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Hexenseelen - Roman

Hexenseelen - Roman

Titel: Hexenseelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Krouk
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barocken Einrichtung in schwarzen und royalroten Tönen.
    Geräuschlos tauchte er hinter Alba auf, die auf einem Sessel zu kauern schien. Diesmal stolperte er noch nicht einmal über die Teppichkante, die ihm stets zum Verhängnis geworden war, als er noch sehen konnte.
    Erst als Conrad Albas Schulter berührte, fuhr sie erschrocken zusammen und huschte vom Sessel wie ein aufgescheuchter Vogel. Sogar ihre Aura schien zu flattern.
    »Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten«, fing er ohne Umschweife an.
    Sie wich noch einige Schritte zurück, das Rauschen ihrer Gedanken schwankte zwischen Argwohn und Angst, doch tiefer drang er nicht in ihren Geist ein.
    »W-welchen?« Früher konnte sie kaum einen klaren
Laut herausbringen, inzwischen stotterte sie nur, wenn sie zu aufgewühlt war. Es tat ihm aufrichtig leid, Alba so zu bedrängen, dass sie seinetwegen in ihre frühere Manier verfiel.
    »Sie müssen eine Mächtige für mich rufen. Evelyn.«
    Sie schluckte hörbar. Ihr Atem beschleunigte sich, doch sie verlor keinen Ton. Die Sekunden verstrichen. Sekunden, die seinen Leuten fehlten und die Hoffnung auf Rettung schmälerten. Er könnte es beschleunigen. Ihren Geist brechen, sie zwingen, ihm zu helfen. Doch er vertrieb den Gedanken und wartete. Wenn sie es tat, dann würde sie es aus freien Stücken tun.
    »Alba?«
    Stille. Dann erklang ein vorsichtiges, stotterndes: »W-warum machen Sie es nicht selbst?«, das ihn an die ahnungslose Alba erinnerte, die einst gerade die ersten Gehversuche in seiner gefährlichen Welt machte.
    »Weil ich ein Nachzehrer, ein Verfluchter bin. Meine Seele gehört bereits einer Mächtigen, und zwar Oya. Evelyn wird mich nicht erhören können.«
    Wieder schwieg sie. Am liebsten hätte er sie an den Schultern gepackt und geschüttelt. Begriff sie etwa nicht, was auf dem Spiel stand? Doch er mahnte sich zur Ruhe.
    »Ich weiß, ich habe kein Recht, das von Ihnen zu verlangen. Was passiert ist, ist allein meine Schuld. Ich hätte besser auf Ylva aufpassen, sie beschützen müssen. Ich hätte meinen Leuten niemals erlauben dürfen, für mich den Kopf hinzuhalten und sich in einen aussichtslosen Kampf zu stürzen. Nun gibt es keinen anderen Weg, um
Ylva … Adrián … und uns alle zu retten. Sie brauchen Hilfe.«
    »Okay.« Ihre Stimme wurde fester. »Ich versuch’s.«
    Sie räusperte sich. Murmelte etwas. Dann ließ sie sich auf dem Boden nieder.
    Conrad hörte, wie sie tief durchatmete und schließlich eine Art Sprechgesang begann. Er verstand nicht, was sie sagte, aber es klang schön, beinahe betörend. Nachzehrer schliefen nie, doch Albas Stimme verleitete ihn zum Träumen, weckte die Sehnsucht nach Geborgenheit und Stille, schürte den Schmerz des Verlustes. Mit dem Daumen fuhr er sich über die Stelle, an der ihm der Finger fehlte, und für eine trügerische Sekunde kam es ihm vor, als wäre es Ylva, die ihn streichelte. Er vermisste sie so sehr, dass er glaubte, in der Dunkelheit, die sich um ihn herum schloss, zu ersticken.
    Zu seinen Füßen hörte er ein leises Quieken. Nibbles. Er beugte sich vor und bot dem Nager seine Hand an. Die Ratte krabbelte auf seine Schulter hoch. Zum ersten Mal hatte er keinen Apfel parat. Sogar den kleinen Rabauken musste er enttäuschen.
    »Das wird nicht funktionieren«, ertönte es zischelnd von der Tür. Jeder Muskel spannte sich in ihm an, als er Linnea erkannte. Was tat sie hier? Hatte sie nicht genug kaputtgemacht? Er widerstand nur schwer der Versuchung, sie zu packen und an die Wand zu knallen. Vielleicht hätte er sie damals im Trainingssaal hängen lassen sollen. Dann wäre vieles nicht passiert, dann wäre Ylva vielleicht noch bei ihm.

    »Verschwinde«, presste er zwischen den Zähnen hervor, als Alba sich einmischte: »Nein, nein. Ich glaube, sie hat Recht. Irgendetwas mache ich falsch. Es fühlt sich … anders an, zwecklos.«
    »Versuch es weiter!« Er konnte nicht glauben, dass die junge Frau aufgeben wollte. Das durfte er nicht zulassen!
    »Es wird nicht funktionieren«, lispelte Linnea und schlurfte heran. »Einst hatte ich Micaela auf Hermann Herzhoff angesetzt. Sie hat ihn oft bei seinen Versuchen beobachtet, eine Hexe zu rufen. Aber eine Hexe kommt nie zweimal auf die gleiche Weise. Es muss immer mehr geopfert werden, damit sie erscheint.«
    »Geopfert werden?«, stutzte Alba. »Was denn?«
    »Ein Leben. Dann kommt sie bestimmt.«
    Conrad bekam das Gefühl, als würde ihm der Boden unter den Füßen weggezogen. »Nein. Es gibt

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