Hexenjagd
jedes Datum verpassen, ohne dass dies ein unwiderlegbarer Beweis dafür gewesen wäre, dass es wirklich an diesem Tag verfasst worden war. Aber die Technologie der Computerwelt war nicht nur verwirrend und schnelllebig, dachte sie nun ein wenig erleichtert. Sie war auch mit Sicherungen versehen, die kaum jemand wirklich ernst nahm – sie war da bis zum heutigen Tag keine Ausnahme gewesen –, die jedoch äußerst wichtig waren. So gehörte zum Beispiel der Hinweis auf den Terminal, an dem das Dokument erstellt wurde, genauso zu den Identifikationsmerkmalen wie die Angabe von Datum und Zeit der Dateneingabe.
Während sie noch dem Himmel dankte, dass es diesen verborgenen, aber ungemein wichtigen Beweis gab, flogen ihre Finger erneut über die Tastatur, so dass nur ein paar Sekunden später eine genaue Auflistung auf ihrem Monitor erschien, anhand der man nachvollziehen konnte, wann welches Dokument erstellt, besser gesagt, gespeichert worden war.
„Und da ist keine Manipulation möglich? Ich meine, kann man das Datum nicht trotzdem verändern?“, hakte Redehof Senior nach.
„Nur wenn man wirklich etwas in dem Dokument ändert“, erklärte Celiska leise. „Der Rechner setzt dann automatisch das aktuelle Datum und die Uhrzeit ein, ohne dass man einen willkürlichen Zugriff darauf hätte. Ist so eine Art Kontrolle, damit man weiß, wann zuletzt daran gearbeitet wurde.“
„Hm.“ Für eine Weile versank Redehof Senior in nachdenkliches Grübeln. Doch dann straffte er sich und stand auf. „Tun Sie mir doch bitte noch einen Gefallen, ja?“ Auch wenn er es wie eine Bitte formulierte, war es doch ein Befehl. „Suchen Sie noch mal alle Aktenordner in Ihrem Aktenschrank durch. Vielleicht ist das Ganze aus Versehen irgendwo abgeheftet und dann vergessen worden.“
Celiska tat ihm den Gefallen, auch wenn sie sicher war, dass es vergebliche Liebesmüh sein würde. Dass er ihr immer noch nicht glauben wollte, ärgerte sie maßlos. Trotzdem wagte sie nicht, eine passende Bemerkung zu machen. Am Ende war es genauso wie erwartet.
„Na gut.“ Es war ihm anzusehen, dass er alles andere als zufrieden war. Dennoch bemühte er sich nun um einen freundlichen Ton: „Dann entschuldigen Sie bitte meine unberechtigte Schelte, ja? Es war nur … nun ja. Ich musste der Sache einfach auf den Grund gehen, verstehen Sie.“ Dann ging er.
Celiska starrte ein paar Atemzüge lang auf die geschlossene Tür und hätte am liebsten geweint. Doch dann nahm sie die Diskette aus dem Laufwerk des Rechners, verstaute sie in ihrer Kassette und begann ein neues Schreiben. Jetzt war das Maß voll, dachte sie zutiefst resigniert. Auch wenn sie sich innerlich schon lange mit dem Gedanken beschäftigt hatte, jetzt würde sie sich tatsächlich nach einem neuen Wirkungskreis umsehen.
„Das kannst du mir nicht antun“, beschwerte sich Nils lautstark. „Du kannst doch nicht einfach kündigen und mich im Stich lassen.“
„Dein Vater hat mir deutlich zu verstehen gegeben, dass er kein Vertrauen mehr zu mir hat. Was soll ich denn tun? Ich kann doch nicht einfach weitermachen, als wäre nichts passiert. Immerhin hat die Firma durch diese Sache einen immensen Verlust erlitten.“ Celiska stand am Fenster und starrte hinaus, ohne wirklich etwas wahrzunehmen. Sie wartete auf seine Unterschrift, die er unter einige Geschäftsbriefe setzen sollte, damit sie sie verschicken konnte. Auch ihr Kündigungsschreiben hatte sie dazugelegt, welches er nun in Händen hielt.
„Aber es war doch nicht deine Schuld“, wehrte er ab.
„Das sagst du“, murmelte sie hilflos. Gleich darauf hörte sie ihn aus seinem Stuhl aufstehen und zu sich herüberkommen, fühlte die Wärme seines Körpers, als er direkt hinter ihr stand, sah auf seine Arme hinunter, die sich um ihre Taille legten, konnte sich jedoch nicht überwinden, sich umzudrehen und in sein Gesicht aufzublicken, weil sie genau wusste, dass er sie dann unweigerlich küssen würde. Nicht dass ihr die Berührung seiner Lippen unangenehm gewesen wäre. Nein, das nicht. Aber jetzt, in diesem Augenblick, konnte sie einfach nicht nach seinen Wünschen reagieren.
„Hast du denn schon eine neue Stelle?“, fragte er leise.
Celiska schüttelte den Kopf.
„Und wenn ich dir einen anderen Job anböte?“, fragte er weiter.
„Das kannst du nicht“, erwiderte sie heiser. „Ich wäre immer noch in diesem Gebäude. Und genau das ist es, was ich nicht mehr will.“
Ungeachtet ihrer abwehrenden Haltung drehte Nils
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