfjährige ihren Vater noch nie gesehen. Schüchtern senkte sie den Blick.
    »Als Wundärztin musst du dich daran gewöhnen«, sagte Magdalena schroff. »Es kann dir passieren, dass du ganz andere Körperteile behandeln musst. Scham ist fehl am Platz.«
    Ihr Blick glitt bereits über Erics Verletzung, um das Ausmaß der erforderlichen Maßnahmen abzuschätzen. Die Wunde schien nicht so schlimm wie zunächst befürchtet. Anders als vor zwölf Jahren hatte man ihm nicht den gesamten Bauch aufgeschlitzt, sondern einen breiten Stich knapp unter dem Rippenbogen zugefügt. Die Wunde hatte jedoch gut eine Handbreit der alten Narbe aufgerissen. Wer auch immer versucht hatte, sie zu nähen, hatte das nicht sehr fachmännisch getan. Weder war die Wunde zuvor gut gesäubert, noch waren die Ränder begradigt und ordentlich zusammengedrückt worden. Die Haut direkt an den Stichen war bereits entzündet. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Wundbrand schlimmer wurde. Prüfend legte sie Eric die Hand auf die Stirn. Sein Körper glühte bereits.
    »Ich muss die Wunde noch einmal öffnen, besser säubern und dann neu zusammennähen«, erklärte sie Carlotta und ging zu dem Fensterbrett, auf dem das Chirurgenbesteck lag. »Gib deinem Vater von dem Branntwein zu trinken, aber pass auf, dass er sich nicht verschluckt. Anschließend hältst du ihm den Schwamm mit Extrakten von Mohn, Alraune und Bilsenkraut auf Mund und Nase. Auch dabei musst du achtgeben, nicht zu fest zu pressen, um ihm nicht den Atem zu nehmen.«
    Auch wenn ihre Künste als Wundärztin in den letzten Jahren selten gefragt gewesen waren, so hatte sie doch auf dem geräumigen Speicher einen kleinen Vorrat mit den wichtigsten Kräutern und Tinkturen angelegt. In der Nachbarschaft rief man sie inzwischen gern, wenn es eine Wunde zu behandeln oder eine kleine Operation durchzuführen galt. Deshalb mischte sie weiterhin regelmäßig Wundpflaster und Salben an. Längst hatte Carlotta begonnen, sich ebenfalls dafür zu interessieren. Magdalena war froh, blieben ihr dadurch die vertrauten Kenntnisse weiterhin stets gegenwärtig.
    Sie entnahm der Lederrolle ein Skalpell, hielt es ins Gegenlicht und prüfte seine Schärfe. Dazu fuhr sie langsam mit der Fingerkuppe über die Schnittfläche. Anschließend erhitzte sie es über der Kerze. Versonnen sah sie in die Flamme. Wehmütig dachte sie daran, wie sie früher gemeinsam mit Meister Johann und Rupprecht, seinem zweiten Gehilfen, Tag für Tag operiert und behandelt hatte. Eine Wunde wie die, die es jetzt bei Eric zu nähen galt, war damals kaum der Rede wert gewesen.
    Bald war das Skalpell erhitzt. Carlotta bestätigte ihr mit einem Nicken, dass Eric die Besinnung vollständig verloren hatte. Rasch setzte Magdalena den Schnitt und trennte die schlechte Naht auf. Sofort pochte Blut heraus. Sie legte das Skalpell beiseite und presste ein mit Branntwein getränktes Leinenstück darauf. Der Blutfluss kam ins Stocken.
    »Drück du das Tuch auf. Ich muss Nadel und Faden holen«, bat sie Carlotta. Mit geübten Griffen fingerte sie außerdem eine Pinzette aus dem Lederetui. Wieder erhitzte sie die Instrumente über der Flamme, bevor sie sich mit ihnen an der Wunde zu schaffen machte. »Halt mir jetzt die Lampe. Ich muss die Wunde gründlich säubern, bevor ich nähen kann.«
    Carlotta war eine geschickte Helferin. So konnte Magdalena ihre Aufmerksamkeit ganz aufs Operieren richten. Anerkennend nickte sie der Kleinen zu.
    In der Wunde steckte noch einiges an Dreck. Zum Glück lag die verpfuschte Behandlung noch nicht allzu lange zurück. Als sie sicher war, jedes noch so winzige Teilchen mit der Pinzette erwischt zu haben, glättete sie mit dem Skalpell die ausgefransten Wundränder. Nach einem halben Dutzend Stichen war das Nähen überstanden. Zum Abschluss tupfte sie die Wunde mit dem branntweindurchtränkten Stoff sauber. Auf das traditionelle Digestivum aus Eigelb, Rosenöl und Terpentin verzichtete sie. Stattdessen griff sie zu einem Tiegel, der eine Paste aus Wachs,

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