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Hexenjagd

Hexenjagd

Titel: Hexenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katica Fischer
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ereiferte sie sich. „Nach allem, was ich über ihn erfahren habe, ist ihm sein männlicher Stolz sehr wichtig. Also würde er den Teufel tun und Celiska zur Ehe erpressen. Damit würde er, zumindest sich selbst gegenüber, zugeben müssen, dass er ihr absolut nichts bedeutet. Aber das glaube ich nicht – ich kann’s einfach nicht glauben! Es muss etwas anderes sein.“ Sie tigerte durch ihr kleines Reich, strich sich immer wieder eine widerspenstige Locke aus der Stirn und nagte dabei an ihrer Unterlippe. Sie hatte die Frühstückspause gewählt, um mit Vincent ein paar ungestörte Worte in dem winzigen Arztzimmer zu wechseln. Es sah jedoch so aus, als ob auch diesmal keine neue Erkenntnis zu Tage gefördert werden sollte. Und genau das frustrierte sie über alle Maßen, denn sie kämpfte jetzt seit nunmehr sechs Wochen vergebens darum, zumindest einen kleinen Fortschritt in Celiskas Behandlung zu erwirken. Was hatte sie übersehen, fragte sie sich ärgerlich. Besser gesagt: Was war bis jetzt noch nicht erörtert worden?
    „Welcher Part ist deiner?“, wollte die Psychiaterin ohne jeden Übergang wissen, erntete dafür aber nur einen verständnislosen Blick. Dennoch grinste sie plötzlich von einem Ohr zum anderen. „Du sagst, sie kann dir nicht gegenübertreten, ohne gleich in Ohnmacht zu fallen.“ Weil Vincent statt einer Antwort nur leicht nickte, trat sie an ihn heran und baute sich vor seinem Stuhl auf. „Also: Was hast du mit ihr zu schaffen? Ich meine, welche Rolle hat sie dir in ihrer Welt zugedacht? Aber was noch wichtiger ist: Welche Rolle hast du in ihrem Leben gespielt, bevor sie sich entschieden hat, uns auszusperren?“
    „Gar keine“, erwiderte Vincent spontan. „Wir haben uns ein paar Mal gesehen. Aber das war purer Zufall. Das erste Mal ist sie völlig kopflos davongerannt – ich glaub, sie hatte es eilig. Und später hatten wir ein paar zwanglose Treffen bei meiner Tante und meinem Onkel – die sind nämlich ihre Vermieter. Ich hatte keine Ahnung, dass sie mit meinem Bruder zusammen ist, bis er sie in das Haus meiner Mutter brachte. Danach … ich meine …“ Vincent schluckte schwer, weil die Erinnerung an den Abend des Streits und damit auch seine üblen Anschuldigungen wieder präsent waren. „Sie schien mir aus dem Weg zu gehen, weil ich wohl blöd reagiert hab. Ich entschuldigte mich bei ihr, aber es schien ihr völlig gleich zu sein. Sie hat nur einmal etwas sehr Merkwürdiges gesagt. Sie wäre allein, sagte sie, und es hörte sich an, als ob sie meinte, sie wäre von allen verlassen und wirklich allein.“
    Rebekka bedachte das Gehörte sehr gründlich. Die junge Frau war in der Tat völlig auf sich allein gestellt, erkannte sie plötzlich. Außer Vincent kümmerte sich kein Aas ernsthaft um die Kleine. Sicher, die Mutter kam ab und an mal vorbei, verschwand aber sehr schnell wieder, sobald sie merkte, dass die Tochter sie nicht wirklich wahrnahm. Ein bisschen Geduld und gute Worte von ihrer Seite hätten sicherlich nicht geschadet, überlegte die Ärztin unzufrieden. Aber nein, die Dame schien sogar erleichtert, wieder gehen zu dürfen! Und der Verlobte ließ sich überhaupt nicht sehen. Mit Ausnahme einer Freundin, die übrigens fast täglich anrief, schienen alle früheren Bekannten – und sie hatte doch mit Sicherheit welche gehabt! – ihre Existenz vergessen zu haben. Oder hatte sie vielleicht schon zu „normalen“ Zeiten Probleme mit ihren Mitmenschen? Laut Vincents Bericht war sie ungewöhnlich zurückhaltend und „anpassungsfähig“. War das der Grund für ihre Flucht? War Celiska vielleicht an dem Versuch gescheitert, es allen recht machen zu wollen? Ungeachtet ihrer eigenen Bedürfnisse und Lebensvorstellungen? Möglich war das schon, überlegte die Ärztin. Und wenn man es genau bedachte, war diese Erkenntnis auch nicht mehr von der Hand zu weisen – besser gesagt, sie konnte sich im Moment keinen besseren Auslöser für den psychischen Zustand der jungen Frau vorstellen!
    „Weißt du, wie ich die Sache sehe?“, sagte sie laut. „Sie scheint sich in unserer Realität an einen Mann gebunden zu fühlen, den sie nicht wirklich liebt, der aber ihr Wort hat. Sie ist einfach nicht fähig, eine eigene Entscheidung durchzukämpfen, denn offensichtlich hat sie ganz andere Wünsche, als die Frau deines Bruders zu werden. Andererseits verstehe ich nicht, wieso sie sich in ihrer Welt immer noch nicht von der Herrin und Mary lösen kann, wo sie doch in der Gegenwart

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