Hexenjagd
Schritten auf den Weg. Ebenso schnell, wie sie das Büro des Seniorchefs verlassen hatte, stürmte sie nun auch wieder hinein. Sie stellte die Kassette auf seinen Schreibtisch und funkelte den Mann nun wütend an.
„Wenn Sie ein wenig Zeit investieren, können Sie sich selbst davon überzeugen, dass ich nicht lüge!“ Sie sah ihn zu einer heftigen Erwiderung ansetzen, ließ ihn jedoch nicht zu Wort kommen. „Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen, verstehen Sie! Ich habe meine Arbeit, wie immer, ordnungsgemäß erledigt und abgeliefert. Wenn Sie mir nicht glauben, ist das Ihr Problem. Außerdem möchte ich Sie jetzt bitten, meine Kündigung zu akzeptieren!“
Redehof Senior meinte nicht richtig gehört zu haben und schaute entsprechend verblüfft drein. Diesmal war es tatsächlich das plötzlich sehr selbstbewusste Auftreten einer sonst eher schüchternen Angestellten, das ihm die Sprache verschlug.
„Die Verträge, nach denen Sie suchen, sind auf Diskette drei gespeichert“, erklärte Celiska heiser. „Guten Tag.“ Mit diesen Worten wandte sie sich ab und wollte gehen.
„Moment noch“, wurde sie aufgehalten, kurz bevor sie die Tür erreichte. „Bleiben Sie gefälligst da! Wir sind noch nicht fertig!“
Da dies ein unmissverständlicher Befehl war, blieb sie stehen und blickte den Seniorchef erneut an, auch wenn sie nichts lieber getan hätte, als die Tür hinter sich zuzuwerfen. Dass er nach wie vor wütend war, war unverkennbar. Dennoch meinte sie nun so etwas wie Unsicherheit – oder war es reine Verblüffung angesichts ihrer Frechheit? – in seinem Blick zu erkennen, als er sie von Kopf bis Fuß musterte.
„Können wir Ihren Computer benutzen?“, fragte er endlich, wobei seine Stimme nun wesentlich leiser und weniger aggressiv klang als nur wenige Minuten zuvor. „Ich hab nämlich keinen.“ Dann, völlig unverhofft, erschien ein schiefes Grinsen auf seinen Lippen, was sie zusätzlich verwirrte. „Fand ich bisher überflüssig, mich allzu sehr mit der neuen Technik auseinander zu setzen, weil ich doch genügend Leute beschäftige, die sich damit auskennen.“
Celiska konnte bloß nicken, denn der dicke Kloß, der in ihrer Kehle klemmte, machte jedwede Äußerung schon im Ansatz zunichte. Außerdem hätte sie wohl nicht mehr den Mut gehabt, einen einzigen weiteren Satz von sich zu geben.
Wenig später betraten sie gemeinsam ihren Arbeitsraum. Kaum waren sie drinnen, schnaubte sie entnervt: „Oh nein! Nicht schon wieder.“ Sogleich machte sie sich an ihrem Rechner zu schaffen. „Sie müssen ein wenig Geduld haben“, erklärte sie dem überrascht dreinblickenden Seniorchef. „Ich muss das Ding erst wieder neu starten.“
Redehof Senior beobachtete die Aktivitäten seiner Angestellten eher irritiert denn interessiert, während sie die erforderlichen Handgriffe tätigte und dann ungeduldig auf die entsprechenden Anzeigen wartete, um weitere Befehle eingeben zu können. Nein, er hatte nicht gelogen, als er sagte, er kenne sich mit dieser Technologie nicht aus, rechtfertigte er sich im Stillen. Dennoch waren ihm die grundsätzlichen Aufgaben und Funktionsweisen eines Computers durchaus geläufig – wenn auch nur in sehr groben Zügen.
„Sagen Sie mal“, fragte er nun stirnrunzelnd, „müssen Sie das Ding etwa immer neu starten, wenn Sie was schreiben müssen?“
„Nein“, erwiderte Celiska und drückte dabei schnell hintereinander auf einige Tasten, worauf ein lauter Piepton erklang. „Nicht immer, aber in letzter Zeit häufiger. Das Ding scheint einen Fehler zu haben. Fast jedes Mal, wenn ich das Büro für kurze Zeit verlasse, muss ich anschließend diese Prozedur durchführen. Ich weiß nicht, warum – aber er gibt einfach den Geist auf!“ Endlich war sie so weit, dass sie die Diskette einlegen konnte. Ein paar Sekunden später erschienen die gewünschten Daten auf dem Monitor.
„Da!“ Sie stand auf und machte eine einladende Geste. „Setzen Sie sich her und sehen Sie selbst.“
Während er Platz nahm, um besser lesen zu können, beäugte sie das aufgerufene Dokument über seine Schulter hinweg gleichfalls mit größter Aufmerksamkeit, fand nicht einen einzigen Fehler darin und atmete innerlich auf.
„Gibt es eine Möglichkeit, um herauszufinden, wann das Dokument tatsächlich bearbeitet wurde?“, fragte er am Ende der Lektüre interessiert.
Celiska zögerte zunächst, nickte dann aber, wohl wissend, was er gerade dachte: Im Nachhinein konnte man einem Schreiben
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