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Hexenkind

Hexenkind

Titel: Hexenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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schwör ich dir. Am nächsten Tag hab ich unterhalb von Volpaio die Oliven beschnitten. Rosa wollte
zum Markt nach Montevarchi. Ob sie wirklich dagewesen ist, weiß ich gar nicht. Ist ja auch egal. Nachmittags so um vier fielen mir diese verdammten Mineralwasserflaschen wieder ein. Ich hörte auf mit dem Bäumebeschneiden und fuhr nach Ambra, um Klebezettel zu kaufen. Aber im Schreibwarengeschäft hatten sie keine. Also bin ich bis nach Levanella gefahren. Da hab ich welche gekriegt, und als ich zum Auto ging, hab ich Giorgio getroffen. Der hat mich zum Kaffee eingeladen und mich gefragt, ob ich ihm wohl mal für ein paar Tage meine Trincia leihen kann. Klar, hab ich gesagt, kein Problem, er soll am Wochenende vorbeikommen und sie sich holen. Tja, und da war es fast sieben als ich nach Hause kam. Es war schon dunkel. Normalerweise brannte immer Licht im Haus. Ich hab es meist schon von Volpaio aus gesehen. Aber an diesem Abend war alles dunkel. Stockdunkel. Wo ist sie denn, dachte ich, und mir wurde ganz schlecht. Um diese Zeit war sie doch nicht mehr unterwegs? Außerdem hatte sie gar kein Auto, und im Dunkeln lief sie eigentlich nie durch den Wald. Ich hab das immer für so einen kitschigen Spruch gehalten, aber in diesem Moment wusste ich, wie das ist, wenn einem eine eiskalte Hand das Herz zusammendrückt.«
    Enzo schluckte. Er rieb sich die Augen und konnte kaum weitersprechen.
    »Sie hatte es getrunken, Sarah. Sie hatte das verdammte Zeug wahrhaftig getrunken. Wahrscheinlich hatte sie durch die Gartenarbeit Durst bekommen und hat einen großen Schluck aus einer Mineralwasserflasche genommen. Und als sie merkte, was sie da geschluckt hatte, war es schon zu spät. Sie ist elendig verreckt, Sarah. Elendig.« Enzo schossen die Tränen in die Augen. »Als ich sie fand, war sie so
steif wie eine tote Katze. Nur weil ich das Maul nicht aufgekriegt hab, weil ich Idiot das Zeug in diese Flaschen abgefüllt hab. Weißt du, wie das ist, wenn man danach weiterleben muss?«
    Enzo schluchzte. Sarah ging zu ihm und nahm ihn in den Arm.
    Sie hielt ihn lange fest, bis er sich beruhigt hatte. Dann verließ sie die Werkstatt.
    Teresa wartete schon auf sie. »Na? Weißt du jetzt, was damals geschehen ist? Hoffentlich hat er dir auch die Wahrheit erzählt. Er ist ja ein lieber Mann, aber er tut nie das, was wichtig ist. Er sagt, ›si si, va bene, faccio subito‹, aber nichts passiert. Und die andern müssen es dann ausbaden. So wie Rosa und Edi.«
    Sarah blieb stehen. Und obwohl sie innerlich sehr aufgewühlt war, strahlte sie eine unglaubliche Ruhe aus. »Du hast eine gottverdammte Schandschnauze, Teresa«, fauchte sie, »und ich möchte jetzt keinen Ton mehr davon hören. Bete den Rosenkranz, aber verschone mich mit deinen Gehässigkeiten.«
    Damit ließ sie Teresa stehen und ging nach oben, um sich um Edi zu kümmern.

41
    Romano schlug ihr den Weg vom Parkplatz bis zum Casa della Strega frei und machte den Umzug für sie mit einem Trecker und einem Anhänger. Er transportierte ein goldenes Messingbett, das sie sich eigens für dieses Haus gekauft hatte, die passenden Matratzen, eine Kommode, eine alte Truhe, ihre Staffelei, ihre Bilder und sämtliche Malutensilien, Lampen, Wäsche, Geschirr, Bücher, Teppiche und etliche Kleinigkeiten. Gardinen nähte sie auf Rosas Nähmaschine, die auf der Kommode im Wohnzimmer gestanden hatte, dann verbannte sie sie ins Magazin. Sie stellte Kerzen auf, hängte Bilder an die Wand, spielte ihre Lieblingsmusik in einem Ghettoblaster und war restlos glücklich.
    »Ich habe ein kleines Paradies, einen Schatz«, sagte sie und umarmte Romano stürmisch. »Hier kann ich zu mir selbst finden, und wenn ich nach Hause komme, habe ich Sehnsucht nach dir und liebe dich um so mehr.«
    Zwei oder dreimal in der Woche verschwand sie in ihrem geliebten Haus. Romano konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie sie die Abende und Nächte verbrachte, und tauchte ein paar Mal unangemeldet bei ihr auf. Er fühlte sich elend dabei, kam sich vor, als kontrolliere er sie, aber sie lächelte, wenn sie ihm die Tür aufmachte, und
schien erfreut. »Komm rein«, sagte sie, »wie schön, dass du da bist. Ich hatte gerade angefangen, mich ein bisschen einsam zu fühlen.«
    Sie goss ihm ein Glas Wein ein und kraulte ihm den Nacken, während er trank. Dabei sah sie ihm lächelnd und verheißungsvoll in die Augen. Er fühlte sich merkwürdig dabei. Wie ein Pennäler, der das Gefühl hat, in einer Strömung

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