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Hexenjagd

Hexenjagd

Titel: Hexenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katica Fischer
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angeordnet. Das hieß, dass ihre verwirrten, ständig voller Unruhe herumwandernden Mitbewohner in ihre Zimmer verfrachtet und eingeschlossen wurden. Und dann konnte sie sich endlich hinlegen, um ein wenig zu schlafen. Ja, schlafen, dachte sie voller Sehnsucht. Dann konnte sie endlich in ihre Träume flüchten, denn nur darin erlebte sie zurzeit ein wenig Ruhe und Glück. Sie wusste, dass es sich um Wunschträume handelte, denn der Mann, der sie dort in seinen Armen hielt, würde so etwas in der Realität nie tun. In ihren Träumen nannte sie ihn immer noch Victor, auch wenn sie mittlerweile erkannt hatte, dass er in Wirklichkeit einen anderen Namen trug. Aber das machte nichts. Träume und Gedanken waren frei! Niemand erfuhr davon, wenn sie selbst nicht darüber sprach. Ihre Phantasien gehörten ausschließlich ihr, denn sie waren das Einzige, was ihr noch blieb. In der realen Welt hatte sie ihn verloren, weil sie einem Irrtum erlegen war. Aber in der Wunschwelt durfte sie ihn begehren und leidenschaftlich lieben, ohne sich rechtfertigen oder ein schlechtes Gewissen gegenüber der Freundin haben zu müssen. Selbst Doktor Lorenz schien nicht zu merken, dass man ihr auswich. Wenn sie Fragen über Victor und die Gefühle stellte, die er in Celia hervorrief, und darauf nur gleichmütige, nichts sagende Antworten erhielt, gab sie sich lächelnd damit zufrieden.
    Celia schlug die Augen auf und starrte in die finstere Leere über sich. Dass sie nicht mehr allein in ihrem Zimmer war, stand fest, auch wenn eine geraume Weile verging, bis das Rauschen ihres Blutes in den Ohren nachließ und sie das Atmen einer anderen Person hörte. Es dauerte noch ein paar Sekunden, bis sich ihre Augen an das schwache Mondlicht gewöhnt hatten, das durch die Ritzen der Rollläden hereindrang.
    Endlich, nach einer wahren Ewigkeit, fühlte sich Celia in der Lage, den Kopf zu wenden und in die Richtung zu schauen, in der sie den heimlichen Besucher vermutete. Den Atem anhaltend, gewahrte sie tatsächlich eine Gestalt auf dem Stuhl direkt neben ihrem Bett, war jedoch nicht imstande, das Gesicht zu erkennen. Im ersten Moment versucht, auf der Stelle aus dem Bett zu springen und sofort wegzulaufen, wurde sie sich jäh bewusst, dass das vermutlich die verkehrteste Reaktion überhaupt war. Daraufhin nahm sie all ihren Mut und ihre Selbstbeherrschung zusammen, um sich langsam und überaus vorsichtig aufzusetzen.
    „Wer sind Sie?“, wisperte sie kaum hörbar. „Was wollen Sie hier?“
    „Ah, die kleine Hexe ist erwacht!“
    Die schrille Stimme erklang so plötzlich und so laut, dass Celia unvermittelt zusammenfuhr, weil sie meinte, von einem Peitschenhieb getroffen worden zu sein, der einen heißen Schmerz durch ihren ganzen Körper schießen ließ.
    „Du hast wohl gedacht, du könntest mit deinem Engelsgesicht alle täuschen, hä? Aber da hast du dich geirrt! Ich weiß genau, warum du hier bist! Aber ich lass mich nicht von dir verhexen, hörst du?“
    Celia sah etwas schwach aufblinken, während der nächtliche Gast aufstand, um sich über das Bett zu beugen, und erkannte starr vor Entsetzen eine große Schere, die im schwachen Mondlicht einen kalten Glanz ausstrahlte.
    „Schön brav, mein Täubchen“, verlangte der Eindringling heiser. „Wenn du schön stillhältst, wird es nicht lange dauern. Und es wird auch nicht wehtun. Ich mache es schnell, du wirst sehen. Wenn es vorbei ist, hast du endlich Frieden!“
    Celia rutschte immer weiter im Bett hinauf, weil die Frau – es war eindeutig eine Frau! – sich nun vorbeugte und nach ihr griff. „Bleib gefälligst da“, hörte sie sie zischen, dachte jedoch nicht im Traum daran, der Aufforderung zu folgen.
    Sie brauchte nur einen einzigen beherzten Satz, um sich aus der unmittelbaren Nähe der Angreiferin zu bringen. Allerdings hielt die Freude über ihre gelungene Flucht nicht lange an, denn kaum war sie aus dem Bett, da fühlte sie die Decke, die sich um ihren Fuß gewickelt hatte, an ihrem Bein zerren und schlug mit einem entsetzten Aufschrei der Länge nach hin. Gleich darauf spürte sie Hände an ihrem Haar zerren und mobilisierte all ihre Kräfte, um ihre Gegnerin abzuwehren. Aber so sehr sie sich auch wehrte, sie kam nicht gegen die erstaunlich zähe Frau an, die nur unwesentlich größer war als sie selbst. Keuchend vor Anstrengung hielt Celia den Arm fest, in dem sie die große Schere wusste, und fühlte die Kraft aus ihren Händen schwinden. Bevor sie am Ende ihrer Kräfte war,

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