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Hexenjagd

Hexenjagd

Titel: Hexenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katica Fischer
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einer unnatürlichen Ruhe in ihrem Innern, löste Celia den Blick von den Feuerfähnchen und richtete ihn nun auf die Frau, die immer noch mit der Fackel in der Hand vor ihr stand. Mary schien auf irgendetwas zu warten, dachte sie unbewegt. Vermutlich hätte Celia jetzt schreien und um Gnade betteln sollen.
    „Danke, meine Liebe“, flüsterte sie stattdessen. „Du tust mir einen großen Gefallen. Ich konnte diese Welt nicht freiwillig verlassen, ohne eine Todsünde zu begehen. Weil du aber eingegriffen hast, brauche ich nicht mehr selbst Hand an mich zu legen. Gott segne dich dafür.“ Sie hob die Arme, als wolle sie auf ihre Erlöserin zugehen, um sie zu umarmen, ließ sie jedoch wieder sinken, weil Mary voller Entsetzen vor ihr zurückwich. Auch gut, stellte sie fast heiter für sich fest. Dann eben nicht. Würde sie halt ohne Abschied gehen. War ohnehin Zeit, dass sie ging!
    Bevor die ewige Dunkelheit nach Celia griff, um sie in eine friedvolle Umarmung zu hüllen, fragte sie sich noch, warum man sie in einem geschlossenen Raum verbrannte, wo es doch üblich war, einen Scheiterhaufen zu errichten, um unliebsame Zeitgenossen aus dem Weg zu räumen. Sie hatte jedoch keine Zeit mehr, nach einer Antwort zu suchen, denn der gefräßige Geist, der alle menschlichen Erinnerungen gierig verschlang, sobald das Herz des Sterbenden seine Arbeit einstellte, ließ sich nicht länger aufhalten.
    „Wie konntest du nur?“ Vincent war außer sich. „Du hast genau gewusst, dass das passieren würde! Bist du bekloppt, oder was?“
    „Reg dich ab“, entgegnete Rebekka unbeeindruckt. „Es ist ihr doch nichts geschehen.“
    Celiska hielt die Augen immer noch geschlossen, obwohl sie bereits hellwach war, und überlegte angestrengt, woher sie die Stimme der Frau kannte. Doktor Lorenz, erinnerte sie sich endlich. Die Ärztin hatte in den letzten Wochen sehr viel Zeit mit ihr verbracht, wobei sie immer wieder peinliche und verrückte Fragen gestellt hatte.
    „Nichts geschehen?“, fragte Vincent aufgebracht.
    Ja wirklich, erkannte Celiska, er war ziemlich zornig, obwohl sie den Grund dafür nicht kannte. Die beiden verstanden sich doch sonst sehr gut. Man hatte sie noch nie streiten sehen.
    „… ich nicht dazugekommen wäre, könnte sie jetzt tot sein!“ Tot? War sie denn etwa nicht tot, fragte sich Celiska verwundert. Dämliche Frage, schalt sie sich sogleich selbst. Natürlich war sie nicht tot. Sonst hätte sie ja gar nicht hören können, was die beiden miteinander zu besprechen hatten.
    „… alles unter Kontrolle“, sagte Rebekka gerade. „Jetzt verstehst du vielleicht, warum ich dir nicht alles sagen wollte. Du hättest nie im Leben zugestimmt, wenn du gewusst hättest, was ich plante. Es war ein Teil der Behandlung …“
    „Behandlung?“, unterbrach Vincent grob. „Du spinnst wohl! Eine Irre als Schocktherapie loszuschicken ist wohl das Dümmste, was dir einfallen konnte! Sind wir vielleicht noch im Mittelalter, wo man meinte, böse Geister durch Teufelsaustreibungen verscheuchen zu können? Also wirklich!“
    Schocktherapie?
    Irre?
    Behandlung?
    Celiska hatte große Mühe, die Einzelheiten richtig aufzunehmen und einzuordnen. Endlich schien ihr Hirn normal zu funktionieren. Als laufe ein Film vor ihrem inneren Auge ab, sah sie plötzlich alles klar und verständlich vor sich und keuchte erschrocken, als ihr bewusst wurde, was das alles zu bedeuten hatte.
    „Sch, scht“, machte die Psychiaterin. „Sie ist wach. Halt jetzt die Klappe!“
    „Du kannst mich mal“, erwiderte Vincent über die Schulter hinweg, während er gleichzeitig auf die Liege zutrat, um auf Celiska hinabzusehen, die mittlerweile mit weit aufgerissenen Augen an die Decke starrte. Da sie nun also wach war, packte er sie sanft an den Armen und setzte sie vorsichtig auf.
    „Wie geht es dir?“, wollte er wissen. „Alles okay?“
    Die Angesprochene sah ihn zunächst ein wenig verwirrt an, wich seinem Blick aber sofort wieder aus.
    „Also in die Klapse habt ihr mich gebracht“, murmelte sie heiser und befreite sich aus seinem Griff. „Hätte ich mir doch gleich denken können.“ Sie schwang die Beine von der Liege und stand langsam und vorsichtig auf, noch nicht sicher, ob sie sie tragen würden. Weil das erwartete Schwindelgefühl jedoch ausblieb und ihr Kreislauf auch sonst keine Sperenzien machte, atmete sie einmal tief ein, bevor sie den Kopf hob. „Ist vielleicht einer von euch so freundlich, mir zu erklären, warum ich hier bin?“

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