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Hexennacht

Hexennacht

Titel: Hexennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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Schlüssel
mehr; der Gasthof schien ausgebucht zu sein. Links neben der Theke
entdeckte Arved nun zwei Türen. Er hätte schwören
können, dass er am vergangenen Abend den Wirt durch die einzige
Tür in dieser Wand hatte gehen sehen. Aber er war so aufgeregt
gewesen, dass er zu seinen eigenen Wahrnehmungen kein großes
Vertrauen hatte.
    Die Tür, durch die der Wirt verschwunden war, war
geschlossen, aber die andere, näher am Eingang befindliche stand
offen. Dahinter befand sich der Speisesaal.
    Es war wirklich ein Saal. Arved schätzte die Anzahl der
Tische auf mindestens dreißig. Der gewaltige Raum wurde von
einer Kuppeldecke getragen, die ihn an das Innere einer Barockkirche
erinnerte. Hier befanden sich in der Kuppel natürlich keine
religiösen Gemälde. Allerdings war sie tatsächlich
geschmückt. Arved hatte jedoch keine Augen für sie, sondern
nur für das großartige Büffet, das zwischen zwei
Fenstern aufgebaut war. Es gab Brötchen, Brot, Wurst, Schinken,
Eier, Käse, Marmelade, Honig, Kaffee in Thermoskannen, Milch,
Tee, Butter, kleine Würstchen auf Stövchen sowie
Orangensaft. Das muss reichen, dachte Arved, der erst jetzt bemerkte,
wie hungrig er war. Er füllte sich einen Teller mit den lecker
duftenden Sachen und begab sich an einen Zweiertisch vor einem der
beiden großen Fenster. Er butterte ein Brötchen und
belegte es dick mit Fleischwurst und Schnittkäse. Während
er hineinbiss, schaute er aus dem Fenster.
    Es war derselbe Anblick wie vorhin. Nebel floss draußen
vorbei; nicht einmal die Straße war zu sehen. Er bemerkte
beiläufig, dass das Brötchen ein wenig fad war. Auch der
Aufschnitt hatte besser gerochen, als er schmeckte. Aber das tat
Arveds Hunger keinen Abbruch. Er lenkte den Blick auf die
Kuppeldecke.
    In der Tat war sie mit sehr stark verblassten Fresken bemalt.
Arved konnte keine der Darstellungen deutlich erkennen. Die Fresken
wirkten sehr alt – viel älter als das Gebäude. Er
zuckte die Achseln und aß weiter.
    Als er satt war, nahm er eine frische Tasse für Wasser,
wickelte zwei der Würstchen sowie mehrere Scheiben Schinken in
eine Serviette mit der Aufschrift Gasthof Hellenthal. Wer zu uns
kommt, bleibt und trug alles zu seinem Zimmer.
    Die Katzen hatten brav und ruhig gewartet. Arved legte ihnen die
Serviette auf den Boden. Die beiden Tiere beschnüffelten den
Inhalt und schauten ihn dann mit großen Augen an. Sie nahmen
keinen Bissen. Arved schüttelte den Kopf und warf das Essen in
die Toilette. Er füllte die große Tasse mit Wasser und
stellte sich unter dem Waschbecken auf den Boden. Sofort
stürzten sich die Katzen darauf und tranken gierig.
    »Ihr beiden bleibt erst einmal hier«, sagte er zu Lilith
und Salomé, die ihn nicht mehr beachteten. »Ich hole den
Wagen, und dann fahren wir nach Hause. Ich weiß zwar nicht, was
in der letzten Nacht passiert ist, aber ich habe auch nicht mehr den
Wunsch, es zu erfahren. Das alles kann nur ein schlechter Traum oder
eine Halluzination gewesen sein.« Er betrachtete nachdenklich
die beiden Tiere, die sich nun gegenseitig putzten. »Es kann
nicht sein, dass ich diesen Albtraum in der Kirche wirklich erlebt
habe. Und daher will ich erst gar nicht nachsehen gehen. Die Kirche
ist bestimmt abgeschlossen. Das Ganze war ein Irrweg. Wie dumm von
mir…« Ich laufe vor der Wahrheit und vor mir selbst weg,
hätte er noch hinzufügen sollen. Doch dazu war er nicht
stark genug. »Was eine Nacht voll gutem Schlaf doch
ausmacht!«
    Er zog sich die Windjacke über, tastete nach dem
Autoschlüssel und stellte beruhigt fest, dass er in der rechten
Außentasche steckte. Dann verließ er sein Zimmer und
schloss hinter sich ab. Er ging den Korridor entlang zur Rezeption.
Ihm war, als sei der Gang noch länger geworden. Als er an der
Tür zum Speisesaal vorbeikam, warf er einen Blick hinein.
    Und stellte fest, dass ein anderer Gast hier gegessen haben
musste, als er selbst versucht hatte, in seinem Zimmer die Katzen zu
füttern. Er schlich sich an den Tisch heran, auf dem noch die
Reste standen. Die Person hatte ein Ei genommen; ein angebissenes
Brötchen mit Marmelade lag noch auf dem Teller, und weder Kaffee
noch Orangensaft waren ausgetrunken. Arved hielt den Kopf schief und
lauschte. Nichts war aus den Tiefen des großen Hauses zu
hören. Er verließ den Kuppelsaal wieder und zog die
Eingangstür auf.
    Der Nebel verschlang alles. Arved zog den Kragen der Windjacke
enger und machte einen Schritt hinaus in das Grau. Es war empfindlich
kalt

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