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Hexenjagd

Hexenjagd

Titel: Hexenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katica Fischer
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ausgestanden gewesen, erkannte sie. So wie die Kleine jetzt reagierte, musste man sie sogar bis zu ihrer neuen Arbeitsstelle verfolgt und auch dort belästigt haben.
    „Sind Sie deshalb hier?“, fragte sie ernst.
    „Ja“, erwiderte Celia, „auch deshalb. Ich dachte, wenn ich ins Kloster gehe, würden sie die Anklage fallen lassen, weil doch eine Gläubige niemals eine Hexe sein kann. Aber es hat nichts genutzt. Sie werden mich anklagen und dann auf dem Scheiterhaufen verbrennen, so wie sie es immer mit Hexen tun.“
    Rebekka fühlte nach dieser Erklärung eine unangenehme Gänsehaut ihren Rücken hinaufkriechen. Du lieber Himmel! Was hatte sich die Kleine da nur zusammengesponnen, fragte sie sich zutiefst betroffen. Hexenjagd? Ja, sicher! „Hexenjagd“ stand in Celiskas Fall für Mobbing! Die Erlebnisse an ihrem alten Arbeitsplatz mussten so traumatisch gewesen sein, dass sie sie weder verarbeiten noch einfach abschütteln konnte. Unbewusst hielt sie sich selbst für schuldig, weil sie die Attacken nicht hatte abwehren können, und erwartete für ihr eigenes Versagen jetzt eine harte Bestrafung. Es musste sie immer noch so stark beschäftigen, dass sie selbst in ihrer Zuflucht nicht davon loskam, erkannte Rebekka. Armes Kind, dachte sie mitleidig. In der Realität war sie bis zum Rande des Wahnsinns gemobbt worden, doch in ihrer Scheinwelt traf es sie noch viel schlimmer, denn dort wurde sie als Hexe verfolgt, der der Tod so gut wie sicher war! Aber war das wirklich alles? Im Grunde genommen schien Celiska gar nicht so viel Angst vor dem Urteil selbst zu haben. Sie fürchtete etwas anderes weit mehr. Nicht zum ersten Mal fiel ihr der prüfende Rundblick auf, den ihre Patientin durch den Raum huschen ließ. Irgendetwas war da ober faul, stellte sie im Stillen fest. Und sie würde es rauskriegen, so wahr sie Rebekka hieß!
    „Solange Sie sich in diesem Haus befinden, wird Sie niemand vor ein Gericht stellen“, versprach sie ernst. „Wenn Sie mir erzählen, was sich ereignet hat, kann ich Ihnen vielleicht helfen.“
    Ja, sie musste reden, machte sich Celia selbst Mut. Die Äbtissin war eine gebildete Frau. Sie würde sich nicht von Vorurteilen leiten lassen, sondern nach vernünftigen Gesichtspunkten urteilen. Also begann Celia zu sprechen.
    Zu den schon bekannten Fakten gesellten sich nun Einzelheiten, welche der Psychiaterin halfen, die Verwirrung ihrer Patientin immer besser zu verstehen. Außerdem erweiterte sich der Reigen der Personen, die Celiska in ihrer Scheinwelt um sich versammelt hatte, um einen neuen Namen: Victor . Aber wer war dieser Mann, vor dem Celiska solche Angst hatte, fragte sich die Ärztin im Stillen. Und Angst hatte sie – das war allzu offensichtlich. Dabei hatte er ihr doch angeblich immer nur geholfen, wenn es arg brenzlig wurde.
    „Wer ist Victor?“, fragte Rebekka mit sanfter Stimme. „Ist er Ihr Liebhaber?“ Das letzte Wort war kaum heraus, da sah sie das fein geschnittene Gesicht ihres Gegenübers zu einer undurchdringlichen Maske erstarren und hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen. So was Blödes, schalt sie sich. Anfängerin! Da kämpfte sie wochenlang um das Vertrauen der völlig verstörten jungen Frau und stellte dann so eine dämliche Frage! Kein Wunder, wenn die Kleine geschockt reagierte. Schließlich glaubte sie sich in der frühen Neuzeit, wo sie eine keusche Jungfrau zu sein hatte, die außer einem ihr vor Gott anvertrauten Ehemann keinen anderen an sich heranlassen durfte. Selbst wenn sie einen anderen Mann wirklich begehren sollte, würde sie das niemals zugeben können, weil sie sich durch ihr Wort an ihren Verlobten gebunden fühlte. Außerdem war sie eine strenggläubige Katholikin und durfte daher keine sexuellen Phantasien, geschweige denn echtes körperliches Verlangen nach irgendeinem Mann haben, wollte sie sich nicht als schamlose Sünderin bloßstellen! „Verzeihen Sie.“
    „Victor ist Nicholas’ Halbbruder“, wisperte Celia nach einer geraumen Weile kaum hörbar. „Aber er ist tot.“
    Die Ärztin versuchte zu begreifen, was sie da eben gehört hatte, fuhr jedoch im nächsten Moment zusammen, weil ihre Patientin mit einem Mal einen merkwürdigen Ton von sich gab, der sich zusehends zu einem durchdringenden Klagelaut steigerte. Wie ein tödlich verwundetes Tier, das weder Hoffnung noch Aussicht auf Rettung hatte, dachte sie betroffen und fühlte, wie sich jedes Härchen in ihrem Nacken aufstellte, während ihr Gegenüber von einem

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