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Hexenkind

Hexenkind

Titel: Hexenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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Regine plötzlich und ohne jede Vorwarnung. Herbert schlug überrascht die Augen auf, und auch Romano sah sie völlig entgeistert an.
    »Wieso? Das verstehe ich nicht?«
    »Na, ich bin doch immer schuld, wenn bei euch irgendetwas passiert. An Edis Unfall war ich ja auch schuld, nur weil ich angerufen habe. Es ist ja so einfach, der Mutter immer alles in die Schuhe zu schieben.«
    »Aber du kannst doch nichts dafür, wenn Sarah Kopfschmerzen hat!«
    »Vielleicht will sie uns nicht hier haben. Vielleicht hat sie sich über unser Kommen so aufgeregt, dass sie Migräne bekommen hat. Und schon bin ich wieder schuld.«
    »Regine, jetzt mach aber mal’nen Punkt und hör auf, so einen Unsinn zu erzählen. Schließlich hat sie uns eingeladen!« Herbert wurde langsam wütend.

    »Du weißt ja nicht, was sie mir am Telefon alles an den Kopf wirft. Du hast ja nie mit ihr telefoniert!«
    »Alle freuen sich, dass ihr kommt. Alle! Und Sarah besonders.«
    »Na hoffentlich.«
    Von diesem Moment an wurde im Auto nicht mehr gesprochen. Nur als Romano bei der Ausfahrt Valdarno von der Autobahn abfuhr, sagte er: »Jetzt sind wir gleich da.«
    Das war alles.
     
    »Benvenuti!«, plärrte Teresa, als Regine und Herbert vor dem Haus ausstiegen. Dann ging sie mit weit ausgebreiteten Armen auf Regine zu und umarmte sie. »La Mama di Sarah, una donna bellissima!«
    So viel Italienisch verstand Regine auch, um sich geschmeichelt zu fühlen, und sie bekam augenblicklich bessere Laune.
    »Wie geht es Sarah?«, fragte Romano.
    »Ich weiß es nicht. Sie schläft ganz fest.«
    Romano übersetzte, was seine Mutter gesagt hatte, und führte Sarahs Eltern ins Haus. Elsa und Edi sagten Oma und Opa, die im Grunde Fremde für sie waren, brav guten Tag und nahmen artig ihre Geschenke entgegen. Ein Konservationslexikon für Elsa, einen Schlafanzug und ein kuscheliges Känguru für Edi.
    »Oh, ein Kaninchen mit langem Schwanz!«, sagte Edi.
    »Nein, das ist ein Känguru«, korrigierte Regine.
    »Ein Kaninchen-Känguru«, lachte Edi und schob es sich unter den Pullover.
    Bei dem eher improvisierten Abendessen saß Edi Herbert
genau gegenüber und schmatzte laut, was aber jeder zu überhören schien. Als ihm seine Gabel dreimal aus der Hand und unter den Tisch rutschte, pikte er sie wütend in den Käse und aß von nun an mit den Fingern, was zur Folge hatte, dass er nun noch größere Mengen in seinen Mund schaufelte.
    Romano erzählte unterdessen von seiner Trattoria und versuchte, Edis Schweinereien zu übersehen.
    Nur Herbert starrte Edi fasziniert und angewidert zugleich an und konnte gar nicht glauben, was sein Enkel da veranstaltete. Wenn Edi seinem Blick begegnete, grinste er breit, sodass ihm der Sabber aus den Mundwinkeln lief und Essensreste auf die Tischdecke fielen.
    Als Herbert nach dem Salzstreuer greifen wollte, schoss Edis fettige Pranke vor und packte ihn am Handgelenk. Herbert zuckte erschrocken zusammen und wollte seinen Arm zurückziehen, aber er hatte keine Chance. Edis Griff war wie ein Schraubstock, und als er spürte, dass Herbert sich befreien wollte, lachte er schrill und laut.
    »Lass ihn los«, meinte Romano wenig engagiert, als gäbe es derartige Situationen hundertmal am Tag, aber Edi reagierte nicht. Er lachte immer noch, und Herbert hatte das Gefühl, seine Knochen würden erst zerdrückt und dann zerbröselt.
    »Nicht mehr fassen – Opa lassen«, zischte Elsa, und Edi ließ sofort los.
    Herbert massierte sein schmerzendes Handgelenk. Edi war zwölf, aber er hatte die Kraft eines Bären. Das hatte er nicht vermutet.
    Schließlich wurde Edi das Essen zu langweilig, und er schlug mit seinem Messer rhythmisch auf den Tisch. Dazu
sang er unentwegt »Omama und Opapa – trallalla und hoppsassa«.
    »Ist das alles fürchterlich«, sagte Regine leise zu Herbert, aber Romano verstand es trotzdem.
    »Schluss jetzt, Edi«, explodierte er. »Entweder du bist augenblicklich still, oder du gehst raus in deinen Verschlag.«
    Heulend stürzte Edi aus dem Zimmer.
    Elsa sagte nichts dazu. Sie saß still am Tisch und starrte auf die Dauerwelle ihrer Oma und die weißen Haare ihres Opas. Dann stand sie auf.
    »Ich geh mal zu ihm. Der arme Kerl. Er versteht doch überhaupt nicht, was los ist. Wollte einfach nur fröhlich sein.«
    Elsa verließ das Zimmer und machte damit allen ein schlechtes Gewissen.
    »Also das wollte ich nun auch wieder nicht, Romano!«, empörte sich Regine.
    »Edi ist ein lieber Kerl, aber er ist nun mal anders als gesunde

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