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Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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angelangt waren und der Wärter die dunkle, muffig riechende Zelle aufsperrte. »Könnt ihr mir …?« Beinahe flehend hielt sie dem Elger ihre Fesseln entgegen.
    Dieser nickte und deutete dem Wilheim, ihr die Stricke abzunehmen. Die Zelle war frisch mit Stroh eingestreut, in der Ecke stand ein Kübel für die Notdurft, an der Wand war ein schwerer Eisenring eingelassen und hoch oben fiel ein wenig Licht durch ein winziges Fenster. Schwer schlug die Türe zu und polternd wurde der Riegel vorgeschoben.
    Anna kauerte sich in eine Ecke und versuchte, über ihre Lage nachzudenken. Sie musste sich dazu zwingen, in ihre wirr durcheinander flirrenden Gedanken eine gewisse Ordnung zu bringen: Wie kommen die nur auf mich? Wer hat mich angeschwärzt? Und warum?, hämmerte und pochte es in ihrem Kopf. Mit einem Seufzer lehnte sie sich zurück an die kalte Wand und starrte nach oben in die graue Dämmerung. Wäre sie nur nicht in diese Stadt gekommen.
    Ach was, dachte sie dann, woanders hätte es dir genau so ergehen können. Oder vielleicht noch schlimmer.
    Als junges Mädchen hatte sie die Bekanntschaft eines fahrenden Händlers gemacht, der ihr gesagt hatte, er würde in Ravensburg einen alten Mann kennen, der allein stehend sei und dringend eine Magd suche. Das wäre doch bestimmt etwas für sie und allemal besser, als hier auf dem Land zu versauern. Es schilderte ihr das Stadtleben in schillernden Farben und bereits ein paar Tage später wurde sie bei dem Mann vorstellig. Es war ein vornehmes Haus, jedenfalls schien ihr das so, sicher aber war es kein Vergleich zu der alten und halbverfallenen Hütte ihrer Mutter.
    Was sie erst später erfuhr, war, dass der Händler für die Vermittlung Geld bekam.
    Sie wurde auch nicht stutzig, als sie der Mann, der sich als Gebhard Grüler vorstellte, lauernd ansah und fragte, ob sie hier in der Stadt nähere Verwandtschaft oder Bekannte habe. Als sie verneinte, meinte er, sie könne sofort bei ihm anfangen. Der Haushalt war verwahrlost und es hatte einige Tage Arbeit gebraucht, bis die Behausung wieder halbwegs bewohnbar aussah. Gebhard Grüler war immer schlecht gelaunt und je länger sie bei ihm war, desto mürrischer und heimtückischer wurde er. Zum Einkaufen zählte er das Geld Münze für Münze ab und es geschah mehr als einmal, dass es nicht reichte und er sie dann beschimpfte, sie sei eine Betrügerin und würde das Geld heimlich auf die Seite schaffen. Auf dem Markt wurde sie unverhohlen gefragt, wie lange sie es beim Grüler aushalten würde.
    »Länger als drei Monate war noch keine bei dem«, lachte eine Frau und warf der Marketenderin einen anzüglichen Blick zu. Nach ein paar Wochen begann er aufdringlich zu werden und versuchte bei jeder Gelegenheit, sie mit seinen gichtigen Fingern zu begrapschen. Auch legte er sich ins Bett, zog die Decke bis unter sein Kinn und rief nach ihr, er habe Bauchschmerzen. Als sie nach ihm sehen wollte, schlug er die Zudecke zurück und lag splitterfasernackt da. Nur mit Mühe konnte sie sich seinem Griff entwinden. In ihrer Kammer stellte sie einen Stuhl vor die Türe und als dieser einmal nachts umfiel, griff sie nach dem bereit liegenden Haselnussstecken und schlug blindlings in die Dunkelheit, worauf er mit einem lauten Aufschrei aus der Kammer verschwand. Mit heimlicher Genugtuung sah sie am Morgen die Beule an seinem Kopf und den riesigen blauen Fleck an seiner rechten Hand. Um seinen Geschlechtstrieb zu dämpfen, sorgte sie dafür, dass er genügend Weidenrindentee zu sich nahm, und erklärte ihm, dass dieser Sud schon den Anfang einer Krankheit bekämpfen würde und wenn die Leute vor zwei Jahren genügend getrunken hätten, wären sie auch von der Pest verschont geblieben. Nach einiger Zeit fing er an zu maulen, der Tee würde ihm zum Halse heraushängen, worauf sie nach und nach den Samen des Bilsenkrautes dazu mischte. Davon konnte er dann nicht genug bekommen. Tagelang saß er nun neben seinem Krug und stierte mit glasigen Augen vor sich hin. Hie und da gab er ihr ein paar Münzen als Lohn, aber am Geld war ihr nicht sonderlich gelegen, für sie war die Hauptsache, genügend zu essen zu haben. Als der alte Grüler eines Morgens tot im Bett lag, weinte sie ihm keine Träne nach. Seine Erben verkauften das Haus und als sie die Wohnung nach Wertsachen absuchten, fanden sie kein einziges Geldstück, das etwas Wert besaß. Sie wollte ihren ausstehenden Lohn geltend machen, erhielt aber zur Antwort, sie habe wahrscheinlich schon genug

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