Hexenstunde
anderen nicht heiraten.«
»Aber Deborah, warum verlangst du das von mir?« fragte ich.
Sie lachte voller Bitterkeit und Trauer. »Ich bin einsam, Petyr, und sehne mich nach deinem Verständnis. Ich sehne mich nach einem, vor dem ich nichts verbergen muß. Wir sind Hexen, Petyr, ob wir nun Gott oder dem Teufel gehören – wir sind Hexen, du und ich. Du weißt, daß du mich begehrst, Petyr, wie du es immer getan hast. Warum gibst du deinem Verlangen nicht nach? Komm mit mir; wir verlassen Amsterdam, wenn die Talamasca dich nicht frei sein läßt. Wir gehen zusammen fort, und es gibt nichts, was ich dir nicht verschaffen kann – nur bleibe bei mir und laß mich bei dir sein, damit ich keine Angst mehr haben muß. Mit dir kann ich darüber sprechen, wer ich bin und was meiner Mutter widerfahren ist, mit dir kann ich über alles sprechen, was mich beunruhigt, Petyr, und vor dir habe ich niemals Angst.«
Ihr Gesicht wurde traurig, und Tränen stiegen ihr in die Augen.
»Mein junger Bräutigam ist schön, und er ist alles, was ich mir je gewünscht habe, als ich schmutzig und barfuß vor der Hütte saß. Es ist der Edelmann, der auf dem Weg zum Schloß vorüberritt, und zu einem Schloß wird er mich jetzt bringen, wenn auch in ein anderes Land. Es ist, als sei ich in die Welt der Märchen eingegangen, die meine Mutter mir erzählte: Ich werde eine Comtesse sein, und all die Verse und Lieder werden Wirklichkeit. Meine Vergangenheit erscheint mir jetzt wie ein Phantom.« Sie weinte leise, und ihre Augen waren groß vor Staunen. »Habe ich je an einem solchen Ort gewohnt, Petyr? Habe ich wirklich mit angesehen, wie meine Mutter starb?«
»Zerre das alles nicht wieder ins Licht, Deborah«, sagte ich. »Laß die alten Bilder verblassen.«
»Aber Petyr, du weißt doch noch, wie du das erstemal mit mir sprachst und mir sagtest, nicht meine Mutter sei böse, sondern die Leute hätten ihr Böses angetan. Warum hast du das geglaubt?«
»Sag du mir, ob sie eine Hexe war, Deborah, und was eine Hexe ist, bei Gott!«
»Oh, Petyr, ich erinnere mich doch, wie ich mit ihr ins Feld hinausging, unter dem mondlosen Himmel, dahin, wo die Steine standen.«
»Und was geschah da, meine Liebe?« fragte ich flehentlich. »Kam der Teufel mit gespaltenem Huf?«
Sie schüttelte den Kopf und winkte mir, zu schweigen und still zu sein. »Petyr«, sagte sie, »es war ein Hexenrichter, der sie die Schwarze Magie lehrte! Sie hat mir das Buch gezeigt. Er war durch unser Dorf gekommen, als ich noch ganz klein war, und hatte unsere Hütte aufgesucht, um sich einen Schnitt an seiner Hand verbinden zu lassen. Dann saß er mit meiner Mutter am Feuer und erzählte ihr, wo er überall gewesen war, und von den Hexen, die er schon verbrannt hatte. ›Sieh dich vor, mein Kind‹, sagte er zu ihr – das erzählte sie mir wenigstens später -, und dann nahm er das böse Buch aus seiner ledernen Tasche. Dämonologie hieß es, und er las es ihr vor, denn sie konnte kein Latein lesen, ebenso wenig wie irgendeine andere Sprache; und die Bilder hielt er ins Licht des Feuers, damit sie besser sehen könnte. Und als er dann in der Nacht bei ihr lag, erzählte er von den Folterkammern und von den Scheiterhaufen und von den Schreien der Verurteilten. ›Sieh dich vor, mein Kind‹, sagte er noch einmal, als er ging.
Das alles hat sie mir später erzählt. Ich war ein Kind von sechs, vielleicht sieben Jahren, als ich es erfuhr. Wir saßen zusammen am Feuer in der Küche. ›Und jetzt komm‹, sagte sie dann, ›und du wirst es sehen.‹ Wir gingen hinaus aufs Feld, tasteten uns an den Steinen vorbei in die Mitte des Kreises, und dort blieben wir stocksteif stehen, um den Wind zu spüren.
Ich hörte sie summen, während sie meine Hand hielt; und dann tanzten wir miteinander im Kreis, um und um. Sie summte lauter und lauter, und dann sprach sie die lateinischen Worte, mit denen sie den Dämon herauf beschwor, und mit weit ausgebreiteten Armen rief sie ihn herbei.
Die Nacht blieb leer. Nichts rührte sich. Ich drückte mich an ihre Röcke und hielt ihre kalte Hand umklammert. Dann spürte ich, wie es über das Gras herankam, eine Brise zunächst, so schien es, und dann ein Wind, der sich um uns sammelte. Ich fühlte, wie es mein Haar berührte, meinen Nacken, ich fühlte, wie es uns wie Luft umhüllte. Und dann hörte ich es sprechen, nicht in Worten, und trotzdem hörte ich es. Und es sagte: ›Ich bin hier, Suzanne.‹
Oh, wie lachte sie vor Entzücken, wie
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