Hexenkind
morgen Früh nicht besser geht, fällt die Hochzeit aus«, verkündete Romano vollkommen deprimiert in der Küche.
»Ach was.« Teresa füllte gerade Tomaten mit einer Käse-Oliven-Paste und ließ sich überhaupt nicht aus der Ruhe bringen. »Das ist jetzt nur die Aufregung. Keine Frau lässt sich durch eine Unpässlichkeit die eigene Hochzeit durch die Lappen gehen.«
Romano starrte auf die fettigen Finger seiner Mutter, die die Paste in die Tomaten drückten, was jedes Mal ein schmatzendes Geräusch machte, als würde man einen Fuß aus dem Schlamm ziehen, und er hatte Lust, sie anzuschreien: ›Wasch dir die Hände, es ist eklig, was du machst, der Käse klebt unter deinen Fingernägeln, mir wird übel, wenn ich dir zusehe. Keine dieser Tomaten werde ich morgen anrühren, falls es überhaupt ein Morgen gibt.‹<
In diesem Moment leckte Teresa ihre Finger ab und strahlte. »Schmeckt hervorragend. Möchtest du mal kosten?
« Sie hielt ihm die nur noch halbvolle Schüssel mit der Paste hin.
Romano wandte sich angewidert ab und verließ ohne Antwort die Küche, um nach Florenz zu fahren und Sarahs Eltern vom Flugplatz abzuholen.
»Na, das ist ja eine schöne Überraschung«, meinte Regine pikiert, als sie von Sarahs heftigem Migräneanfall erfuhr. »Da kommen wir nach so vielen Jahren zum ersten Mal nach Italien, und dann so etwas. Hat sie das öfter?«
»Nein. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie überhaupt schon jemals krank war.« Romano hatte das ungute Gefühl, sich irgendwie entschuldigen oder verteidigen zu müssen.
Herbert schwieg und stapelte das Gepäck auf einen Kofferkarren. Er sah sehr blass aus, und der kalte Schweiß stand ihm auf der Stirn.
»Und was ist, wenn es ihr morgen nicht besser geht?«, fragte Regine in vorwurfsvollem Ton.
»Dann fällt die Hochzeit aus.« So sehr ihm die Angst auch im Nacken saß – in diesem Moment genoss er den Satz direkt, denn er sah, wie Regine zusammenzuckte.
»Ich habe dir immer gesagt, diese ganze Reise ist ein Blödsinn.« Herbert musste sich am Karren festhalten, so schwindlig wurde ihm auf einmal.
»Wer konnte denn ahnen, dass die Hochzeit ins Wasser fällt?« Regine erregte sich immer mehr.
»Noch ist es nicht so weit«, beruhigte Romano.
»Aber die Wahrscheinlichkeit steigt. Richtige Migräneanfälle dauern normalerweise drei Tage. Wenn es ein richtiger Migräneanfall ist.«
»Was soll es denn sonst sein? Die Dottoressa war da und hat Sarah untersucht. Es ist ein Migräneanfall.«
»Viele Frauen werden vor ihrer eigenen Hochzeit hysterisch«, murmelte Herbert. »Und das wäre in diesem Fall ja gar nicht so schlecht.«
Romano nahm den überladenen Kofferkarren und schob ihn langsam zum Ausgang. Regine und Herbert trotteten hinterher.
Das Auto stand direkt vor dem Flughafen auf dem riesigen Parkplatz. Romano verstaute das Gepäck, ließ Herbert und Regine einsteigen und ging zum Kassenhäuschen, um die Parkgebühr zu bezahlen.
»Findest du das Ganze nicht ein bisschen merkwürdig?«, flüsterte Regine.
»Was ist daran merkwürdig, Kopfschmerzen zu bekommen«, erwiderte Herbert mittlerweile genervt. »Du musst nicht überall etwas hineingeheimnissen, und du darfst auch nicht überall Gespenster sehen. Jetzt sind wir hier, und wir werden das Beste daraus machen.«
»Wenn du meinst.« Missmutig fuhr sie mit der Hand über das Armaturenbrett und registrierte den Staub an ihren Fingern.
»Hier könnte auch mal wieder jemand sauber machen«, sagte sie gerade in dem Moment, als Romano vom Bezahlen zurückkam.
»Ja, es tut mir leid«, meinte Romano. »Aber es war so viel zu tun mit den Hochzeitsvorbereitungen, da bin ich nicht dazu gekommen.«
»Macht ihr denn alles allein?«
Romano fuhr los. »Ein paar Freundinnen meiner Mutter helfen, ansonsten machen wir alles allein.«
»Auch das ganze Essen?«
»Ja, natürlich. Das ist Ehrensache für meine Mutter.«
»Wie viele Leute kommen denn?«
»Ungefähr fünfzig.«
Teresa schwieg und sah aus dem Fenster. »Ich hab mir Florenz irgendwie schöner vorgestellt. Nicht so viel Industrie, nicht so moderne Häuser …«
»Ich glaube, keine Stadt ist in der Nähe des Flugplatzes so wahnsinnig schön. Aber die Innenstadt von Florenz ist einzigartig.« Er war schon wieder dabei, sich und seine Stadt zu verteidigen.
»Aha.«
In den nächsten zehn Minuten sagte niemand etwas. Herbert schlief auf dem Rücksitz.
»Na hoffentlich bin nicht wieder ich schuld, wenn die Hochzeit ausfällt«, bemerkte
Weitere Kostenlose Bücher