Hexenjagd
registrierte, dass man ihr nicht wirklich zuhörte.
„Was?“ Celia hatte in der Tat nur das letzte Wort aufgeschnappt und fühlte daraufhin ihren Magen zu einem tonnenschweren Klumpen werden.
„Ich sagte“, wiederholte Verena geduldig, „ich habe mich entschieden und will mich demnächst verloben. Ich wollte dich eigentlich einladen, damit du mit uns feierst, aber Rebekka meint, du würdest vielleicht nicht kommen wollen“, plauderte sie munter.
Celiskas kalkweißes Gesicht schien plötzlich zu Stein erstarrt.
„Ich kann doch gar nicht weg“, wisperte sie endlich. „Die Haustür ist zugeschlossen. Ich kann ja noch nicht einmal ohne Erlaubnis in den Garten gehen.“
„Blödsinn“, winkte Verena lachend ab. „Wir nehmen dich einfach mit. Wäre doch gelacht, wenn du nicht wenigstens einen freien Abend kriegst, damit du mit uns feiern kannst. Na, was meinst du? Sag einfach ja! Ja? Sei lieb!“
„Ich kann nicht“, wehrte sich Celia verzweifelt. „Bitte, Verena. Ich kann wirklich nicht! Ich würde es nicht durchstehen. Sei mir nicht böse!“ Sie konnte ja noch nicht einmal den Gedanken aushalten, dass Victor Verena umarmen könnte. Wie sollte sie dann den Anblick ertragen? Sie wünschte ihm alles Glück dieser Welt, ja, das tat sie wirklich. Aber diesem Glück zuschauen konnte sie nicht.
Celia spürte ihr Herz rasen und hörte das Blut in ihren Ohren rauschen, konnte sich aber gegen die Ohnmacht nicht mehr auflehnen. Zu Verenas Entsetzen kippte sie einfach seitlich weg und blieb reglos auf dem Bett liegen.
Wirre Traumbilder überfielen Celia, sobald sich die nachtschwarze Dunkelheit ihrer Bewusstlosigkeit ein wenig lichtete und ihr Hirn wieder zu arbeiten begann. Orte und Personen, Ereignisse und Wortfetzen flogen an Auge und Ohr vorbei, ohne einen vernünftigen Sinn zu ergeben. Sie bemühte sich angestrengt, wenigstens die bekannten Personen näher in Augenschein zu nehmen, was sie aber noch mehr in Verwirrung stürzte, denn nicht nur die Kleidung der Betreffenden war ungewöhnlich. Auch die Namen, die ihr dazu einfielen, waren merkwürdig vertraut und doch wieder fremd: Venice sah aus, als ob sie sich in Lumpen gekleidet hätte. Über einer engen giftgrünen Hose trug sie ein winziges Etwas aus schwarzer Seide, das gerade mal ihre kleinen Brüste verdeckte. Und darüber ein langes schreiend buntes Kleid, welches vorne aufgeschlitzt war. Nein, nicht aufgeschlitzt. Es war so genäht! Und zum Schließen des Kleides waren extra glänzende Knöpfe angebracht worden, die jedoch nicht benutzt wurden. Victor dagegen schien jeden Augenblick anders auszusehen: In einem Moment hatte er weiße Jeans und ein kurzärmliges hellblaues Hemd an, nur um einen Atemzug später in kostbaren Gewändern vornehmer Edelleute da zu stehen.
„Was willst du jetzt?“, fragte er. „Als ich um dich warb, hast du mich nicht gewollt!“
„Ja, du hast deine Chance vertan“, bekräftigte Verena. „Du wolltest ihn nicht, also lass jetzt die Finger von ihm. Er gehört mir!“
Celia wandte sich ab, weil sie nicht länger zusehen wollte, wie das Paar sich in den Armen lag und koste. Stattdessen konzentrierte sie sich wieder auf das Durcheinander der Gesichter, aus dem jetzt ein altes Frauenantlitz deutlicher heraustrat.
„Reiß dich zusammen“, rief die Mutter böse. „Du darfst ihn nicht begehren. Es ist Sünde. Du weißt doch, wer unkeusch denkt, kommt in die Hölle!“
Ein anderes, freundliches Frauengesicht verdrängte die Alte.
„Warum versteckst du deine Gefühle? Es ist nichts Unrechtes daran, einen Mann zu begehren, den man liebt. Stelle dich der Realität. Nur dann kannst du wieder normal leben.“
Ohne jede Vorwarnung begannen die beiden Frauen miteinander zu ringen. Celia saß wie angewurzelt da, sah entsetzt zu, wie sie sich an den Haaren zerrten, und hörte, wie sie bösartige Beschimpfungen gegeneinander ausstießen. Und je wüster sie übereinander herfielen, umso mehr schienen ihre Körper zu wachsen. Immer größer wurden sie, bis sie schließlich Celias gesamtes Blickfeld einnahmen und die heftigen Bewegungen der beiden Ringenden auf sie selbst übergriffen.
„Du wirst gehorchen!“ Einem zornigen Racheengel gleich, stand die Mutter mit einem Mal direkt vor ihr, holte aus und versetzte ihr eine schallende Ohrfeige. „So wie du mir immer gehorcht hast. Wehe dir, wenn du eigene Wege gehst!“
„Lass dich nicht irre machen.“ Auch Lady Rebekka schlug sie, wobei sie aber ein sanftes Lächeln zur
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