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Hexenseelen - Roman

Hexenseelen - Roman

Titel: Hexenseelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Krouk
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fauchte und biss ihm in den Zeigefinger. Und es kam Ylva vor, als wäre sie es, die ihre scharfen Schneidezähne in sein Fleisch gegraben hatte, etwas von seinem Blut schluckte und dadurch den Hauch des Todes in ihre eigenen Adern strömen ließ.
    » Ouch! « Conrad zuckte zurück und schüttelte die Hand.
    »Siehst du?«, flötete Linnea, holte ein Taschentuch hervor und wickelte es ihm um die Wunde. »Sag bloß, ich hätte dich nicht gewarnt. Manche von uns werden eben nie handzahm, sie verlieren alles Menschliche und werden eins mit ihrem Seelentier. Die arme Ylva muss dieses Schicksal teilen. Glaub nicht, du könntest ihr helfen. Es ist unmöglich, einen Menschen aus ihr zu machen. Genauso, wie es dir unmöglich ist, deinen Fluch loszuwerden. Denk drüber nach.«
    Ylva krümmte sich hinter den Blumentöpfen auf dem Boden zusammen. Sie wünschte sich, Conrad würde
widersprechen, sie verteidigen. Aber das tat er nicht. Sein Schweigen ließ etwas in ihr zerbrechen, fast hätte sie gefiept.
    Wie das Tier, das sie nun einmal war.
    Sie vernahm Linneas Schritte und hielt inne. Direkt vor ihrem Versteck blieb die Königin stehen.
    »Ich weiß, dass du hier bist«, zischelte sie so leise, dass nur Ylva es hören konnte. »Ich wusste es schon die ganze Zeit. Sei gewarnt. Conrad gehört zu mir. Das hat er schon immer getan, und irgendwann wird er es auch einsehen. Versuch erst gar nicht, ihn mir streitig zu machen.«
    Schon defilierte Linnea weiter, ließ Ylva auf dem kalten Boden zurück. Ylva hätte geweint, so elend fühlte sie sich, aber die Tränen kamen nicht. Kein Wunder.
    Tiere weinten nicht, sie litten anders.
    Aber sie litten.

Kapitel 14
    Y lva presste sich auf den Boden. Sie hörte, wie Linneas Schritte sich entfernten, auch dann noch, als die Königin den Laden schon längst verlassen hatte. Sie hörte auch, wie ihr eigenes Herz trommelte. Aber vor allem hörte sie ihre eigenen Gedanken: Wer bist du? Ein Tier? Ein Dämon? Eine Geistesgestörte? Glaubst du wirklich, du kannst deine Triebe zähmen, um nicht in die Hand zu beißen, die dich streicheln will? Und von der du gestreichelt werden möchtest?
    Einige Zeit später trat Conrad hinter der Bambuswand hervor. Er ging an Ylva vorbei, ohne sie zu bemerken. Und es war ihr recht, denn auf keinen Fall wollte sie so aufgelöst, wie sie war, gesehen werden. Schon gar nicht von ihm. Aus ihrem Versteck beobachtete sie, wie er in seinem Laden aufräumte und sich um die Blumen kümmerte, als wären es Lebewesen. Er redete mit ihnen, was bei jedem anderen lächerlich ausgesehen hätte. Er dagegen erweckte in ihr das Gefühl, als antworteten sie, wenn man aufmerksam genug zuhörte. So lauschte Ylva weiter, sog seine melodische, beruhigende Stimme in sich auf und begann, sich wohler zu fühlen. Ein bisschen willkommener in dieser Welt.

    Die Ratte folgte ihm auf Schritt und Tritt. Als er am Tresen etwas in einen Ordner einsortierte, krabbelte das Tier hoch, hockte sich vor ihn und musterte ihn erwartungsvoll. Conrad tat so, als würde er den Nager ignorieren, doch Ylva entging nicht, wie er der Fellnase ab und zu einen beinahe belustigten Blick zuwarf. Bis er sich geschlagen gab und den Ordner in einem der Regale verstaute.
    »Du bist mir eine. Zuerst beißen, dann betteln?« Er steckte seine Hand in die Hosentasche und fischte ein weiteres Stück Apfel heraus. Die Leckerei legte er einfach auf den Tresen, ohne von der Ratte Kunststücke oder mehr Zutrauen zu verlangen.
    Diese Selbstverständlichkeit, mit der er das Tier fütterte, ließ Ylva aufleben.
    Sie war hergekommen, um mit ihm zu reden. Um herauszufinden, ob sie akzeptieren konnte, was er war. Doch nun bedurfte es keiner Worte mehr. Keiner Blicke und keiner Gesten. Denn von einem Atemzug zum anderen begann sie zu verstehen …
    Er war ein Monster und würde es immer sein - seine Natur abzustreiten hieße, ihn selbst zu verleugnen. Sie müsste schwindeln, wollte sie behaupten, es mache ihr nichts aus. Aber er war auch still, bodenständig, willensstark, und er gab ihr von all dem ein Stück ab, wenn auch unbewusst. Sie brauchte ihm nur zuzusehen, um Kraft zu schöpfen, um ein weiteres Mal aufzustehen, einen weiteren Tag zu leben. Er gab, ohne etwas dafür zu fordern …

    Im Terrarium zischte die Schlange und stieß mit dem Kopf gegen das Glas. Ylva schreckte auf. Das Tier musterte sie mit einem solchen Hass, dass sie glaubte, darin Linneas Seele zu erkennen.
    Dann hörte sie, wie Conrad den Laden verließ. Einige

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