Hexenjagd
Leben mehr darin.
Vincent stand in der Tat wie vom Donner gerührt und konnte nicht fassen, was er sah. Erst als Celiska bedenklich zu schwanken begann, tat er einige große Sätze und fing die Besinnungslose gerade noch rechtzeitig auf, um sie vor dem Aufschlag auf dem harten Marmorboden zu bewahren.
„Warum ist er hier?“ Sobald sie die Augen aufschlug, gab es für Celiska nur diese eine Frage. Weder interessierte sie, wer oder warum man sie auf das Bett eines luxuriös eingerichteten Schlafzimmers gelegt hatte, noch machte sie sich Sorgen über ihren neuerlichen Ohnmachtsanfall.
„Wer?“ Obwohl sie bereits einiges getrunken hatte, merkte Christine kaum etwas von der Wirkung des Alkohols. Entsprechend klar waren ihre Gedankengänge, auch wenn sie just in diesem Moment nicht gleich begreifen konnte, worum es der jungen Frau tatsächlich ging. Zudem war sie immer noch mit der Frage beschäftigt, warum der äußerst sorgfältig geplante Abend einen so unerfreulichen Verlauf genommen hatte.
„Vic … äh, Vincent“, flüsterte Celiska.
„Sie kennen Vincent?“ Christine war immer noch nicht ganz bei der Sache. „Aber natürlich“, gab sie sich sogleich selbst zur Antwort. „Sie haben sich sicher schon vor diesem Abend kennen gelernt. Hab ich Recht? Na, ja. Ich denke mir, Nils ist sich Ihrer sehr sicher, sonst hätte er kaum zugelassen, dass Sie seinem Bruder begegnen, bevor Sie mit ihm verheiratet sind. Ich …“ Mitten im Satz brach sie ab, denn die junge Frau, die leichenblass auf dem Gästebett lag, schien womöglich noch bleicher zu werden, was ihr nun doch Angst machte. „Soll ich nicht doch lieber einen Arzt rufen?“, fragte sie besorgt.
„N … nein, danke. Wirklich. Das ist nicht nötig. Es geht schon wieder.“ Mit aller Macht darum bemüht, nicht noch einmal ohnmächtig zu werden, zwang sich Celiska, tief durchzuatmen, und schob am Ende die Beine über die Bettkante, um aufzustehen. „Ich … ich bin nicht krank oder so etwas. Es ist nur … Manchmal spielt mein Kreislauf einfach verrückt, verstehen Sie.“ Dem zweifelnden Blick ihrer Gastgeberin bewusst ausweichend, strich sie ihre Kleidung glatt und fuhr sich gleich im Anschluss mit allen zehn Fingern durch die Haare, um sicherzugehen, dass sie nicht wie eine Vogelscheuche aussah. „Es tut mir Leid“, versicherte sie dabei. „Ich wollte Ihnen ganz bestimmt keine Unannehmlichkeiten machen.“
Äußerlich so ruhig erscheinend, als sei tatsächlich nichts Besonderes geschehen, ging sie zwar ein bisschen steif, aber doch sicheren Schrittes an Christines Seite zum Salon zurück. Innerlich darauf eingestellt, Vincent aufs Neue entgegen zu treten und ihm genauso gelassen zu begegnen, wie sie es bei den letzten Begegnungen stets getan hatte, fand sie bloß Nils und seinen Vater im Raum vor und schaute entsprechend verwirrt drein.
„Na, Sie machen ja Sachen!“ Redehof Senior gab sich jovial, nicht wissend, dass er längst durchschaut worden war.
„Was …“
„Schon gut“, unterbrach Celiska ihn. „Sie müssen sich wirklich keine Sorgen um mich machen. Mir geht es gut. Aber ich möchte jetzt gehen. Nils“, wandte sie sich an ihren Verlobten, „bringst du mich heim? Oder soll ich mir ein Taxi rufen?“
Celia betrat den Salon und wurde sich augenblicklich der streitenden Männerstimmen bewusst. Also blieb sie zunächst einmal stehen, um zu lauschen.
„Du bist genauso verantwortungslos wie dein Vater!“, schimpfte Victor aufgebracht. „Ihm waren die Leute schon völlig gleichgültig. Aber du setzt noch einen drauf! Findest du es wirklich richtig, dass du deine Leute hungern lässt, nur weil sie gewagt haben, deine Handlungsweise zu kritisieren?“
„Ich wüsste nicht, was dich das angeht“, entgegnete Nicholas beherrscht. „Es sind nicht deine Leute! Also halte dich da raus.“
Die junge Frau blickte von einem zum anderen und versuchte dabei zu ergründen, wie ernst sie diese Auseinandersetzung nehmen sollte. Dass Victors Gesicht zu einer undurchdringlich finsteren Miene erstarrt war, obwohl Nicholas nach wie vor freundlich lächelte, machte die Sache nicht gerade leicht. Es war beileibe nicht ungewöhnlich, dass sich die beiden in die Haare gerieten, sobald sie aufeinander trafen. Doch heute schien es besonders arg zu sein, denn Victor machte den Eindruck, als wolle er jeden Moment auf Nicholas losgehen, um ihn zu schlagen!
Weil Celia nun in den Augenwinkeln die herrische Handbewegung ihrer künftigen Schwiegermutter
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