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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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nicht erlauben. Und wir bitten dich zu begreifen, daß du nach eigenem Eingeständnis selbst ein Teil des Bösen von Deborah Mayfairs Dämon geworden bist. Indem du Pater Louvier vom Dach stießest, hast du den Wünschen der Frau und ihres Geistes entsprochen.
    Daß du mit dieser unbedachten Tat gegen die Regeln der Talamasca verstoßen hast, bekümmert uns sehr, denn wir fürchten um dich, und wir sind eines Sinnes darin, daß du heimkehren mußt, um dich des Rates derer zu versichern, die hier sind, und um dein Gewissen und deine Urteilskraft wieder herzustellen.
    Petyr, man befiehlt dir unter Androhung der Exkommunikation: Komm sofort zu uns zurück.
    Der Geschichte der Deborah Mayfair haben wir ein eingehendes Studium gewidmet; dabei haben wir deine Briefe an uns ebenso berücksichtigt wie die wenigen Beobachtungen, die Roemer Franz einer Niederschrift für wert hielt. Wir pflichten dir insofern bei, als diese Frau, und was sie mit ihrem Dämon vollbracht hat, für die Talamasca von beträchtlichem Interesse ist.
    Sei auch versichert, daß wir durchaus die Absicht haben, über Charlotte Fontenay und ihr Leben in Saint Domingue zu erfahren, was wir können.
    Es liegt nicht außerhalb des Möglichen, daß wir eines zukünftigen Tages einen Nuntius nach Westindien entsenden, der mit dieser Frau sprechen und erforschen soll, was zu erforschen ist. Aber heute kommt dies nicht in Betracht.
    Die Klugheit diktiert, daß du nach deiner Rückkehr nach Amsterdam dieser Frau einen Brief schreibst und ihr die Umstände des Todes ihrer Mutter bekanntgibst, wobei du dein Verbrechen gegen Pater Louvier übergehen solltest, da es keinen guten Grund gibt, deine Schuld aller Welt zu verkünden; du solltest Charlotte Fontenay überdies aber alles berichten, was ihre Mutter gesagt hat. Daß du ihr anrätst, mit dir in eine Korrespondenz zu treten, wäre mehr als tunlich; und es ist möglich, daß du einen Einfluß auf sie ausübst, der wohltätig ist, ohne ein Risiko für dich selbst zu enthalten.
    Aber das ist alles, was du in Hinblick auf Charlotte Fontenay tun darfst, und noch einmal befehlen wir dir, sofort zurück zu kehren; bitte, komme so schnell wie möglich, zu Lande oder zu Wasser.
    Doch sei auch unserer Liebe und Hochachtung für dich sowie unserer Sorge versichert. Wir sind der Meinung, daß dich im Falle des Ungehorsams in Westindien nur Jammer erwartet – wenn nicht Schlimmeres. Wir haben die Hände auf deine Briefe gelegt. Wir sehen Dunkelheit und Unglück kommen.
    Alexander, der, wie du weißt, von uns allen das größte Talent hat, durch Berührungen zu sehen, erklärt mit unerbittlicher Festigkeit, daß wir dich nie wiedersehen werden, solltest du nach Port-au-Prince fahren. Ich sollte dir noch berichten, daß Alexander auch in den Flur am Fuße der Treppe gegangen ist und die Hände auf das von Rembrandt gemalte Porträt Deborahs gelegt hat; einer Ohnmacht nahe zog er sie zurück und ließ sich von den Dienern auf sein Zimmer bringen. Er weigerte sich, zu sprechen.
    »Was soll dein Schweigen?« fragte ich ihn. Darauf erwiderte er mir, was er gesehen habe, zeige deutlich, daß es sinnlos sei, zu sprechen. »Ich sah nur Tod und Vernichtung«, sagte er. »Keine Gestalten, keine Worte, keine Zahlen waren dabei. Was willst du da von mir?« Und er fuhr fort und sagte, wenn ich mehr wissen und verstehen wolle, solle ich nur noch einmal das Porträt betrachten, die Dunkelheit, aus der Rembrandts Subjekte stets zum Vorschein kommen; ich solle sehen, wie das Licht Deborahs Gesicht nur zum Teil beleuchte: ein partielles, fragiles Licht, für allezeit von der Finsternis verschluckt. Rembrandt van Rijn habe einen Augenblick eingefangen, nicht mehr.
    »Das läßt sich von jedem Bild sagen«, beharrte ich.
    »Nein, es ist prophetisch«, erklärte er. »Und wenn Petyr nach Westindien geht, wird er verschwinden in der Dunkelheit, aus welcher Deborah Mayfair für ein Weilchen gekommen ist.«
    Von diesem reizenden Wortwechsel magst du halten, was du willst! Ich kann dir übrigens nicht vorenthalten, daß Alexander weiterhin meinte, du werdest nach Westindien gehen; du werdest unsere Befehle und die Ankündigung der Exkommunikation mißachten, und dann werde sich die Dunkelheit herab senken.
    Als vernünftiger Mann bist du dir sicher im klaren darüber, daß es in Westindien nicht erst eines Zusammentreffens mit Dämonen oder Hexen bedarf, um dein Leben in ernste Gefahr zu bringen. Fieber, Pestilenz, rebellische Sklaven und die

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