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Hexenseelen - Roman

Hexenseelen - Roman

Titel: Hexenseelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Krouk
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aber nicht auf das.«
    Conrad fragte nicht, wo Ylva war. Er begann, sie zu fühlen. Seine Gier, sich an ihrer Lebensenergie zu laben, drängte ihn zu ihr, und er lechzte nach mehr. Zuerst spürte er Erleichterung, die junge Frau noch am Leben zu wissen, dann Sorge, ob er seinen Trieb würde bezwingen können und ihr nichts antun würde. Doch er durfte mit Zweifeln keine Zeit vergeuden, Ylva brauchte seine Hilfe.
    Schon kletterte Conrad aus dem Fenster. Mit gezielten Griffen bewegte er sich nach oben, bis er auf das Dach gelangte. In der Dunkelheit konnte er nur schlecht sehen, doch die Gestalt, die am Rand saß und in den Abgrund stierte, bemerkte er sofort. Die Aura, die schwärzer als die Nacht selbst war, pulsierte um Ylvas Körper. Roland hatte Recht, sie war nicht sie selbst. Es war das Ding. Dem er nicht erlauben durfte, Ylvas Geist auszulöschen.
    Auf leisen Sohlen schlich er zu der Kreatur. Doch sie hatte ihn bemerkt. Langsam, als fiele es ihr schwer, den Körper unter Kontrolle zu halten, wandte sie sich ihm zu. Dabei rutschten die nackten Füße näher zur Kante, die Fersen ragten ein Stück über den Rand. Wenn dieses Wesen fiel, würde Ylva sterben.
    »H-halt«, kam es gurgelnd aus dem halb geöffneten Mund und ließ Conrad zusammenzucken. Dass das Ding auch noch redete, traf ihn unvorbereitet. Die Kreatur schlug die Arme um den zierlichen Körper, wiegte
sich hin und her und summte ihr »Halt! Halt!« wie eine Beschwörung. Der Wind spielte mit Ylvas perlblondem Haar, dem einzig Hellen, was in der Finsternis leuchtete. Abgesehen von den nach oben gerollten Augäpfeln.
    Conrad wagte es nicht, sich zu rühren, um das Monster nicht zu verschrecken. »Verstehe, Sie wollen den Körper, nicht wahr?«
    Er musste dieses Ding in seine Schranken verweisen. Einmal war es ihm bereits gelungen. Damals hatte er Ylva seine Energie eingeflößt. Aber zu der Zeit war das Ding auch noch nicht so präsent und so stark wie heute. Ob es ihm wieder gelingen würde?
    Ein brodelndes Zischeln entwand sich der Kehle: »Du verstehssssssst nichtssss.« Mit diesen Worten kippte der Körper nach hinten.
    »Nein!« Sein Schrei war noch nicht verhallt, als er die Entfernung mit einem Sprung überwunden hatte und Ylva auffing.
    Die Kreatur kreischte auf, schlug um sich und zerrte ihn mit sich in Richtung Dachkante, denn er ließ Ylva nicht los. Mit ungeheurer Kraft rammte der Dämon ihm einen Ellbogen in die Rippen. Er vernahm ein Knacken, als einer seiner Knochen brach. Ungeachtet der Schmerzen, zerrte er das tobende Monster zurück und drückte es nieder. Doch so leicht wollte das Biest nicht aufgeben. Es besaß ungeahnte Kräfte, mit denen es ihn von sich schleuderte, um sich wieder zur Dachkante zu bewegen. Erneut fing er den Dämon ab und hinderte ihn daran, hinunterzustürzen. Da begriff die Kreatur, dass sie nur
dann das Geplante durchführen konnte, wenn Conrad ihr nicht mehr im Wege stand. Von diesem Augenblick an galt ihre ganze Aufmerksamkeit ihm, und wenn er in die verzerrten Gesichtszüge blickte, sah er die Entschlossenheit darin, ihn zu vernichten.
    Obwohl ihre Bewegungen träge und ruckartig wirkten, erwies sie sich als ein Gegner, dem er unterliegen könnte, sollte der Kampf eine Weile andauern. Der Dämon dachte anscheinend dasselbe, denn er setzte alles in die nächste Attacke. So rangen sie auf dem Dach, ohne eine Entscheidung herbeizuführen, bis es Conrad gelang, das Monster in den Schwitzkasten zu nehmen. Ohne zu zögern presste er seine Lippen auf den starren Mund. Die Energie strömte aus ihm, drang in Ylva ein und verdrängte allmählich das Dunkle.
    Hoffentlich war es bald vorbei, denn sonst wäre er es, der sich, entkräftet und ausgelaugt, in ein Monster verwandeln würde. Er musste immer mehr geben und all seine Kraft einsetzen, um die Bestie im Griff zu behalten.
    Erst als sie aufgehört hatte, sich zu wehren, ließ er von ihr ab und rollte sich zur Seite. Seine Atmung ging stockend, und allein das tat höllisch weh. Als wäre er gerade gerädert, gevierteilt und wieder zusammengefügt worden. Aber er jammerte nicht. In ein paar Stunden würden seine demolierten Knochen vermutlich zusammenwachsen, auch wenn es ohne Alfred keinen gab, der sie ihm fachmännisch richten konnte. Es blieb ihm nur zu hoffen, dass die Brüche sauber waren. Ob es Ylva gutging?

    Conrad streckte seine Hand aus und ertastete ihren Arm, spürte ihre Haut unter der seinen. Vorsichtig fuhr er mit den Fingern darüber. Die Berührung

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